Telefon: +49 911 1335-1335

Auslandshandelskammern

Bildung ist ein deutscher Exportschlager

Die weltweit aktive deutsche Wirtschaft sucht in ihren Zielländern qualifizierte Mitarbeiter. Die IHK-Organisation engagiert sich deshalb weltweit mit Bildungsangeboten „Made in Germany“.

Barbara Fabian, Leiterin des Referats AHK-Bildungsarbeit beim Deutschen Industrie- und Handelskammertag (DIHK), registriert in den letzten Jahren eine steigende Tendenz beim Engagement der AHKs im Bildungsbereich. Eine Schlüsselrolle spielt dabei das Duale System der beruflichen Ausbildung, das inzwischen zum Exportschlager avanciert ist.

Die Bildungsaktivitäten der AHKs, die an 120 Standorten in 80 Ländern die Interessen der deutschen Wirtschaft vertreten, bringen allen Beteiligten Vorteile: Unternehmen erhalten Unterstützung im Kampf gegen den Fachkräftemangel. Im Gastland setzt die Aus- und Weiterbildung von Fachkräften vor Ort Impulse für den Arbeitsmarkt und die wirtschaftliche Entwicklung. Und der Standort Deutschland profitiert, weil die Bildungsmaßnahmen Sympathien für Produkte und Technologie „Made in Germany“ fördern – und somit Wettbewerbsvorteile schaffen. Neben zahlreichen Projekten in Europa gilt das besondere Augenmerk der AHKs deshalb seit Langem der Volksrepublik China, Indien und Südamerika.

Volksrepublik China

Zu den „Leuchttürmen“ der AHK-Bildungsaktivitäten zählt Barbara Fabian die Projekte der AHK Shanghai. Dazu gehört das AHK-Chien Shiung Vocational Training Center in der Region Taicang in der Provinz Jiangsu nordwestlich von Shanghai. Seit 2007 werden hier pro Jahrgang 50 Mechatroniker und 50 Werkzeugmacher ausgebildet. Bei der Qualifizierung des Facharbeiter-Nachwuchses ziehen verschiedene Akteure an einem Strang: Auf chinesischer Seite kooperiert die AHK mit dem Chien Institute of Technology. Die IHK Hannover und eine Berufsschule aus der niedersächsischen Landeshauptstadt bringen ihre Expertise bei der Überprüfung der Lehrinhalte und im Prüfungswesen ein. Deutsche Unternehmen bzw. deren chinesische Tochtergesellschaften (z.B. Bosch, KSB, Voith, Trumpf und Osram) sind ebenfalls wichtige Partner des Ausbildungszentrums, denn in den Betrieben absolvieren die „Azubis“ den praktischen Teil ihrer Lehre. Diese Zusammenarbeit nützt allen Beteiligten, denn die etwa 120 in der Region Taicang und dem Yangtse-Delta ansässigen deutschen Firmen haben teilweise große Probleme, qualifizierte Mitarbeiter zu finden.

Vor diesem Hintergrund sind die Unternehmen bereit, in die Ausbildung zu investieren: 9 000 Yuan (etwa 1 080 Euro) Jahresbeitrag überweist der Ausbildungsbetrieb für jeden Teilnehmer an das Chien Shiung Vocational Training Center. Aus der eigenen Tasche zahlen die Schüler pro Jahr
4 150 Yuan an das Institut. Auf einen Platz kommen zehn Bewerber, denn die Investition in die Ausbildung macht sich bezahlt: Auf dem Arbeitsmarkt ist der Facharbeiter-Brief der Karriere-Katalysator schlechthin: Alle 94 erfolgreichen Teilnehmer des ersten Jahrgangs fanden mühelos einen Arbeitsplatz.

Indien

Aus- und Weiterbildung nach deutschem Vorbild genießt auch in Indien großes Ansehen. Das von der AHK Indien gegründete Indo-German Training Center (IGTC) feiert nächstes Jahr sein 20. Jubiläum. Es bietet u.a. einen 18-monatigen Diplom-Vollzeitstudiengang in Betriebswirtschaftslehre, der sich am deutschen System der Berufsakademien orientiert. Insgesamt stößt das deutsche System der Berufsausbildung auf positive Resonanz. Bis 2020 will die indische Regierung die Hälfte aller Schulabgänger durch eine Berufsausbildung fit für den Arbeitsmarkt machen. Dabei setzt das Arbeitsministerium auf Impulse aus Deutschland.

Auch die IHK Nürnberg für Mittelfranken und die GDW Werkzeugmaschinen GmbH aus Herzogenaurach engagieren sich in Indien bei der Berufsausbildung nach dem dualen System: In Coimbatore, der zweitgrößten Stadt des südindischen Bundesstaats Tamil Nadu, nimmt die IHK Nürnberg im Gedee Technical Training Institute (GTTI) die Abschlussprüfung der Werkzeugmacher ab. Als Hauptgeschäftsführer Markus Lötzsch und GDW-Geschäftsführer Hermann F. Weiler das GTTI im Herbst 2009 besuchten, wurde beschlossen, dass mit Unterstützung der deutschen Partner künftig auch Mechatroniker qualifiziert werden.

Südamerika

In Südamerika haben die AHKs ein dichtes Netz von Projekten im Bereich Berufsbildung geknüpft. Das duale System gilt in vielen Ländern als das Vorbild für geplante Reformen der Berufsbildung. Ein Beispiel dafür ist Ecuador: Das Berufsbildungszentrum (BBZ) der Deutschen Schule in der Hauptstadt Quito belegte beim IHK-Auslandsschulwettbewerb 2009/2010 den ersten Platz. Die Auszeichnung hat sich das BBZ mit einer kaufmännischen dualen Berufsausbildung verdient, die in Kooperation mit der AHK angeboten wird. Der Regierung Ecuadors dient das Berufsbildungszentrum in Quito als Prototyp für den Aufbau eines landesweiten Berufsschulsystems.

Bulgarien

Die AHK in Sofia setzt sich nachdrücklich dafür ein, dass Elemente des dualen Systems in die Reform der Berufsbildung in Bulgarien einfließen: Seit Oktober 2009 läuft ein Pilotprojekt, an dem neben der AHK Bulgarien das Bildungsministerium und die Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit (GTZ) beteiligt sind. Ziel ist die Entwicklung eines „Mustermodells“ für die berufliche Bildung in der Textilindustrie, im Maschinenbau sowie in der Gas-Installation.

Portugal

Die Deutsch-Portugiesische Industrie- und Handelskammer (DPIHK) zählt in puncto Aus- und Weiterbildung zu den führenden und altgedienten Außenhandelskammern: Seit über 25 Jahren ist sie im Bereich Berufsausbildung aktiv; in den drei Berufsausbildungszentren in Lissabon, Porto und Portimão absolvierten über 600 junge Erwachsene eine Ausbildung. Dass Know-how-Transfer keine Einbahnstraße in Richtung Gastland ist, macht die Ausbildung im Hotelfach deutlich, die die DPIHK seit 1999 anbietet: Hier werden in deutscher Sprache Hotelfachleute, Köche und Restaurantfachleute ausgebildet. Die Lehrstellen an der Algarve sind nicht nur bei portugiesischen Jugendlichen begehrt, sondern auch bei deutschen Schulabgängern, die bereits während der Ausbildung erste Auslandserfahrungen machen wollen.

Großbritannien

London ist eine gute Adresse für Weiterbildungskandidaten aus Deutschland: Das European College of Business and Management (ECBM) wurde 1988 als Berufsakademie von der Deutsch-Britischen Industrie- und Handelskammer und einigen international tätigen Unternehmen gegründet. Seitdem haben über 10 000 Absolventen die Kurse besucht. Diese Institution bietet neben Trainingsprogrammen für die Mitarbeiter von Unternehmen in Kooperation mit britischen Hochschulen auch Studienprogramme auf Bachelor- und Masterniveau. Kathrin und Andreas Schambeck sind vor drei Jahren in der „WiM“ auf dieses MBA-Studium aufmerksam geworden, derzeit schreiben sie ihre Master-Arbeiten. Die Voraussetzungen für diese akademische Ausbildung hat sich das Ehepaar durch eine Reihe von Weiterbildungsmaßnahmen erarbeitet: Kathrin Schambeck hatte sich bei der IHK Nürnberg für Mittelfranken zur Technischen Betriebswirtin (IHK), Andreas Schambeck zum Betriebswirt (IHK) qualifiziert. Das zweijährige MBA-Studium haben die beiden berufsbegleitend gemeistert: Für die Präsenzphasen reisten die Schambecks nach Aachen und Stuttgart sowie nach London. Zuhause war regelmäßiges Lernen angesagt, wie Andreas Schambeck erklärt: „Eigentlich gab es in den letzten zwei Jahren kein Wochenende ohne Studium.“ Er ist überzeugt, dass sich diese Mühen lohnen: Das ECBM-Studium sei nicht nur eine Bereicherung im Lebenslauf, sondern eine echter persönlicher Gewinn.

Autor/in: 
Andrea Wiedemann
 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 07|2010, Seite 36

 
Device Index

Alle Ansprechpartner/innen auf einen Blick