Telefon: +49 911 1335-1335

Arbeitsrecht

Wie verlässlich sind die Arbeitsverträge?

Vorformulierte Klauseln in Formulararbeitsverträgen dürfen die Arbeitnehmer nicht unangemessen benachteiligen. Auf den genauen Wortlaut kommt es an. Von Jens G. Möller und Günther Kreuzer

Spätestens seit dem 1. Januar 2003 werden durch das Schuldrechtsmodernisierungsgesetz entgegen früherem Recht auch Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGBs) in Arbeitsverträgen einer gesetzlichen Kontrolle unterworfen. Zu AGB-Klauseln gehören alle Vertragsbedingungen, die für eine Vielzahl von Verträgen vorformuliert sind und die eine Vertragspartei der anderen bei Abschluss des Vertrages stellt.

Ein Beispiel dafür sind die sogenannten Formulararbeitsverträge. Die Arbeitnehmer sollen dabei ein ähnliches Schutzniveau genießen, wie es auch bei Verbrauchern üblich ist. Allerdings müssen nach dem ausdrücklichen Willen des Gesetzgebers die Besonderheiten angemessen berücksichtigt werden, die im Arbeitsrecht gelten. Häufig, aber nicht ausschließlich, findet eine Wirksamkeitskontrolle dann statt, wenn eine unangemessene Benachteiligung vorliegt (nach Paragraf 307 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch BGB). Wann eine solche Benachteiligung gegeben ist und damit die entsprechenden Klauseln unwirksam werden, ist gesetzlich nicht klar geregelt und wird ausschließlich durch die Rechtsprechung bestimmt.

Versetzungen von Mitarbeitern sind ein Feld, bei dem es mit Formulararbeitsverträgen häufig zu Problemen kommt. Einige konkrete Beispiele:

Zuweisung eines anderen Arbeitsgebietes: Der Arbeitgeber hat ein Weisungsrecht, das sich aus dem Arbeitsvertrag und aus Paragraf 106 Satz 1 Gewerbeordnung (GewO) ergibt, auch wenn es dort nicht ausdrücklich genannt ist. In vielen Formulararbeitsverträgen wird das Weisungsrecht des Arbeitgebers durch eine Versetzungsklausel jedoch konkreter gefasst. Bedeutsam ist hier das Urteil des Bundesarbeitsgerichts (BAG) vom 11. April 2006: Bestimmungen in AGBs sind demnach unwirksam, wenn sie den Vertragspartner unangemessen benachteiligen (Paragraf 307 I 1 BGB). Steht jedoch eine Versetzungsklausel im Arbeitsvertrag unter dem Vorbehalt, dass die Interessen des Arbeitnehmers gewahrt bleiben müssen, dann darf sich der Arbeitgeber bei einer Weisung nicht allein von seinen Interessen leiten lassen. Er muss vielmehr für einen angemessenen Ausgleich der beiderseitigen Interessen sorgen. Hier ein Beispiel für eine Formulierung, mit der Paragraf 307 I 1 BGB in derartig gelagerten Fällen berücksichtigt würde:
„§ ... Arbeitsgebiet. Frau/Herr ....... wird als ...... in der Abteilung ......., Ressort ....... beschäftigt. Der Arbeitgeber behält sich unter Wahrung der Interessen des Mitarbeiters die Zuweisung eines anderen gleichwertigen Arbeitsgebietes vor.“

Zuweisung einer anderen Tätigkeit: Eine Änderungsklausel in einem Formularvertrag kann auch ein einseitiges Leistungsbestimmungsrecht des Arbeitgebers vorsehen, das über das vertragsübliche Weisungsrecht hinausgeht. Das Urteil des BAG vom 9. Mai 2006 stellt fest, wann eine vorformulierte Klausel als unangemessene Benachteiligung im Sinne des BGB anzusehen wäre: Dies wäre der Fall, wenn der Arbeitgeber einem Arbeitnehmer eine andere als die vertraglich vereinbarte Tätigkeit „falls erforderlich“ und nach „Abstimmung der beiderseitigen Interessen“ einseitig zuweist, aber der Mitarbeiter nicht eine mindestens gleichwertige Tätigkeit erhält. Auch hier ein mögliches Beispiel für eine Formulierung:
„§ ...Tätigkeit. Der/die Mitarbeiter/in steht ab dem .............. als (z.B. Personalsachbearbeiterin) in den Diensten der Firma ........ Falls erforderlich, kann die Firma nach Abstimmung der beiderseitigen Interessen Art und Ort der Tätigkeit des/der Mitarbeiter/in ändern, wobei die geänderte Tätigkeit gleichwertig und zumutbar sein muss.“

Zuweisung eines entfernten Arbeitsortes: Das Landesarbeitsgericht (LAG) Hamm hat am 11. Dezember 2008 entschieden, dass für eine Versetzung an einen weiter entfernten Arbeitsort im In- oder Ausland eine angemessene Ankündigungsfrist nötig ist. Angemessen sei die Frist dann, wenn sie der Kündigungsfrist entspricht. Unwirksam wäre demnach eine vorformulierte Versetzungsklausel, nach der sich der Arbeitsgeber eine Versetzung an einen weit entfernten Arbeitsort ohne angemessene Ankündigungsfrist vorbehält. Der Zusatz, bei der Versetzung würden die persönlichen Belange der Arbeitnehmer angemessen berücksichtigt, ist nicht transparent und deshalb unzureichend.

So könnte eine Formulierung in so einem Fall aussehen:
„§ … Arbeitsort. Der/die Mitarbeiter/in steht ab dem .............. als (z.B. Personalsachbearbeiterin) in den Diensten der Firma ....... Falls erforderlich, kann die Firma nach Abstimmung der beiderseitigen Interessen den Ort der Tätigkeit des/der Mitarbeiter/in ändern, insbesondere ihn/sie in einen anderen Betrieb oder ein anderes Unternehmen des Konzerns im In- und Ausland versetzen, wobei eine Ankündigungsfrist einzuhalten ist, die der Kündigungsfrist entspricht.“

Tipp für die Praxis: Wenn ein Unternehmen seine Arbeitsvertragsvorlagen noch nicht auf den aktuellen „AGB-Stand“ gebracht hat, sind folgende Schritte dringend zu empfehlen: Abgleich der verschiedenen im Unternehmen verwendeten Arbeitsvertragsformulare mit der aktuellen Rechtsprechung. Gegebenenfalls Umformulierung in wirksame Regelungen, kontinuierliche Beobachtung der Rechtsprechung und notfalls Anpassung der Klauseln.

Externer Kontakt: Rechtsanwalt Jens G. Möller und Dr. Günther Kreuzer, Fachanwalt für Arbeitsrecht, Kanzlei Dr. Kreuzer und Coll., Nürnberg (nuernberg@kreuzer.de)
 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 12|2009, Seite 30

 
Device Index

Alle Ansprechpartner/innen auf einen Blick