Telefon: +49 911 1335-1335

Bundestagswahl am 27. September

Das braucht die Wirtschaft

Rahmenbedingungen für unternehmerisches Handeln deutlich verbessern – fordert der Bayerische Industrie- und Handelskammertag (BIHK).

Der Bundestagswahlkampf wird angesichts der Finanz- und Konjunkturkrise von Wirtschaftsthemen dominiert. Die Verstaatlichung der Hypo Real Estate, die finanziellen Hilfen für Opel und Quelle, der Rettungsschirm in Höhe von 500 Mrd. Euro – die Politik lehnt sich weit aus dem Fenster. Ob sie in allen Fällen richtig gehandelt hat und handelt, steht allerdings auf einem anderen Blatt. Das Klima in der Wirtschaft ist jedenfalls angespannt. Manch ein mittelständischer Unternehmer fühlt sich angesichts der Unterstützung für die Großunternehmen verraten und verkauft. Auch der BIHK sieht an etlichen Stellen Verbesserungsbedarf. Er fordert, dass die Regierungsparteien nach der Wahl endlich bereit und mutig genug sind, sinnvolle Reformen anzustoßen. Reformen, die die Wirtschaft voranbringen. Und damit ganz Bayern und ganz Deutschland.

Arbeit und Soziales: Die Politik muss gerade in Zeiten steigender Arbeitslosigkeit für einen funktionsfähigen Arbeitsmarkt sorgen. Dazu ist es notwendig, die Arbeitskosten zu senken, u.a. durch eine Abkopplung der Kranken- und Pflegeversicherung vom Arbeitseinkommen sowie durch die Abkehr vom Mindestlohn. Um dem Fachkräftemangel wirksam entgegenzutreten, ist es außerdem geboten, die Zuwanderung hoch qualifizierter, ausländischer Arbeitnehmer zu erleichtern. Des Weiteren muss die Vereinbarkeit von Familie und Beruf verbessert werden. Um dies zu erreichen, ist es nötig, die Kita-Öffnungszeiten stärker an die Arbeitszeiten der Eltern anzupassen, flächendeckend Ganztagsschulen einzuführen und Nachmittags- sowie Ferienbetreuung für Schulkinder anzubieten.

Auch der Bereich der sozialen Sicherung muss wettbewerbsfähig gestaltet werden, das gilt für die Kranken- und Pflegeversicherung ebenso wie für die Unfall- oder die Rentenversicherung. Wegen der gestiegenen Lebenserwartung der Menschen ist die schrittweise Anhebung des gesetzlichen Renteneintrittsalters auf 67 Jahre unvermeidbar.

Bildung: Aus- und Weiterbildung sind für eine leistungsfähige Volkswirtschaft unverzichtbar. Doch rund 20 Prozent der Schulabgänger verlassen die allgemein bildenden Schulen ohne die für eine Berufsausbildung notwendigen Voraussetzungen. Daher müssen die Betriebe in der Aus- und Weiterbildung ihrer Mitarbeiter unterstützt werden. Es gilt, den Ausbildungspakt engagiert fortzusetzen und mit den Themen "Berufsorientierung" und "Ausbildungsreife" neue Schwerpunkte zu setzen. Daneben setzt der BIHK auf "Dual mit Wahl" – ein Modell, das die Vorzüge der dualen Ausbildung mit flexiblen Wahlmöglichkeiten für die Unternehmen verbindet.

Infrastruktur: Gerade im Flächenstaat Bayern ist eine bedarfsgerechte Verkehrsinfrastruktur die Voraussetzung für Wirtschaftswachstum. Deshalb fordert der BIHK die vordringlichen Projekte des Bundesverkehrswegeplanes, insbesondere die fehlenden Lückenschlüsse sowie die Strecken der transeuropäischen Netze (TEN) im Freistaat umgehend umzusetzen. Ebenso sind die Staats- und Kommunalstraßen dem steigenden Verkehrsbedarf anzupassen und bedarfsgerecht auszubauen. Dafür müssen die Finanzmittel des Bundes, der Länder und der Kommunen deutlich erhöht und verstetigt werden.

Auch intelligente Konzepte zur Reduzierung der Umweltbelastung sind vonnöten. Das heißt: Ziel sollte es nicht sein – etwa durch die Anhebung von Abgaben – den Verkehr zu vermeiden, sondern die Belastung durch den Verkehr zu verringern. Dies wird erreicht durch die Förderung des Einsatzes neuer Technologien bei Fahrzeugen und in der Telematik.

Steuern und Finanzen: Trotz der Unternehmenssteuerreform 2008 ist die Steuerbelastung für Unternehmer noch immer zu hoch. Insbesondere der Mittelstand trägt hohe Lasten, weshalb der leistungsfeindliche sogenannte Mittelstandsbauch abzubauen ist: Das zu versteuernde Einkommen, ab dem der Spitzensteuersatz von 42 Prozent beginnt, sollte von 53 000 auf 80 000 Euro angehoben werden. Außerdem ist der Einkommensteuertarif um die Inflation zu bereinigen, damit sich die Steuerlast nicht so stark durch die kalte Progression erhöht. Daneben ist es unerlässlich, die Umsatzsteuer neu zu regeln, sprich sie zu entbürokratisieren und – zur Vermeidung von Wettbewerbsverzerrungen – europaweit zu harmonisieren.

Auch in der Finanzpolitik muss die Regierung umdenken. Wenngleich der Staat auch weiterhin in der Pflicht ist, die Konjunktur zu stützen, so muss er künftig doch direkte Eingriffe in die Wirtschaft vermeiden – und stattdessen (u.a. durch eine entsprechende Steuerpolitik) private Initiativen und Investitionen fördern. Die vorderste Aufgabe des Staates ist es nun, den Haushalt zu konsolidieren und die Neuverschuldung auf Null zurückzuführen. Ziel muss eine Staatsquote von unter 40 Prozent sein.

Umwelt und Energie: Um einen Ausgleich von Wirtschafts- und Umweltinteressen zu erreichen, muss die Politik wieder stärker auf die Handlungs- und Innovationsfähigkeit der Unternehmen setzen. Die Wirtschaft aber braucht mehr Finanzkraft und Gestaltungsspielraum. Was sie nicht braucht, ist staatliche Bevormundung. Auch sollte es nicht Sache des Staates, sondern der Märkte sein, über einen sinnvollen Technologie- und Energieträgermix zu entscheiden. Für die Energieversorgung der Zukunft ist es unabdingbar, in die Energieforschung zu investieren. Die Ausgaben hierfür sollte der Staat bis 2015 verdoppeln – und damit wieder an das Niveau der 80er Jahre anknüpfen.

Forschung und Innovation: Das Potenzial der deutschen Wirtschaft beruht in starkem Maße auf Forschung und Entwicklung. Ein Start aus der aktuellen Krise wird nur mit innovativen Produkten und Dienstleistungen gelingen. Daher plädiert der BIHK dafür, Forschung steuerlich zu fördern und Wagniskapitalfinanzierungen für Innovationen zu erleichtern. Ferner sollten die Projektförderung auf hohem Niveau fortgesetzt und die Förderbedingungen für das Zentrale Innovationsprogramm Mittelstand (ZIM) aus dem Konjunkturpaket II über das Jahr 2010 hinaus beibehalten werden.

Internationalisierung: Um die Gefahr künftiger Finanzkrisen einzudämmen, muss ein internationaler Ordnungsrahmen für Finanzmärkte, der mehr Transparenz und Risikohaftung bewirkt, geschaffen werden. Allerdings sind nationale Alleingänge ebenso wie protektionistische Maßnahmen der falsche Weg. Erfolg versprechender ist es, die Doha-Welthandelsrunde möglichst schnell abzuschließen.

Externer Kontakt:

Sabine Hölper (BIHK)

 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 09|2009, Seite 10

 
Device Index

Alle Ansprechpartner/innen auf einen Blick