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Immobilienmarkt

Projektentwickler haken die Krise ab

Die Rezession hat den Markt für Gewerbeimmobilien in der Region Nürnberg nur geringfügig getroffen. Die Nachfrage nach Flächen zieht wieder an, zahlreiche große Projekte werden realisiert. Von Thomas Tjiang / Illustration: Anton Atzenhofer

Die Mieten für Büroimmobilien in Nürnberg haben nach Erhebungen des Münchner „IVD-Instituts – Gesellschaft für Immobilienmarktforschung und Berufsbildung“ im vergangenen Jahr um fünf Prozent nachgegeben. Vermieter von Ladenlokalen mussten in Toplagen zumindest geringfügige Preisabschläge hinnehmen. Auch bei Geschäften ab 150 Quadratmetern in 1b-Lage (also in weniger attraktiven Gegenden) verbilligten sich die Mieten laut Institutsleiter Prof. Dr. Stephan Kippes. Dagegen verbuchten Läden mit einer Größe von 60 Quadratmetern ein leichtes Plus.

Kippes sieht diese insgesamt rückläufige Entwicklung als „eine Mischung aus konjunktur- wie auch angebotsbedingten Ursachen“. Das Ende von AEG und Quelle habe aber nicht so stark durchgeschlagen wie in anderen Regionen, die von Insolvenzen in ähnlicher Größenordnung betroffen waren. Sein Fazit: „Tendenziell ist die Wirtschaft im Großraum Nürnberg gut aufgestellt und sinnvoll diversifiziert. Sie wird vom Wirtschaftsaufschwung hinlänglich profitieren, was wiederum Impulse für die Gewerberaummieten entfalten wird.“

Ein Beispiel für die guten Zeichen am Immobilienmarkt ist der Gewerbepark „Campus Marienberg“, eines der größten Neubauprojekte in der Metropolregion Nürnberg. Die Nürnberger Unternehmensgruppe Kochinvest plant gemeinsam mit der Tucher-Stiftung in mehreren Abschnitten ein Areal mit 30 000 Quadratmetern Nutzfläche hinter den beiden Autohäusern in der Marienbergstraße. Noch in diesem Jahr startet der erste Bauabschnitt des Projektes, in das rund 25 Mio. Euro investiert werden, so Geschäftsführer Volker Koch, der bereits seit Jahresbeginn „viele positive Signale am Markt“ registriert. Die Fertigstellung des ersten Bauabschnitts ist für Anfang 2012 geplant, zu den ersten Mietern gehören ein Ingenieurbüro mit rund 3 500 Quadratmetern Mietfläche und ein EDV-Betrieb, der 2 300 Quadratmeter belegt.

Ebenfalls angepackt hat Kochinvest das ehemalige Heumann-Areal hinter dem Nürnberger Hauptbahnhof, das Wohnen und Gewerbe auf insgesamt 30 000 Quadratmetern vereinen soll. In Wartehaltung ist das Unternehmen mit dem ehemaligen Hotel Deutscher Hof direkt neben dem Opernhaus. Denn die Gespräche mit dem Verkehrsmuseum, das gern einen exponierten Zugang am Frauentorgraben haben möchte, sind noch offen.

Auch im Nürnberger Nordostpark, wo u.a. Teile des Fraunhofer-Instituts ansässig sind, herrscht Optimismus, Preisrückgänge sind kein Thema. Die Nutzfläche von 180 000 Quadratmetern – weitere 100 000 Quadratmeter können auf dem Gelände noch realisiert werden – ist weitgehend vermietet. Trotz der üblichen Fluktuation ist der Mietpreis laut Sandra Hegele von IVG Asset Management weitgehend unverändert: „Der Nürnberger Markt ist stabiler als der Münchner Markt.“ Dies sei erfreulich gerade in Zeiten, in denen die Preise allgemein unter Druck stehen.

Von Flaute will auch der Objektentwickler Engel&Völkers Commercial Nürnberg nichts mehr wissen. Er konzipiert für Kapitalanleger u.a. Mischformen aus Wohnen und Gewerbe, die sich gut verkaufen. Geschäftsführender Gesellschafter Herbert Winter beobachtet seit einem halben Jahr, dass die Nachfrage größer als das Angebot ist. Nach Bankenkrise und wegen der aktuell niedrigen Zinsen sei eine „Immobilienrendite von sechs Prozent als Betongold“ wieder attraktiv. Zurzeit verkaufe sein Haus im Schnitt eine Immobilie pro Woche mit einem Preis zwischen 400 000 und mehreren Mio. Euro.

Winter sieht Nürnberg als ein „hervorragendes Pflaster“, das gerade beim Einzelhandel immer stärker in den Fokus bundesweiter oder internationaler Filialisten gerät. Gefragt seien allerdings nur Top-Lagen, „die Nebenstraße ist passé“. Derzeit suchen nach seiner Kenntnis bekannte Markenartikel-Unternehmen Standorte für Vorzeigegeschäfte (sogenannte „Flaggship-Stores“) in der Nürnberger Innenstadt.

HDE fordert Augenmaß

Der Handelsverband Mittelfranken, der zuvor Landesverband des bayerischen Einzelhandels hieß, fordert aber schon seit Jahren Augenmaß. Etwa mit Blick auf die einstige Edelmeile Kaiserstraße appelliert Sprecher Uwe Werner an die Immobilienbesitzer, „nicht nur die kurzfristige Gewinnmaximierung im Blick zu haben“. Nur Mieter zu nehmen, die den höchsten Preis bezahlen, belaste die attraktive Branchenstruktur in einer Straße.

Werner sorgt sich aber auch um die Revitalisierung des Quelle-Gebäudekomplexes an der Fürther Straße, wo 20 000 Quadratmeter Einzelhandelsfläche genehmigt sind. Um das Gebäude wirtschaftlich zu betreiben, sei dies allerdings sehr knapp bemessen. Potenzielle Investoren hoffen deshalb, dass dort etwa 40 000 Quadratmeter Einzelhandel möglich sind. Diese Großenordnung, vergleichbar mit dem Frankencenter in Langwasser, wäre aber ein Todesstoß für das Fürther City-Center und würde auch die Nürnberger Altstadt schwer treffen, erklärt Werner.

Ob der bislang gescheiterte Verkauf des sanierungsbedürftigen City-Centers in der Fürther Innenstadt mit einer abwartenden Haltung eines Investors in Sachen Quelle-Markt zu tun hat, lässt sich nicht eindeutig beantworten. Aber es gilt als die einzige Problemzone der Kleeblattstadt. Die Uferstadt auf dem alten Grundig-Areal hat von ihren fast 60 000 Quadratmetern nur noch 11 000 Quadratmeter frei. Dort expandiert u.a. die Forschungseinrichtung Neue Materialien Fürth mit dem Bau einer dritten Technologiehalle. Der Büro- und Gewerbehof complex plant noch für dieses Jahr den Spatenstich für ein neues Gebäude mit über 3 400 Quadratmetern, um Existenzgründern sowie jungen bzw. innovativen Handwerkern und Dienstleistern preisgünstige Gewerbeflächen zur Verfügung zu stellen. Auch das Fürther Großprojekt Golfpark Atzenhof mit 67 Hektar Vermarktungsfläche ist schon zur Hälfte belegt. Rund 300 Arbeitsplätze sind bislang dort entstanden, die Einweihung der neuen Testhalle für das neue Fraunhofer-Institut für Materialforschung gilt in der Wissenschaftsstadt Fürth als wichtiger Impulsgeber.

„Hinsichtlich der Gewerbeflächen ist das Ende der Quelle im Großraum noch nicht verdaut“, warnt der Nürnberger Makler Kurt M. Bum vor zu viel Euphorie. Denn der einstige Versandhausriese hat auch viele Brachflächen außer dem Einkaufs- und Logistikzentrum in der Fürther Straße hinterlassen, etwa das ausgediente Rechenzentrum nahe der Sigmundstraße mit rund 10 000 Quadratmetern. Das Möbel-Hess-Objekt, ein schlichtes Betongebäude aus den 70er Jahren mit 25 000 Quadratmetern Parkplatz, hat sich Gerd Schmelzers Alpha-Gruppe aus der Quelle-Konkursmasse gesichert. Und die einstigen Expansionsflächen der Quelle an der Fürther Hardhöhe hat die Stadtverwaltung zurückerworben und vermarktet sie erfolgreich und relativ günstig – für unter 100 Euro pro Quadratmeter. Gerade sicherte sich die Nürnberger Bio-Lebensmittelmarktkette ebl 32 000 Quadratmeter für die neue Zentrale. Der Discounter Norma will dort ebenfalls bauen. Und in das frühere Holding-Gebäude in der Fürther Finkenstraße hat sich das Landesamt für Statistik eingemietet.

Stabiles Preisgefüge

Gut voran kommt auch die Revitalisierung der 160 000 Quadratmeter Nutzfläche – eine Größe von 800 Tennisplätzen – des alten Nürnberger AEG-Werksgeländes zwischen Fürther Straße und Pegnitzauen unter dem Projektnamen „Auf AEG“. 2007 übernahm der Leipziger Projektentwickler MIB Fünfte Investitionsgesellschaft das Objekt und siedelte dort die Deutschlandzentrale der AEG-Mutter Electrolux auf ca. 20 000 Quadratmetern und das Siemens Transformatorenwerk mit 7 500 Quadratmetern an. Nun, so Projektleiter Bertram Schultze, wird das sogenannte „Quartier Vier“ mit acht Einzelgebäuden und mit einer Nutzfläche von ca. 15 500 Quadratmetern bewusst kleinteilig entwickelt. Unter Dach und Fach sind bereits zahlreiche Mietverträge mit Anwälten, IT- und Elektro-Firmen, Gastronomie und Betrieben aus der Kreativwirtschaft.

Von Kampfpreisen bei der Vermarktung will Schultze aber nichts wissen. Das Südareal an der Fürther Straße, das sowohl an der Fassade als auch innen gründlich saniert wird, wird je nach Ausbau für sieben bis zehn Euro pro Quadratmeter vermietet. Lediglich im Nordareal in den alten Logistikhallen ist der Quadratmeter schon für drei Euro kalt zu bekommen. „Unser Konzept der Mischnutzung hat gut gegriffen“, freut sich Schultze, zumal auch ein ganz besonderer Mikrokosmos für Künstler entsteht. Bis zum letzten Jahr, so Schultze, war die Entscheidungsfreude bei potenziellen Mietern gedämpft. „Seit Ende 2009 hat sich der Knoten gelöst.“

Von diesem Flächenpotenzial kann die Stadt Schwabach nur träumen. „Wir haben kaum Flächen zur Entwicklung“, berichtet Kim Herzig von der Verwaltung der Goldschlägerstadt. In der ehemaligen US-Kaserne O’Brien, wo auch das Gründerzentrum „Schwung“ seit Jahren seinen Sitz hat, gibt es gerade einmal zwei freie Flächen, der Gewerbepark Süd hat nur noch 2,3 Hektar frei. Die Stadt achtet daher besonders auf eine hohe Beschäftigungswirkung auf geringer Fläche. „Logistikern können wir keinen Platz bieten“, stellt Herzig klar. Daher nimmt die kreisfreie Stadt nun den ersten Bauabschnitt mit rund 110 000 Quadratmetern für das Gewerbegebiet Schwabach-West in Angriff. Eine Neuverwertung oder Revitalisierung von Gewerbeflächen im Stadtgebiet komme kaum vor.

Andere Schwierigkeiten hat die Gemeinde Möhrendorf: Per Volksentscheid in der Nachbargemeinde Bubenreuth wurden die Pläne für einen gemeinsamen Gewerbepark gekippt. Möhrendorfs Bürgermeister Konrad Rudert will aber Kurs halten. Es sollen fünf Hektar ausgewiesen werden, wo sich Betriebe ansiedeln können. „Sonst laufen uns die Gewerbetreibenden weg, weil sie keine Entwicklungsmöglichkeiten sehen.“ Rudert will aber keinen Makler einschalten, sondern erst die Bauern als Flächeneigentümer mit den konkreten Interessenten zusammenbringen. Erst dann sollen Grundstücksverkäufe und Erschließungsplanung maßgenau vorgenommen werden. „Dieser Weg ist ziemlich neu“, betont Rudert.

Der Markt für Gewerbeimmobilien im Ansbacher Stadtgebiet zeigt sich stabil. Die Finanz- und Wirtschaftskrise hat sich nach Einschätzung von Stefan Fink, Vorstandsmitglied der Vereinigten Sparkassen Stadt und Landkreis Ansbach, nur geringfügig ausgewirkt: „Leerstände traten nur temporär auf, auch das Preisgefüge hat sich nicht spürbar verändert.“ Aktuell gebe es bei relativ konstanten Preisen nahezu keine Leerstände, freiwerdende Objekte werden in überschaubaren Zeiträumen wieder genutzt.

Fast ausverkauft meldet auch der Campus Röthelheimpark mit seinen 12 000 Quadratmetern in Erlangen. Der Projektentwickler, die Erlanger Sontowski & Partner Group, hat sich auf sogenannte B-Standorte spezialisiert. „Renditestarke Standorte finden sich heute immer öfter an Orten wie Erlangen und nicht mehr in Hamburg oder München“, erklärt Klaus-Jürgen Sontowski. Nach gleichem Muster hat er das 18 Mio. Euro teure Bürogebäude atrium in Erlangen-Tennenlohe mit über 7 000 Quadratmetern erstellt und vermarktet. Nächstes Projekt ist das Forum Stein auf dem ehemaligen Areal von Möbel-Krügel in der Stadt Stein, wo im nächsten Jahr auf 32 000 Quadratmetern Wohnimmobilien und Büroflächen entstehen sollen.

Immobilienreport Nürnberg
Der jährliche Report Immobilienmarkt des Wirtschaftsreferats der Stadt Nürnberg bietet einen umfassenden und detaillierten Überblick über die wichtigsten Fakten und das aktuelle Niveau der Grundstückspreise und Mieten auf dem Wohn-, Gewerbe- und Büroimmobilienmarkt. Zudem werden wichtige Standorte für Büroflächen sowie Flächen für Gewerbe und Produktion im Stadtgebiet beschrieben.

 

Autor/in: 

Thomas Tjiang

 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 09|2010, Seite 26

 
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