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Vermarktung von Gewerbeflächen

Gemeinsam im Pool

Neuer Ansatz für das Marketing: Städte und Gemeinden könnten noch stärker zusammenarbeiten, um Investoren anzulocken.

In den letzten beiden Jahren, die von der Wirtschafts- und Finanzkrise geprägt waren, ist die Nachfrage nach Gewerbeflächen in vielen Regionen Deutschlands stark zurückgegangen oder ganz versiegt. Häufig scheitert die Ansiedlung von Unternehmen aber auch daran, dass die von den Kommunen angebotenen Flächen hinsichtlich Größe, Lage oder Infrastruktur nicht den Ansprüchen der Investoren genügen. Gibt es neue Ansätze, mit denen die Kommunen ihre Position als Anbieter von Gewerbeflächen stärken können? Dieser Frage widmete sich das „Dialogforum Wirtschaft“, das das IHK-Gremium Landkreis Roth (IHKG) und die Unternehmerfabrik Roth gemeinsam veranstalteten. „Es sind neue Konzepte notwendig“, so die Gastreferenten Prof. Dr. Jörg Maier und Diplom-Geograph Stefan Forster von der RRV – Gesellschaft für Raumanalysen, Regionalpolitik und Verwaltungspraxis mbH in Kulmbach beim „Dialogforum“, das bei der Carl Schlenk AG in Roth-Barnsdorf stattfand.

Variante Zweckverband

Der emeritierte Professor für Wirtschaftsgeografie hat zusammen mit seinen Mitarbeitern Stefan Forster und Tobias Hofmann das Konzept des Gewerbeflächenpools entwickelt. Die Idee: Die beteiligten Kommunen erfassen ihre freien Gewerbeflächen, bringen diese beispielsweise über einen Zweckverband in den Pool ein und vermarkten ihn schließlich gemeinsam. Beteiligen können sich daran auch Kommunen, die schlecht angebunden sind oder wegen ihrer topografischen Lage nur schwer selbst Gewerbeflächen ausweisen können. Sie können ökologische Ausgleichsflächen in den Pool einbringen oder sich finanziell beteiligen. Der Manager des Pools hat nun die Aufgabe, die Gewerbeflächen im Auftrag der beteiligten Gemeinden an Investoren zu veräußern. Die Verkaufserlöse und die Einnahmen aus der Gewerbesteuer fließen dann anteilig an die Partner-Kommunen zurück.

Abschließende Erfahrungen mit diesem Ansatz liegen laut Maier noch nicht vor. Ein Gewerbeflächen-Pool im Schwarzwald steht zwar kurz vor der Vertragsunterzeichnung, in anderen Regionen Deutschlands ist der Ansatz nach anfänglicher Begeisterung aber gescheitert, weil sich die Kommunen nicht über die Details einig werden konnten. Derzeit begleiten Maier und seine Mitarbeiter 18 Kommunen in Oberfranken, die entlang der Autobahn A9 liegen, bei der Ausarbeitung eines Gewerbeflächen-Pools. Das Projekt mit dem Arbeitstitel „Wirtschaftsband A9“ hat aber noch zahlreiche Hürden zu überwinden. Maier nannte bei seinem Vortrag einige der praktischen Fragen, die es noch zu klären gilt: Welches Gremium nimmt die Bewertung der Flächen vor? Wie werden die ökologischen Ausgleichsflächen bewertet? Wie kann ein angemessener Ausgleich zwischen größeren und kleineren Kommunen erzielt werden? Welche Laufzeit soll der Pool haben? Sollen Flächen von Privatpersonen hinzugekauft werden, um den Zuschnitt der Gewerbegebiete zu verbessern?

Und nicht zuletzt: Wie kann man die Stadt- und Gemeinderäte vom Nutzen des Konzeptes überzeugen? Diese Aufgabe wird dadurch erschwert, dass das Konzept noch neu ist und deshalb erfolgreiche Vorbilder fehlen. Nicht zu vergleichen ist der Gewerbeflächen-Pool auch mit den interkommunalen Gewerbegebieten, die in den 90er Jahren mancherorts ausgewiesen wurden (z.B. Gewerbepark Nürnberg-Feucht-Wendelstein). Denn dabei handelte es sich um zusammenhängende Flächen, die in den „Grenzgebieten“ benachbarter Kommunen lagen. Im Gewerbeflächen-Pool dagegen werden nicht zusammenliegende Flächen zusammengefasst.

Überlegungen im Landkreis Roth

Dennoch will man sich im Landkreis Roth ernsthaft mit dem Pool-Konzept beschäftigen, so Christof Liebel von der Unternehmerfabrik, die als Wirtschaftsförderungsgesellschaft des Landkreises tätig ist. Denn auch dort gibt es zahlreiche Kommunen, die sehr unterschiedliche Ausgangsbedingungen für die Ausweisung von Gewerbeflächen haben: Auf der einen Seite ländlich gelegene Gemeinden fernab der Autobahn, die sich deshalb schwer tun, Investoren für sich zu interessieren. Auf der anderen Seite Gemeinden mit optimaler Verkehrsanbindung und guter Infrastruktur. Sie alle könnten in einem Pool zusammenarbeiten und gemeinsam auf ansiedlungswillige Unternehmen zugehen. Laut Liebel befindet sich der Landkreis hier noch in der Phase der Analyse. Die Unternehmerfabrik ist bei einer Abfrage unter den Kommunen im Landkreis zwar auf grundsätzliches Interesse gestoßen. Die Bürgermeister hatten aber bei dieser Gelegenheit schon angemerkt, dass vor einer praktischen Umsetzung des Konzepts noch eine Vielzahl von Details zu klären sei.

Reihe „Dialogforum Wirtschaft“

Das IHK-Gremium Roth und die Unternehmerfabrik wollen mit der Vortragsreihe „Dialogforum Wirtschaft“ die Diskussion über regionale Wirtschaftsthemen anregen. „Wir wollen außerdem neue Ansätze der Wirtschaftsförderung ins Gespräch bringen“, so IHKG-Vorsitzender Joachim von Schlenk. In den vorangegangen Foren sprach Thomas Müller von der Regierung von Mittelfranken über das Thema „Regionalplanung Nürnberg Süd“, und Dr. Udo Raab von der IHK Nürnberg für Mittelfranken stellte das neue Leitbild „Wachstum und Beschäftigung“ der Europäischen Metropolregion Nürnberg vor.

Autor/in: 
bec.
 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 09|2010, Seite 30

 
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