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Finanzpolitik

Raus aus der Schuldenfalle

Die Konsolidierung des Bundeshaushaltes ist und bleibt die Voraussetzung für nachhaltiges Wachstum. Wie Deutschland den Weg zu einem soliden Haushalt schafft. Von Bundesfinanzminister Dr. Wolfgang Schäuble

Die krisenhaften Entwicklungen in der Eurozone, die um den 7. und 8. Mai dieses Jahres eskalierten, haben – neben unzureichenden Finanzmarktregeln – ihre Hauptursache darin, dass einige Länder der Euro-Zone viel zu lange zu viele Staatsschulden angehäuft haben. Obwohl die Finanzmärkte bislang großes Vertrauen in die deutsche Finanzpolitik und die soliden Fundamentaldaten der deutschen Volkswirtschaft gezeigt haben, sind die abrupten und massiven Marktreaktionen von Anfang Mai ein Warnsignal, dass auch wir in Deutschland nicht untätig bleiben dürfen. Denn auch wir haben in der Vergangenheit immer mehr Geld ausgegeben, als wir hatten. Dazu kamen die richtigen und notwendigen Maßnahmen zur Stabilisierung in der Krise der letzten beiden Jahre, die zu Rekordwerten bei der Neuverschuldung geführt haben. Dadurch hat sich allein beim Bund ein Schuldenberg von über eine Billion Euro aufgetürmt, zusammen mit den Schulden von Ländern und Gemeinden sind es sogar 1,7 Billionen Euro.

Schon jetzt sind zwölf Prozent des Bundeshaushalts nur für Zinszahlungen gebunden und stehen damit nicht für andere, zukunftsgerichtete Zwecke zur Verfügung. Die Kreditfinanzierungsquote der Bundesausgaben wird in diesem Jahr bei etwa 20 Prozent liegen – 2008 waren es noch 4,1 Prozent. Das heißt jeder fünfte Euro, den wir in diesem Jahr ausgeben, ist kreditfinanziert.

Generationengerechtigkeit

Die Herausforderungen für die öffentlichen Haushalte und die sozialen Sicherungssysteme werden sich in Zukunft allein aufgrund der demografischen Entwicklung weiter verschärfen. Ein immer kleinerer Teil unserer Gesellschaft wird dann für die Bedienung der aufgehäuften Schulden aufkommen. Wir müssen jetzt umsteuern und die Neuverschuldung zurückführen. Das ist auch eine Frage der Generationengerechtigkeit. Deshalb haben Bund und Länder die sogenannte Schuldenbremse im Grundgesetz verankert. Für den Bund gibt die Schuldenbremse bis 2016 einen strengen Abbaupfad für das bestehende strukturelle Defizit, also den Differenzbetrag zwischen dauerhaften Einnahmen und Ausgaben, vor. Ab 2016 darf dann das strukturelle Defizit 0,35 Prozent des Bruttoinlandsproduktes – entsprechend rund zehn Mrd. Euro – nicht mehr überschreiten. Die Bundesländer müssen ab 2020 strukturell ausgeglichene Haushalte ausweisen.

Um die Neuverschuldung nachhaltig zu senken und eine strukturelle Konsolidierung zu erreichen, müssen vor allem die im Verhältnis zu den Einnahmen überhöhten Ausgaben reduziert werden. Deshalb hat die Bundesregierung mit dem Bundeshaushalt 2011 und dem Finanzplan bis 2014 ein umfangreiches Konsolidierungspaket im Volumen von über 80 Mrd. Euro vorgelegt, das vor allem auf der Ausgabenseite ansetzt und allgemeine Steuererhöhungen bewusst vermeidet. Durch unsere Maßnahmen wird die Ausgabenquote – das Verhältnis von Ausgaben des Bundes zum Bruttoinlandsprodukt – von 13 Prozent in 2010 auf 12,2 Prozent in 2011 sinken. Die bereits erwähnte Kreditfinanzierungsquote wird von etwa 20 Prozent in 2010 auf 18,7 Prozent in 2011 und bis 2014 auf acht Prozent zurückgehen.

Wir senken die Ausgaben dort, wo sie nicht das Wirtschaftswachstum schwächen, wir kürzen in der öffentlichen Verwaltung, reduzieren Subventionen und verringern durch gezielte, maßvolle Schritte die Ausgaben im Sozialhaushalt. Gleichzeitig erhöhen wir die Arbeitsanreize und investieren – trotz Konsolidierungsdruck – mehr in Bildung und Forschung als zentrale Säulen für die Zukunftsfähigkeit unserer Gesellschaft. Angesichts der demografischen Entwicklung müssen wir alles daran setzen, durch gute Ausbildung möglichst viele Menschen in reguläre Arbeit zu bringen, um unseren Wohlstand dauerhaft zu sichern.

Wir müssen sparen

Der am 7. Juli 2010 verabschiedete Regierungsentwurf zum Bundeshaushalt 2011 und der Finanzplan bis zum Jahr 2014 stellen einen Wendepunkt in der Haushalts- und Finanzpolitik der Bundesrepublik Deutschland dar. Wir führen die krisenbedingt erhöhten öffentlichen Defizite maßvoll zurück. So haben wir es auch mit unseren G20-Partnern vereinbart. Mit unserer Konsolidierungsstrategie stellen wir sicher, dass die öffentlichen Haushalte in Deutschland mittel- und langfristig wieder auf eine nachhaltig solide finanzielle Basis gestellt werden und dadurch leistungsfähig bleiben. Dabei geht es nicht darum, nur um des Sparens willen zu sparen. Es geht darum, zum Wohle unseres Landes und seiner Menschen eine zentrale wirtschaftspolitische Erkenntnis in konkrete Politik umzusetzen: Nachhaltige Konsolidierung ist und bleibt die Voraussetzung für nachhaltiges Wachstum.

 

Autor/in: 
Dr. Wolfgang Schäuble
 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 09|2010, Seite 24

 
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