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Wahrnehmung von Marken

Alle Sinne ansprechen

Werbebotschaften nicht nur über das Auge vermitteln, sondern auch durch Hören, Riechen, Schmecken und Tasten: Das ist das Ziel des multisensorischen Branding. Von Julian Schäfer

Logos, Farben, Schriften, Bilder, Layout-Raster: Das alles sind klassische Stilmittel, mit denen sich Marken erlebbar machen. Aber damit schon genug? Sollten Marken ihren Fans und solchen, die es werden sollen, nicht nur etwas „aufs Auge“ geben, sondern auch andere Sinne ansprechen? Multisensorisches Branding kann die Wirkung der Marketing-Aufwendungen um ein Vielfaches verstärken.

Wer braucht eigentlich multisensorisches Branding, also ein Markenerlebnis, das Sehen, Hören, Fühlen, Schmecken und Riechen vereint? Ganz einfach: unser Gehirn. 50 000 Marken umgeben uns allein im deutschsprachigen Raum, und an lediglich maximal zehn davon erinnern wir uns pro Tag. Ergänzende Wege, um Marken in den Köpfen der Kunden zu verankern, sind also mehr als willkommen.

Die Zahlen sprechen für sich: Werden wir von einer Marke mit nur einem Sinneseindruck angesprochen (meist die Optik), so liegt unsere Loyalität zu dieser Marke bei 30 Prozent, das hat die Studie „Brand Sense“ von Millward Brown ergeben. Hinterlassen vier bis fünf Sinneswahrnehmungen einen Eindruck, liegt die Markenloyalität doppelt so hoch, nämlich bei stattlichen 60 Prozent. Konkret übersetzt heißt das: Die Zahl potenzieller Wiederkäufer, die zuweilen auch Versuchen von preisgünstigeren Alternativen widerstehen, verdoppelt sich!

Doch wie sorgt man für solch eine Markenerfahrung? Am Anfang steht natürlich die Aufgabe, sich die Werte der eigenen Marke bzw. des Unternehmens bewusst zu machen. Nur so kann anschließend strukturiert vorgegangen und definiert werden, welche Werte für welche Sinne erlebbar gemacht werden (können). Haben Sie beispielsweise schon einmal darüber nachgedacht, wie sich zum Beispiel der Wert „Bodenständigkeit“ anhört, anfühlt oder riecht? Hilfreich bei diesem Vorgehen ist es, sich mit der Bedeutung der einzelnen Sinneseindrücke für die Markenwahrnehmung zu beschäftigen. Zwar laufen 94 Prozent aller generellen Sinneswahrnehmungen über die Augen und Ohren, die Wichtigkeit der Sinne für die Markenwahrnehmung sieht jedoch anders aus: Die Optik führt (mit 58 Prozent), wird jedoch dicht gefolgt von Duft (45 Prozent), Klang (41 Prozent), Geschmack (31 Prozent) und Haptik (25 Prozent).

Sehen: Bevor man beginnt, gleich mehrere Sinne anzusprechen, sollte zunächst der immer noch wichtigste Kanal perfektioniert werden, nämlich die Optik einer Marke. Die klassischen, visuellen Stil-Elemente einer Marke sollten so spezifisch wie möglich eingesetzt werden. Ein vorbildliches Beispiel aus der Region für visuelle Stildichte ist die Marke easyCredit. Das Logo ist vertraut und steht meist an der gleichen Stelle: nämlich oben rechts. „Der Fairman“, eine eigens geschaffene Markenpersönlichkeit, sowie ein markanter blauer Kreis prägen den Auftritt der Marke durchgängig und machen die Marke auch schnell und eindeutig erkennbar.

Hören: Wie wirksam akustisches Branding sein kann (und dass auch große Unternehmen nicht immer alles richtig machen), zeigen Audi und Telekom – beide Sponsoren des FC Bayern. Während der dumpfe, an Herzschlag erinnernde Sound von Audi bei der Fußball-Live-Übertragung untergeht (und auch bei nahezu jedem Hörfunk-Spot), tönt das auf der Klangfrequenz der menschlichen Stimme angelegte Sound-Logo der Telekom klar vernehmbar – auch vom Wohnzimmer bis in die Küche. Melodie-basierte Töne, idealerweise nachsingbar, sind von klarem Vorteil. Hier hat easyCredit mit ihrem „Today is my day“ auf den richten Ohrwurm gesetzt.

Riechen: Noch vernachlässigt wird das Thema Duft für die Verstärkung von Markenwerten. Immerhin 75 Prozent aller Emotionen basieren auf dem Geruchssinn. Dieser ist direkt an den Geschmack gekoppelt, da sich diese gegenseitig beeinflussen. Aber nicht nur Bäckereien, Kaffeeanbieter oder ähnliche Marken können „dufte Markenführung“ betreiben. Schließlich empfinden wir bei angenehmem Geruch den Verkaufsort als attraktiver, die Mitarbeiter als freundlicher und das Preis-Leistungs-Verhältnis als günstiger. Die Kunden sind zufriedener und der Umsatz kann um bis zu sechs Prozent gesteigert werden (Quelle: Marken binden Sinne ein, creditreform 8/2006). So nutzte der East Midland Airport in England olfaktorisches Branding. Wie bitte riecht ein Flughafen? Im Sommer nach Sonnenöl, im Winter nach Plätzchen. Und der Umsatz stieg.

Tasten: Unterschätzt wird der Einfluss der Haptik auf die Markenwahrnehmung und -erinnerung. Dies mag an nicht unumstrittenen Forschungsergebnissen liegen. Denn angeblich nehmen wir nur 1,5 Prozent aller Reize fühlend wahr. Neue Untersuchungen tun diese Zahl als völlig unzureichend ab. Schließlich sind wir über die Haut permanent in Kontakt zur Außenwelt. Auch können wir selbst oft gar nicht beurteilen, ob sich eine bestimmte Marke für uns „gut anfühlt“. Der unklaren Datenlage soll jetzt mit völlig neuen Messmethoden Abhilfe geschaffen werden. Anhand von Körperspannung und Schweißausstoß kann ohne Nachfragen nachgewiesen werden, wie gerne wir Dinge berühren – nicht nur Markenartikel. Freuen wir uns auf eine Gefühl-volle Zukunft!

Externer Kontakt: Julian Schäfer ist Geschäftsführender Gesellschafter der Agentur Ideenhaus Marken.Wert.Design in Nürnberg (www.ideenhaus.de).
 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 10|2010, Seite 26

 
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