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Internet

Der digitale Tod

Internet-Nutzer hinterlassen vielfältige berufs- und firmenbezogene Daten in sozialen Netzwerken und anderen Online-Plattformen. Doch was passiert mit den Daten, wenn der Nutzer stirbt? Von Akos Molnar und Tina Schreiber

E-Mail-Konten, Nutzerprofile bei sozialen Netzwerken und Online-Spielen, Blogs, eigene Homepages, Online-Adressbücher und digitale Fotoalben: Überall hinterlassen Internet-Nutzer Spuren, die unter Umständen nur schwer aus dem Netz zu entfernen sind. So bleiben viele Fotoalben, Bilder, Blogs etc. dauerhaft im Netz bestehen. Wie geht man als Angehöriger und Freund, aber auch als Unternehmen nach dem Tod eines Internet-Nutzers mit diesem „digitalen Nachlass“ um? Diese Frage rückt erst allmählich in den Blickpunkt.

Verstirbt ein Internet-Nutzer, ohne Hinweise zu hinterlassen, was mit den Profilen und Nutzerkonten geschehen soll, können für Hinterbliebene viele Unklarheiten bestehen. Es ist für sie möglicherweise schwer nachvollziehbar, bei welchen Netzwerken die verstorbene Person registriert war. Hinterbliebene wissen oftmals nicht, welchen Umgang sich der Verstorbene mit seinen Profilen und Nutzerkonten gewünscht hätte, gleichzeitig dürften Unternehmen ein Interesse daran haben, dass Business-Profile von verstorbenen Mitarbeitern zügig deaktiviert werden.

Zudem werden, da der Datenschutz grundsätzlich mit dem Tod endet, personenbezogene Daten nach dem Tod eines Nutzers nicht mehr datenschutzrechtlich geschützt. Umso dringlicher kann sich daher die Frage stellen, wie mit diesen Daten nach dem Tod des Internet-Nutzers umgegangen wird.

Sofern der Verstorbene kein gültiges Testament hinterlassen hat, treten die gesetzlichen Erben grundsätzlich in dessen Rechtstellung ein. Der Umgang mit den Inhalten, die in den Nutzerkonten und Profilen enthalten sind, hängt jedoch – trotz Legitimation durch einen Erbschein – maßgeblich von den Nutzungsbedingungen der jeweiligen Plattform ab. Sofern nach den Allgemeinen Geschäftsbedingungen ein Zugriff der Erben auf die Daten des Verstorbenen nicht vorgesehen ist, müssten die Hinterbliebenen im Extremfall ihr Anliegen, Zugriff auf Nutzerkonten oder Profile zu erhalten, im Klagewege durchsetzen.

Legitimation

Allerdings genügt einigen Anbietern der Erbschein als Legitimation, um den Erben Zugang zu den Profilen und Nutzerkonten zu gewähren oder die Hinterbliebenen zumindest entscheiden zu lassen, was damit geschehen soll. Diese haben die Möglichkeit, die Profile und Nutzerkonten zu löschen, abzuändern oder – sofern möglich – in einen Gedenkstatus versetzen zu lassen.

Eine solche Vorgehensweise der Profilbetreiber bedeutet für Unternehmen, dass sie auf Hinterbliebene und Freunde angewiesen sind, um Profile und Nutzerkonten zu deaktivieren oder zu löschen. Diese Situation kann für das Unternehmen unangenehm sein, wenn sie die Löschung des betroffenen Profils wünschen, andererseits die Hinterbliebenen aber nicht belästigt werden sollen.

Fehlende Anhaltspunkte, ob ein Profil oder ein Nutzerkonto weiterbestehen soll, können für die Hinterbliebenen die Entscheidung über den „richtigen“ Umgang mit dem digitalen Nachlass erschweren. Ein Eindringen in die Privatsphäre des Verstorbenen durch Einloggen in Nutzerkonten oder Profile kann für die Hinterbliebenen durchaus unangenehme Erkenntnisse bringen. Ein Zugriffsrecht der Unternehmen auf die Profile der Mitarbeiter ist oft nicht gewünscht und dürfte problematisch sein, da bei Business-Plattformen regelmäßig geschäftliche mit privaten Interessen vermischt sind. Allerdings besteht für Unternehmen beim Zugriff der Hinterbliebenen auf die Profile die Gefahr, dass vertrauliche bzw. firmeninterne Informationen zumindest gelesen werden können. Um unangenehme Situationen zu vermeiden, sollten sich private Internet-Nutzer, aber auch Unternehmen, frühzeitig über den Umgang mit dem „digitalen Nachlass“ von Mitarbeitern Gedanken machen.

Hierfür bieten sich im Wesentlichen folgende Alternativen an: Zum einen gibt es mehrere Online-Anbieter, die dem Internet-Nutzer für die Bekanntmachung und Durchsetzung seines letzten (digitalen) Willens zur Verfügung stehen. Der Internet-Nutzer kann seinen Nutzernamen und Passwörter hinterlegen und bestimmen, ob sein Profil oder Nutzerkonto gelöscht oder beispielsweise in einen Gedenkstatus versetzt werden soll. Ebenso kann er verfügen, dass Nachrichten und Bilder von ihm zu einem bestimmten Zeitpunkt nach dem Tode an Freunde und Verwandte versendet werden.

Zum anderen bietet sich eine „digitale Vorsorgevollmacht“ an, die in einem Bankschließfach, bei einem Freund oder auch – soweit das Unternehmen betroffen ist – bei diesem hinterlegt ist. In einer „digitalen (Vorsorge)-Vollmacht“, mit der man am besten mehrere einzelbevollmächtigte Freunde oder Verwandte (etwa mittels einer Rangliste) benennt, sollten alle wichtigen Nutzerkonten oder Profile samt den Zugangsdaten dokumentiert sein. Ferner sollte in der Vollmacht geregelt sein, wie mit dem jeweiligen Nutzerkonto oder Profil für den Fall des Ablebens, der schweren Erkrankung – die keine willentliche Äußerung mehr erlaubt – bzw. für den Fall des Verlusts der Geschäftsfähigkeit zu verfahren ist. Wie beim Testament sollte diese Vollmachtsurkunde eigenhändig geschrieben und unterzeichnet, im besten Falle sogar notariell beglaubigt sein.

 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 11|2010, Seite 37

 
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