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Greenbuilding

Grüne Welle für Büroimmobilien

Bei Gewerbegebäuden lassen sich noch große Energieeinsparungen erzielen. Gütesiegel helfen bei der Umsetzung in der Praxis.

In Europa sind Gebäude für nahezu 40 Prozent des Endenergiebedarfs verantwortlich. Nach EU-Berechnungen liegt damit der Energieverbrauch, der nicht durch die Produktion verursacht wird, um zehn Prozent höher als der des Verkehrssektors. Fast zwei Drittel des Endbedarfs entfallen in Bürokomplexen auf Heizung, Warmwasser und Beleuchtung. In Deutschland benötigen die bestehenden Gebäude etwa dreimal so viel Energie zur Beheizung wie Neubauten, ergänzt die Deutsche Energie-Agentur (dena). Durch fachgerechtes Sanieren und moderne Gebäudetechnik könnten bis zu 80 Prozent des Verbrauchs eingespart werden.

Allerdings schützt selbst ein Neubau nicht vor zu hohen Verbrauchskosten, weiß Richard Weller, Geschäftsführer der Nürnberger makon, einer Tochter der Ebert-Gruppe. Er hat bei der Analyse eines größeren Mehrparteienhauses festgestellt, dass beim Bau vor fünf Jahren zwar moderne Gebäudetechnik eingesetzt wurde, aber keine Endabnahme stattgefunden hatte. Das Ergebnis der aktuellen Analyse: Heizung und Kühlung haben gegeneinander gearbeitet und so einen kontinuierlichen Mehrverbrauch von fünf bis acht Prozent verursacht. Eine Inbetriebnahme nach dem Deutschen Standard DGNB für GreenBuilding hätte diesen Fehler schnell aufgedeckt.

Das Zertifikat DGNB steht für das Deutsche Gütesiegel Nachhaltiges Bauen und ist die deutsche Antwort des Bundesbauministeriums und der Deutschen Gesellschaft für nachhaltiges Bauen auf das US-amerikanische LEED-Siegel. LEED steht für "Leadership in Energy and Environmental Design" und wurde von den US Green Building Councils (USGBC) entwickelt. Mit dem LEED-Standard könnten generell acht bis neun Prozent der Betriebskosten eingespart werden. In Deutschland allerdings etwas weniger, meint Weller, denn hierzulande sei der Standard schon etwas höher. Die ersten DGNB-Zertifizierungen wurden zu Jahresbeginn erstmals vergeben.

GreenBuilding ist in Europa seit dem Jahr 2005 auf dem Vormarsch, als die EU Kommission den Startschuss für das GreenBuilding-Programm gab. Es wirbt für eine maßgebliche Reduzierung von Energieverbrauch und Kohlendioxid-Emission von Nichtwohngebäuden. Zu den Zielen gehören beispielsweise die Steigerung der Energieeffizienz, die Weiterentwicklung von Standards und die konkrete Erschließung wirtschaftlicher Energieeinsparpotenziale. Außerdem sollen durch Modellprojekte, Information über Vorzeigeprojekte und Wissenstransfer Eigentümer als Nachahmer und als Programmpartner gewonnen werden. In Deutschland koordiniert die dena als Kontaktstelle die Aktivitäten. Das Rating-System der DGNB berücksichtigt sechs Themenfelder für die Bewertung: Ökologie, Ökonomie, soziokulturelle und funktionale Aspekte, Technik, Prozesse und Standort.

Wettbewerb der Zertifizierungen
LEED-zertifizierte Gebäude werden derzeit überwiegend von internationalen Investoren, Fondsgesellschaften aber auch Mietern nachgefragt, die GreenBuilding aus Kosten- und Imagegründen in ihrer Unternehmenspolitik verankert haben. Regionale oder nationale Investoren oder Mieter hätten eher das deutsche DGNB im Blick. Während aber in der Metropolregion Nürnberg "noch nicht viel läuft", hat Weller in Stuttgart anderes beobachtet. Nachdem ein erster Bürokomplex als GreenBuilding geplant und gebaut wurde, zogen die Nachbarobjekte nach.

Auch die Nürnberger KIB Projekt sieht sich in einer guten Ausgangsposition. "Wir sind voll drin im Thema", sagt Geschäftsführer Kai Dreesbeimdiek. Er verspricht sich von GreenBuilding einen weiteren Schub für das nachhaltige Bauen und will auf Kundenwunsch frühzeitig die Projektplanung anpassen. "Unsere Arbeitsgruppe steht bereit."

Einen Schritt voraus will Siemens mit seiner GreenBuilding-Initiative sein. Bis 2011 sollen der Energie- und der Wasserverbrauch der wichtigsten Siemens-Immobilien um 20 Prozent gesenkt werden. Der Nürnberger Bereich Building Technologies (SBT) wurde bereits von der EU mit dem GreenBuilding-Award ausgezeichnet, aktuell tragen sieben Siemens-Bestandsgebäude das EU-Label. In einem Gebäude werden nach dem Einbau einer hochmodernen Kühlanlage jährlich 71 Prozent oder rund 10 000 Kubikmeter weniger Trinkwasser verbraucht. Das eigene Know-how soll erfolgreich vermarktet werden: Mit einer entsprechenden Immobilienstrategie und intelligenten Standortkonzepten will Siemens seinen Kunden bei der Erschließung weltweiter Absatzmärkte helfen.

Mit einer detaillierten Energieanalyse lässt sich auch bei Kommunen sowie kleinen und mittleren Unternehmen ein staatliches "Einsparpotenzial von fünf bis an die 30 Prozent" lokalisieren, unterstreicht der Experte für Energiemanagement, Florian Büttner, vom Institut für Energie und Gebäude (ieg) der Nürnberger Georg-Simon-Ohm-Hochschule. Aus der Praxis weiß er, dass sich spürbare Effekte bereits mit "Mini-Budgets" oder schon mit einem geänderten Nutzerverhalten erzielen lassen. Ein "Alleinstellungsmerkmal in Sachen Gebäudesimulation" beansprucht sein Institutskollege Arno Dentel. Bei der Temperatursimulation von verglasten Büros lässt sich so schon im Vorfeld entscheiden, ob eine Klimatisierung überhaupt notwendig ist. Bei der Planung für das gerade sanierte Erlanger Finanzamt wurde etwa der Einfall des Tageslichts simuliert und darauf aufbauend eine intelligente Kunstlichtsteuerung geplant. Aus Dentels Sicht liegt die Einsparung bei 40 Prozent nur durch effektivere Planung.

Das Einsparpotenzial für Unternehmen ist offensichtlich – es scheint aber immer noch ein großes Informationsdefizit zu geben. Das wurde zumindest auf der Fachtagung in der IHK Nürnberg für Mittelfranken zum Thema "Nachhaltige Gebäude sind die Zukunft – GreenBuilding" deutlich. Veranstalter waren Energieregion Nürnberg e.V., Stadt Nürnberg, Bayern Innovativ, IHK und regionale Unternehmen. Mit Modellprojekten, wie dem neuen Nürnberger Bildungszentrum süd.punkt könnten aber konkrete Impulse gesetzt werden. Zumal der süd.punkt "nur" ein Passivhaus ohne Kosten und Aufwand für ein LEED- oder DGNB-Siegel ist. Zu erwarten sind auch von dieser Art des GreenBuilding mehr Energieeffizienz und weniger Kosten, weniger Schadstoffemissionen und eine bessere Wertstabilität der Immobilie.

Autor/in: 
tt.
 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 09|2009, Seite 46

 
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