Telefon: +49 911 1335-1335

Wertermittlung

Liegenschaften werden Grundstücke

Wird die neue Verordnung zur Ermittlung der Grundstückswerte den Anforderungen in der Praxis gerecht? Inhaltlich ändert sich eher wenig. Von Helmut Hupfer

Am 15. Mai 2009 hat der Bundesrat der Verordnung über die Grundsätze für die Ermittlung der Verkehrswerte von Grundstücken (Immobilienwertermittlungsverordnung – ImmoWertV) zugestimmt, die die Wertermittlungsverordnung (WertV) aus dem Jahr 1988 ablösen soll. Wann sie in Kraft tritt, ist derzeit noch unklar. Der ursprünglich angedachte Termin im September wird sich nach derzeitigem Stand möglicherweise auf 1. Januar 2010 oder später verschieben.

Seit 1988 haben sich die Bedingungen auf den Grundstücksmärkten tief greifend geändert. Stichworte: Wiedervereinigung, Internationalisierung der Immobilienmärkte, wirtschaftliche und demografische Veränderungen. Es war deshalb an der Zeit, die geltenden Wertermittlungsrichtlinien zu überarbeiten und an heutige Verhältnisse anzupassen. Das Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung beauftragte deshalb im Sommer 2007 ein Sachverständigengremium, das Wertermittlungsrecht zu überprüfen. Diesem Gremium gehörten Vertreter der im Sachverständigenwesen tätigen Bundesverbände, der kommunalen Spitzenverbände und der Länder an. Sie erarbeiteten die neue ImmoWertV.

In den letzten 20 Jahren hatte es zwar Neuerungen in der Beleihungswertermittlungsverordnung (BelWertV) sowie im Steuerrecht und auch im Erbschaftssteuergesetz gegeben, doch im Grunde blieb das Wertermittlungsrecht seit 1988 unverändert. Vorschriften zur Wertermittlung finden sich außer in der Wertermittlungsverordnung (WertV) auch in den Wertermittlungsrichtlinien (WertR) und im Baugesetzbuch (BauGB).

Die neue Verordnung bringt im Wesentlichen folgende Neuerungen mit sich:

  • Eine grundlegende Veränderung ergibt sich beim Ertragswertverfahren, wo jetzt auch das bisher nicht vorgesehene, aus dem angelsächsischen Raum kommende Discounted-Cash-Flow-Verfahren in modifizierter Form zulässig ist. Damit können periodisch unterschiedliche Erträge angesetzt werden, sodass eine zukunftsorientierte Betrachtungsweise der Immobilienwerte möglich wird.
  • Die neue ImmoWertV unterscheidet zwischen drei Verfahren: Einem allgemeinen bzw. vereinfachten Ertragswertverfahren, einem umfassenden bzw. erweiterten Ertragswertverfahren und eben einem Ertragswertverfahren mit periodisch unterschiedlichen Erträgen (analog dem Discounted-Cash-Flow-Verfahren).
  • Beim allgemeinen Ertragswertverfahren wird die Bodenwertverzinsung nicht berücksichtigt, sondern lediglich der Reinertrag des Grundstücks über die Restnutzungsdauer kapitalisiert. Beim erweiterten Ertragswertverfahren wird dagegen der Reinertrag um den Bodenwertverzinsungsbetrag gemindert, kapitalisiert und letztlich mit dem Bodenwert addiert.

Darüber hinaus wurde die Wertermittlungsverordnung an den aktuellen Sprachgebrauch angepasst: Der Begriff "Liegenschaften" wird durch die gebräuchlichere Formulierung "Grundstücke" ersetzt. Der Zeitpunkt, auf den sich der für die Wertermittlung maßgebliche Grundstückszustand bezieht, bisher Wertermittlungsstichtag genannt, heißt nun "Qualitätsstichtag". Bei der Kapitalisierung und Abzinsung wird die Formulierung "Liegenschaftszinssätze" durch das Wort "Kapitalisierungszinssätze" ersetzt. Der Begriff "Liegenschaftszinssatz" wurde erstmals 1976 gesetzlich festgelegt und entspricht nicht mehr dem zeitgemäßen Sprachgebrauch. Des Weiteren empfahl das Sachverständigengremium bezüglich des Liegenschaftszinssatzes bzw. des Kapitalisierungszinssatzes die Verwendung des Plurals, da es sich bei diesen Zinssätzen um keinen einheitlichen Zinssatz handelt, sondern sie sich je nach marktüblichen Grundstücksnutzungen unterscheiden. Der in der WertV genannte Vervielfältiger, zur Kapitalisierung des Bodenwertes im Ertragswertverfahren stellt sich im heutigen Sprachgebrauch sehr veraltet dar und wird durch die finanzmathematische Definition "Rentenbarwertfaktor" ersetzt.

Unter dem Strich räumt die ImmoWertV zwar mit einigen überholten Regelungen auf und wird sprachlich zeitgemäßer. Durchgreifende Veränderungen ergeben sich gleichwohl nicht, im internationalen Vergleich legt die Novelle nach wie vor sehr konservative Grundsätze zugrunde.

Externer Kontakt: Helmut Hupfer, öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger, Hupfer & Partner, Nürnberg (www.hupfer-partner.de, info@hupfer-partner.de).
 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 09|2009, Seite 28

 
Device Index

Alle Ansprechpartner/innen auf einen Blick