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Energieeffizienz

Die Informationstechnik wird grün

Viele Unternehmen unterschätzen den hohen Energieverbrauch ihrer Informationstechnologie. Wie kann man die Kosten senken?

Die Informations- und Kommunikationstechnologie (IKT) hat in vielen Branchen technische Quantensprünge ausgelöst und ist aus dem Geschäfts- und Privatleben nicht wegzudenken. Weltweit wachsen der Bedarf an Rechenzentren und Servern sowie die Zahl der PCs. Die Kehrseite dieser Entwicklung ist allerdings der schier unstillbare Energiehunger der IKT-Geräte und Infrastrukturen: Ihr Betrieb verursachte 2007 mit 2,1 Milliarden Tonnen etwa zwei Prozent der globalen Kohlendioxid-Emissionen. Im selben Jahr lag der IKT-bedingte Stromverbrauch in Deutschland bei rund 55 Terawattstunden (TWh), das sind 55 Milliarden Kilowattstunden – 45 Prozent mehr als 2001- , immerhin rund ein Zehntel des gesamten deutschen Stromverbrauchs. Laut Umweltbundesamt haben allein deutsche Server und Rechenzentren 2008 10,1 TWh Strom für rund 10,1 Milliarden Euro verbraucht. In einem Business-as-usual-Szenario werden es im Jahr 2013 fast 15 TWh sein.

Nur eine deutlich verbesserte Energieeffizienz kann diesen Trend bremsen – zum Wohl der Umwelt und zur Kostenentlastung der Unternehmen. Der Begriff „Green IT hat sich deshalb längst aus der Öko-Nische befreit. Die Kernfrage, wie durch den Einsatz moderner Hard- und Software der Energieaufwand bei steigenden Anforderungen gleichbleiben oder sogar sinken kann, beschäftigt immer mehr Betriebe. In den letzten Jahren habe die Bereitschaft der Unternehmen, sich mit Green IT zu befassen, stark zugenommen, berichtet Dr. Robert Schmidt, Leiter des Geschäftsbereichs Innovation | Umwelt der IHK Nürnberg: „Es geht hier nicht um Beträge, die aus der Portokasse zu bestreiten sind.“ Zur Illustration der Größenordnung: Der Energieverbrauch des Datev-Rechenzentrums liegt bei 14 Millionen Kilowattstunden pro Jahr, so Helmut Stark, Gruppenleiter Systemdesign Zentrale Systeme der Datev eG.

Vor dem Hintergrund steigender Energiekosten wächst der Informationsbedarf der Unternehmen in Sachen Green IT. Indikator dafür war die gute Resonanz auf das Fachforum „Green IT – Kosten und Energie sparen in der Informationstechnik“, das die IHK Nürnberg Ende September organisiert hat. Zu den Referenten des Fachforums gehörte Hans Jordan von der Finanz Informatik Technologie Service GmbH & Co. KG. Der IT-Dienstleister für Unternehmen aus dem Finanzsektor betreibt in Nürnberg zwei Rechenzentren; deren Energieverbrauch hat in den letzten zehn Jahren stark zugenommen, der Strompreis hat sich im selben Zeitraum fast verdoppelt. Das Unternehmen zog deshalb alle Register, um den Energiehunger ihrer Rechenzentren zu zügeln: Virtualisierung von Rechnersystemen, Energie- und Lastmanagement, Optimierung der IT-Infrastruktur durch einen Kalt-Warmgang, bauliche und technische Maßnahmen sowie Qualifizierung von Mitarbeitern (unter anderem zum Energiemanager IHK).

Durch diese Aktivitäten senkte die Finanz Informatik Technologie Service in ihren Nürnberger Rechenzentren den PUE-Faktor von 2,3 auf 1,7. Diese Kennzahl (Power Usage Effectiveness) zur Beurteilung der Energieeffizienz gibt das Verhältnis von der Energieaufnahme der Rechner mit der insgesamt im Rechenzentrum verbrauchten Energie wieder; der erreichbare Spitzenwert liegt bei 1,35.

Energieeffizienz in der EDV hat auch für die Datev eG einen hohen Stellenwert. Der IT-Dienstleister für Steuerberater, Wirtschaftsprüfer, Rechtsanwälte und deren Mandanten startete Anfang 2008 ein Green-IT-Projekt; zum Team gehören IT-Fachleute aus allen Bereichen, Klimatechniker und der Umweltbeauftragte der Genossenschaft. „Gerade dieses abteilungsübergreifende Herangehen hat entscheidend zum Erfolg beigetragen“, betont Umweltbeauftragter Harald Oelschlegel. Die Datev eG steht wie andere Unternehmen bei den Serversystemen vor dem Problem, dass immer mehr Anwendungen und Serviceangebote ein starkes Wachstum bei Windows- und Linux-Servern bedingen. Die stark steigende Leistungsfähigkeit der Komponenten treibt den Stromverbrauch in die Höhe, wodurch wiederum der Klimatisierungsbedarf steigt. Immerhin bedarf es – so die Faustformel – für jede Kilowattstunde IT-Leistung eine halbe Kilowattstunde für die Kühlung. Die Datev setzt auf die Konsolidierung bzw. Virtualisierung von Serversystemen. Letzteres heißt verkürzt: Software ersetzt Hardware. Ziel ist es, durch Zusammenführung auf leistungsstarke Systeme Hardwareeinsatz und Stromverbrauch zu reduzieren.

Ein wichtiger Bestandteil einer Green-IT-Strategie ist die Optimierung der IT am Arbeitsplatz. Die Datev macht beispielsweise gute Erfahrungen mit dem Einsatz von Thin Clients: Rechnerintensive Anwendungen werden über ein Netzwerk von einem zentralen Rechner (Fast Client) ausgeführt, während die Arbeitsplätze der Nutzer hauptsächlich der Ein- und Ausgabe von Daten dienen. Die Energiebilanz der Thin Clients fällt um rund 50 Prozent besser als die eines herkömmlichen PCs. Mehr als 900 kommen bei der Datev eG bereits als stationäre Lösungen zum Einsatz.

Nach Schätzungen der Deutschen Energie-Agentur (dena) lassen sich im Rechenzentrum bis zu 75 Prozent der Energiekosten einsparen – wenn das komplette Arsenal der Energieeffizienzmaßnahmen ausgeschöpft wird. Davon sind die meisten Unternehmen allerdings noch weit entfernt. Zwar wächst die Aufgeschlossenheit für das Thema Green IT, aber noch liegen viele Sparpotenziale brach. Ein Grund dafür sind häufig Interessenskonflikte: Für den Einkauf stehen möglichst niedrige Anschaffungskosten im Vordergrund, nicht die Kosten über den gesamten Lebenszyklus. Die Prioritäten der IT-Verantwortlichen liegen auf Versorgungssicherheit („Never touch a running system“) und Leistungsfähigkeit. Die Energiekosten in den Griff zu bekommen, ist wiederum die Sorge des Facility bzw. Energie-Managements. „Diese komplexe Gemengelage unterschiedlicher Interessen auszubalancieren, ist eine echte Herausforderung für das Management“, betont Robert Schmidt.

Mitarbeiter einbeziehen

Beim 2008 gestarteten Projekt „Think green“ der Cortal Consors BNP Paribas war den Mitarbeitern ein entscheidender Part Schlüsselrolle zugedacht, um den Stromverbrauch am Standort Nürnberg zu senken. Eine Schlüsselrolle spielte dabei die Sensibilisierung der Belegschaft für den bewussten Umgang mit Energie, wie Guido Klenk auf dem IHK-Fachforum – ebenso ein erfolgreicher Absolvent des Praxistrainings zum Energiemanager IHK – berichtete. Sein Fazit: „Die beste technische Grundausrüstung kann erst mit der richtigen Handhabung die gewünschte Wirkung erzielen.“ Deshalb setzte das Projektteam der Direktbank auf einfache, aber wirkungsvolle Maßnahmen: Unter der Devise „Rechner aus“ sollte die Anzahl der PCs, die ohne Not im Dauerbetrieb liefen, deutlich gesenkt werden. An Kopierern, Plottern und anderen gemeinschaftlich genutzten Geräten wurden Zeitschaltuhren installiert. Der Energiebedarf für die Beleuchtung der Arbeitsplätze wurde durch ein verbessertes Konzept um ein Viertel gesenkt. In Summe kappte „Think green“ die Stromkosten von 2008 auf 2009 um 23 950 Euro. Für Robert Schmidt zeigt der Erfolg dieses Projekts, wie sehr es gerade beim Thema Green IT auf den „Faktor Mensch“ ankommt: „Das Abschalten der Gedankenlosigkeit zählt zu den wichtigsten Maßnahmen zur Steigerung der Energieeffizienz.“

Autor/in: 
Andrea Wiedemann
 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 11|2010, Seite 42

 
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