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Büroorganisation

Wie läuft es geordnet?

Die Gestaltung und Organisation von Büros hat sich in den letzten Jahrzehnten stark gewandelt. Was sind die aktuellen Trends? Von Andrea Wiedemann; Illustration: Anton Atzenhofer

Rund 16 Mio. Erwerbstätige arbeiten in Deutschland in einem Büro, das entspricht etwa der Hälfte aller Arbeitnehmer. Vor 50 Jahren lag dieser Anteil nur bei circa zehn Prozent. Wer diese Jahrzehnte Revue passieren lässt, kann eine Zeitreise durch die Bürowelten unternehmen: Sie führt durch lange Flure, deren Türen sich in Zweier-Zimmer öffnen („Zellenbüro“), in die Großraumbüros der 60er und 70er Jahre mit ihren Schreibsälen, die in den 80er Jahren meistens in kleine Einheiten zerlegt wurden, in „Kombi-Büros“, die die Isolation der Zellenbüros durch Kommunikationszonen durchbrechen. In den letzten zehn Jahren erlebte das sogenannte Open-Space-Büro einen Hype, das eine durchgehende Fläche mithilfe von Innenausstattung und Möblierung in einzelne Zonen gliedert.

Nicht nur das Aussehen der Büroräume hat sich völlig verändert: Der Einzug der Informations- und Kommunikationstechnologie in Gestalt von Computer, E-Mail und Internet hat auch die Arbeitsabläufe im Büro revolutioniert und rasant beschleunigt. Die Konstante im Wandel bleiben die Grundbedürfnisse der Menschen, die in den Büros arbeiten und die die Anforderungen an Akustik, Optik, Klima und Ergonomie festlegen.

Forscher der Hochschule Luzern (Schweiz) gingen der Frage nach, wie sich Bürotypen auf die Produktivität und das Wohlbefinden der Mitarbeiter auswirken. Etwa die Hälfte der Befragten fühlt sich von Geräuschen im Raum genervt; mehr als ein Drittel klagt über die Luftqualität. Dabei zeigte sich ein klarer Zusammenhang: Je größer die Büros, desto größer die Unzufriedenheit. Während sich im Einzelzimmer nur neun Prozent über Störungen beklagten, sind es in Büros mit mehr als 50 Personen fast 69 Prozent.

Unternehmenskultur beachten

Ist das Open-Space-Konzept also ein Modell, das nur die Chefs und die von ihnen beauftragten Planer glücklich macht, aber nicht die Belegschaft? Jürgen Schlag, Geschäftsführender Gesellschafter der Högner Büroeinrichtungszentrum GmbH in Nürnberg, kennt solche Vorbehalte. Das Dienstleistungsportfolio seiner Firma geht von der Belieferung mit Büromöbeln über den Umzugsservice bis zur Gesamtkonzeption von Bürogebäuden. Dabei spielen Analyse und Beratung eine wesentliche Rolle, denn ohne genaue Kenntnis der Unternehmenskultur und der Geschäftsprozesse des Auftraggebers sei keine erfolgreiche Planung machbar, wie Jürgen Schlag betont. „Es gibt nämlich keine Büroform, die für alle passt. Die Bedürfnisse sind je nach Unternehmen, je nach Abteilung und je nach Team unterschiedlich.“ Einheitslösungen hält der Högner-Geschäftsführer für völlig unangebracht: „Ein Büro ist wie ein Handschuh. Wenn er vom Fachmann maßgeschneidert ist, passt er wie angegossen. Sonst kneift und drückt er.“

Um die optimale „Passform“ zu erreichen, befassen sich Jürgen Schlag und sein Planungsteam gründlich mit dem Geschäftsmodell und der Wertschöpfungskette ihrer Auftraggeber. Er bietet seinen Kunden und deren Mitarbeitern auch Workshops an. Dabei macht er häufig die Erfahrung, dass das traditionelle „Zellenbüro“ mit zwei Schreibtischen auf der Beliebtheitsskala der Teilnehmer zunächst ganz oben steht. „Meistens kommt dann noch der Satz: ‚Aber die Tür soll offen bleiben, weil wir was mitbekommen wollen‘ „, berichtet Jürgen Schlag. Dieser Wunsch nach Kommunikation sei der Ansatzpunkt, die Aufgeschlossenheit für neue Konzepte zu wecken.

Genau hierin besteht Herausforderung der zeitgenössischen Bürogestaltung: Die Arbeitswelt des 21. Jahrhunderts funktioniert nur dann, wenn die Geschäftsprozesse schnell und effizient ablaufen. Dies setzt voraus, dass interne Kommunikation – sowohl institutionalisiert als auch informell – klappt und Teamarbeit sowie abteilungsübergreifende Kooperation problemlos zu verwirklichen sind. Gleichzeitig muss die Infrastruktur konzentriertes Arbeiten allein oder in Kleingruppen ermöglichen und die Individualität der Mitarbeiter respektieren. Diese scheinbare Quadratur des Kreises zu meistern, gelingt (noch) wenigen Unternehmen.

Das Wechselspiel zwischen Kommunikation in der Gruppe und Rückzug für konzentrierte Solo-Arbeit , betrachtet auch Hans Hartmann-Thoma, Geschäftsführender Gesellschafter der Hartmann-Thoma plan werk GmbH in Nürnberg, als zentrale Maxime einer Bürogestaltung, die sowohl den Interessen der Unternehmen als auch den Bedürfnissen ihrer Mitarbeiter gerecht wird. Er fasst die Anforderungen an die „neue Arbeitswelten“ plakativ mit den „vier K‘s“ zusammen: Konzentration, Kommunikation, Kreation und Kaffee. Während die ersten beiden „K‘s“ intuitiv einleuchten, erklärt Hans Hartmann-Thoma eingehend, was „Kreation“ und „Kaffee“ bedeuten sollen: „Kreation“ heißt für ihn vor allem, dass Mitarbeiter (Raum-)Angebote bekommen, in denen ihnen ein Kontrastprogramm zur Schreib- und Denkarbeit den Kopf für neue Ideen freimacht. Der „Klassiker“ wäre der Kicker, aber auch Punching-Bälle, Carrera-Bahnen oder Musik erfüllen diesen Zweck. „Kaffee“ geht im Ansatz des Nürnberger Planers weit über die Einrichtung einer Etagenküche hinaus: Für Hartmann-Thoma steht das vierte „K“ für das Anliegen, dass die physischen Bedürfnisse der Mitarbeiter im Büro nicht zu kurz kommen. Ein einfaches, aber wirkungsvolles Beispiel: der Obstkorb in der Pausenzone.

In der Arbeit von Hartmann-Thoma spielt Nachhaltigkeit eine wichtige Rolle. In seinen Projekten erarbeitet er mit seinem Team Lösungen, wie Unternehmen ökologische, ökonomische und soziale Interessen berücksichtigen können. Für eine Veranstaltung am 18. November hat er vier renommierte Referenten nach Nürnberg gewonnen, die sich mit der nachhaltigen Gestaltung von Gebäuden und Arbeitswelten beschäftigten. Zu ihnen gehören Stefan Rief, der am Fraunhofer-Institut IAO das Verbundprojekt „Office 21 – Zukunft der Arbeit“ leitet, und der Architekt Jürgen Bisch. Er ist der Architekt der neuen Zentrale der VR-Bank Nürnberg, die derzeit am Milchhofgelände entsteht. Die Genossenschaftsbank setzt für ihr Verwaltungshochhaus auf nachhaltiges Bauen. Die Zentrale, die aus einem elf- und einem sechsstöckigen Gebäude besteht, will Mitarbeitern und Kunden eine „Wohlfühlumgebung“ bieten. Die Umwelt profitiert von energieeffizienter Gebäudetechnik, die gleichzeitig Ressourcen schont und dem Anstieg der Energiekosten vorbeugt. Kunden- und Mitarbeiterorientierung soll sich in der Gestaltung der Arbeitswelt widerspiegeln, wie Hans Hartmann-Thoma ankündigt, dessen Unternehmen beim Neubau der VR Bank der Projektleiter ist.

Innovative Prozesse

Bei der Büroorganisation spielen aber nicht nur Gebäude und Räume eine wichtige Rolle, sondern auch die Verbesserung von Geschäftsprozessen. Die in Nürnberg ansässige Saueracker GmbH & Co. KG hat E-Procurement-Lösungen entwickelt, die die Effizienz erheblich steigern können. „Die Grundidee ist, dass wir unseren Kunden zeitraubende Arbeit abnehmen“, fasst Geschäftsführer Hans J. Schüttlöffel das Konzept zusammen. „Wir differenzieren uns im Markt über unsere Dienstleistung.“ Saueracker bietet eine Lösung für den kompletten Beschaffungsprozess der sogenannten C-Artikel wie Büromaterial, die für das Funktionieren eines Betriebs notwendig sind, aber nur einen geringen Wert haben. Deshalb sind C-Artikel preismäßig zwar Leichtgewichte im Einkaufsportfolio, verursachen aber überproportionalen Aufwand, sprich: Prozesskosten. Im eigens für sie eingerichteten Webshop können Unternehmen ihre C-Artikel ordern und bekommen ihre Bestellung „frei Haus“ geliefert. Wie Geschäftsführerin Birgit Holzmann berichtet, nehmen immer mehr der Unternehmen und Institutionen in der Metropolregion diesen Service in Anspruch. Dieses Geschäftsfeld Business-to-Business („B2B“) ist mit rund der Hälfte des Umsatzes die wichtigste Säule des Familienunternehmens; weitere Geschäftsfelder sind der Bürofachmarkt sowie die Büroinformationstechnik (Kopier-, Fax- und Drucktechnik). Auch hier, so die Beobachtung von Hans J. Schüttlöffel, wächst die Tendenz zum Outsourcing: Saueracker bietet zum Beispiel das Konzept „Paper Output Management“, eine umfassende Lösung für das Drucken im Büro: Mit dem Kunden wird ein individuell kalkulierter Seitenpreis vereinbart, über den alle Leistungen und Geräte für den Ausdruck abgegolten sind. Nur die Stromrechnung muss der Kunde selbst übernehmen.

 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 11|2010, Seite 28

 
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