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Russland

Ein Imperium und seine Regionen

Russland stellt als größtes Land der Erde jeden Investor vor besondere Herausforderungen. Welche der 83 russischen Regionen bieten die besten Chancen?

Stark unterscheiden sich die russischen Regionen hinsichtlich Wirtschaftsstruktur, Einwohnerzahl und geografischer Ausdehnung. Die Stadt Moskau ist zweifelsohne das politische, wirtschaftliche und finanzielle Zentrum des Landes, doch Russland hat weit mehr zu bieten. Über 50 Prozent der Kreditinstitute des Landes sind in Moskau ansässig, und mehr als die Hälfte der ausländischen Direktinvestitionen fließt dorthin. Am Bruttosozialprodukt und an der Bevölkerung der Region hatte die Stadt jedoch nur einen Anteil von unter 25 bzw. unter acht Prozent.

Deshalb bieten sich auch außerhalb Moskaus zahlreiche Investitionschancen. Allerdings ist es schwierig, in einem so großen und vielfältigen Land wie Russland attraktive Investitionsstandorte zu finden. Auf der Suche nach Erfolg versprechenden Regionen gibt die russische Rating-Agentur Expert RA Orientierung mit ihrem jährlich erscheinenden Rating zum Investitionsklima in den russischen Regionen. Die Schwankungen zwischen den jährlichen Bewertungen sind allerdings beachtlich. Daher identifizierte DB Research, der Think Tank der Deutschen Bank AG, in einer kürzlich veröffentlichten Studie diejenigen Regionen, die über zwölf Jahre hinweg ein überdurchschnittliches Investitionspotenzial bei zugleich geringem Investitionsrisiko aufwiesen.

Es wurden insgesamt elf Regionen als besonders attraktiv befunden. Allerdings fielen Saratow und Belgorod aufgrund der schlechten Einstufung im 2008er Rating aus der weiteren Betrachtung heraus. Folgende neun Regionen sind nun als chancenreiche Standorte gelistet: Stadt und Region Moskau, Sankt Petersburg, Region Samara, Gebiet Krasnodar, Region Nischni Nowgorod, Republik Tatarstan, Region Rostow und Republik Baschkortostan. Insgesamt werden in diesen Regionen 45 Prozent der russischen Wirtschaftsleistung erbracht.

Sieben der elf russischen Städte mit über einer Mio. Einwohnern liegen in den neun führenden Regionen, sie befinden sich – mit Ausnahme von Omsk und Nowosibirsk – im europäischen Teil Russlands. Allein im Föderationskreis Wolga liegen vier dieser Städte (Nischni-Nowgorod, Samara, Kasan und Ufa). Innerhalb der neun Regionen ist die Bevölkerungsdichte sehr unterschiedlich. In Moskau leben 9 000 Menschen pro Quadratkilometer, in Sankt Petersburg 3 000, in der Region Moskau 145 und in den anderen sechs Regionen weniger als 100. Eine geringe Bevölkerungsdichte kann die wirtschaftliche Entwicklung hemmen, da es pro Kopf sehr kostspielig ist, die erforderliche Transport- und Kommunikationsinfrastruktur bereitzustellen.

In den neun führenden Regionen wurden im Jahr 2007 rund 83 Prozent der Bruttowertschöpfung in nur sieben wirtschaftlichen Sektoren erwirtschaftet. Das verarbeitende Gewerbe war in der Republik Baschkortostan und in der Region Samara von besonderer Bedeutung, der Groß- und Einzelhandel spielte in Moskau, der Region Moskau, Sankt Petersburg und der Region Rostow eine wichtige Rolle, Transport und Kommunikation im Gebiet Krasnodar, Immobilien, Vermietung und Dienstleistungen in Moskau, Sankt Petersburg und Nischni-Nowgorod, die Landwirtschaft im Gebiet Kras-nodar, und die Förderung und Verarbeitung von Rohstoffen in der Republik Tatarstan.

Die weltweite Wirtschafts- und Finanzkrise hat die Konsum- und Investitionsnachfrage in allen Regionen gedämpft, so Peter Kompalla, Außenwirtschaftsreferent bei der IHK Nürnberg für Mittelfranken und einer der Autoren der Studie der Deutschen Bank. Da die Regionen so heterogen seien, gebe es kein wirtschaftspolitisches Allheilmittel zur Lösung dieser Probleme. Es sei außerdem zu früh, um die Bemühungen der Behörden zur Abmilderung der Wirtschaftskrise auf regionaler Ebene beurteilen zu können.

Spürbar wird die weltweite Krise in Russlands Regionen vor allem deswegen, weil die Arbeitslosigkeit steigt bzw. Löhne verzögert ausgezahlt werden und es deshalb zu sozialen Spannungen kommt. Besonders hart betroffen sind Städte und Gemeinden, in denen Beschäftigung und Steuereinnahmen in hohem Maße von der wirtschaftlichen Lage eines oder mehrerer Großunternehmen abhängen. Deshalb hat die Regierung einen Plan zur Unterstützung dieser sogenannten Monostädte aufgelegt, rund 400 Städte sollen 2010 nach diesem Plan staatliche Unterstützung beziehen können.

 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 03|2010, Seite 20

 
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