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Komplett neue Vorzeichen

Das neue Erbschaftssteuer- und Schenkungsrecht ist Anfang dieses Jahres in Kraft getreten. Eine Zwischenbilanz. Von Anton Steiner

Testamentarische Gestaltungen, die bisher planungssicher und erbschaftssteuergünstig waren, können sich jetzt als katastrophal erweisen. Was sind die Gründe? Der Gesetzgeber hat zum 1. Januar 2009 ein völlig neues Erbschafts- und Schenkungssteuerrecht eingeführt. Dies betrifft zum einen die Bewertungsseite: Unternehmen wurden bisher mit verhältnismäßig günstigen Werten der Besteuerung unterworfen, meist den Steuerbilanzwerten oder dem Ertragswert nach dem Stuttgarter Verfahren. Dies gilt nicht mehr, vielmehr ist nach neuestem Recht der Verkehrswert eines Unternehmens zu besteuern. Dieser neue Ansatz des Gesetzgebers ist tückisch, weil sich über den Verkehrswert natürlich sehr streiten lässt, hierunter leidet die Planungssicherheit. Zudem führt dieser Ansatz oft zu sehr hohen Werten.

Zum anderen gilt seit 1. Januar dieses Jahres, auch zum Ausgleich für die stark angestiegene Bewertung von Unternehmen, ein neues Recht der Steuerverschonung. Der Gesetzgeber will Unternehmensnachfolger belohnen, die das Unternehmen, welches sie geerbt haben oder geschenkt erhielten, fortführen und so Arbeitsplätze erhalten. Im Einzelnen sind die Regelungen unglaublich kompliziert geraten, sodass selbst Fachleute Schwierigkeiten haben, den Überblick zu bewahren.

Es gibt zwei grundsätzliche Verschonungsmodelle: Einen Abschlag von 85 Prozent auf die angefallene Erbschaftssteuer kann sich der Nachfolger verdienen, wenn er das Unternehmen sieben Jahre lang fortführt und dabei 650 Prozent der bisherigen Lohnsumme aufrecht erhält.

Alternativ kann der Unternehmensnachfolger sogar eine 100-prozentige Verschonung von der Erbschaftssteuer wählen, wenn er sich verpflichtet, das Unternehmen zehn Jahre fortzuführen und er dabei 1 000 Prozent der bisherigen Jahreslohnsumme erreicht.

Soweit die Grundregeln. Dabei ist es im deutschen Steuerrecht geradezu selbstverständlich, dass im Detail noch viele komplizierte Voraussetzungen hinzukommen, beispielsweise wird die Verschonung für bestimmte Vermögensarten nicht gewährt. Auch kommen manche Unternehmen nicht in den Genuss der Verschonung, vor allem wenn sie zuviel an „bösem“ Verwaltungsvermögen haben. Verwaltungsvermögen sind beispielsweise vermietete Immobilien, weil der Gesetzgeber diese als „unproduktiv“ einstuft.

Was plant die neue Koalition?
Selbst für Unternehmen, die die Voraussetzungen der Verschonungsregeln erfüllen, bedeuten die seit 1. Januar 2009 geltenden erbschaftssteuerrechtlichen Spielregeln einen enormen Verwaltungs- und Überwachungsaufwand. Das ganze System ist ein bürokratisches Monstrum und führt in die falsche Richtung zum Steuerüberwachungsstaat. Wenigstens hat die neue Regierungskoalition aber bereits einige Milderungen beschlossen, die zum 1. Januar 2010 in Kraft treten sollen:

  • Bei der 85-prozentigen Verschonung wird die Behaltensfrist von sieben auf fünf Jahre verringert, die einzuhaltende Lohnsumme von 650 auf 400 Prozent.
  • Für die komplette Steuerverschonung wird die Behaltensfrist von zehn auf sieben Jahre abgesenkt und die zu erreichende Lohnsumme von 1 000 auf 700 Prozent.
  • Zudem soll bei Betrieben, die bis zu 20 Beschäftigte haben, keine Lohnsummenkontrolle mehr durchgeführt werden, hier ist der Unternehmensnachfolger lediglich verpflichtet, den Betrieb fortzuführen. Bislang liegt die Beschäftigtengrenze bei zehn Mitarbeitern.

Was sollten mittelständische Unternehmer tun?
Auch wenn die Regierungskoalition Erleichterungen plant, bleibt die Vorsorge gegen die Erbschaftssteuer ein zentrales Thema der Unternehmensnachfolge. Es muss unbedingt dafür gesorgt werden, dass das Unternehmen die Voraussetzungen erfüllt, damit der Unternehmensnachfolger in den Genuss der 85- oder 100-prozentigen Steuerverschonung kommen kann. Da der Fall der Unternehmensnachfolge jederzeit auch ungeplant durch plötzlichen Tod des Unternehmers eintreten kann, darf die Prüfung dieser Frage nicht aufgeschoben werden.

Mit fachmännischer Hilfe sind insbesondere folgende Punkte zu prüfen:

Stimmt die Rechtsform? Beispielsweise ist die Vererbung von GmbH-Anteilen nur begünstigt, wenn der Unternehmer entweder mehr als 25 Prozent der Anteile an der GmbH hält oder er sich mit anderen Gesellschaftern in einer Pool-Vereinbarung zusammengeschlossen hat, sodass auf diesem Wege die 25-Prozent-Grenze überschritten wird. Für eine GmbH & Co. KG gilt hingegen keine Mindestgrenze, hier ist beispielsweise auch ein zehnprozentiger Anteil begünstigt.

Liegt ein Zuviel an Verwaltungsvermögen vor? Verwaltungsvermögen sind beispielsweise Wertpapiere oder vermietete Immobilien. Übersteigt der Anteil an Verwaltungsvermögen zehn Prozent des Wertes des Unternehmens, so ist der Weg für die 100-prozentige Steuerverschonung versperrt. Übersteigt er gar 50 Prozent, so gibt es überhaupt keine Verschonung und der Unternehmensnachfolger muss eine Erbschaftssteuer von bis zu 50 Prozent entrichten, und zwar auf den vollen Verkehrswert des Unternehmens. In derartigen Fällen bietet es sich an, zur Vorsorge gegen die Erbschaftssteuer die „schädlichen“ Teile des Vermögens aus dem Betrieb (selbstverständlich ertragsteuerneutral) auszugliedern.

Externer Kontakt: Dr. Anton Steiner ist Vorstandsmitglied des Deutschen Forums für Erbrecht e.V. und Fachanwalt für Erbrecht in München (www.deutsches-forum-fuer-erbrecht.de).
 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 12|2009, Seite 44

 
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