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Ausfall des Geschäftsführers

Wer hält das Steuer?

Wenn der Chef durch Krankheit oder Tod ausfällt, kann das für den Betrieb existenzgefährdend werden. Wie sorgt man rechtzeitig vor? Von Dr. Gerald Schüssel

Wenn der Chef durch Krankheit oder Tod ausfällt, kann das für den Betrieb existenzgefährdend werden. Wie sorgt man rechtzeitig vor? Von Dr. Gerald Schüssel

Stellen Sie sich vor, Sie fahren in einem Autobus mit, der Fahrer bricht während der Fahrt zusammen und niemand hat den Mut, schnell und beherzt ins Lenkrad zu greifen. Eine solche Fahrt wird schnell enden, das ist sicher. Die Frage ist höchstens, ob sie ein glimpfliches oder tragisches Ende nehmen wird. Viele kleine und mittlere Unternehmen, die inhabergeführt sind, können in eine vergleichbare Situation kommen. Denn sie haben nicht für den Fall vorgesorgt, dass der Unternehmenslenker ausfällt.

Der Inhaber hat die Firma gegründet, über Jahrzehnte ausgebaut und durch Höhen und Tiefen geführt. Keiner kennt den Betrieb besser als "der Chef“, der ihn hauptverantwortlich leitet. Das hat viele Vorteile: Kurze Entscheidungswege, wenig Abstimmungsbedarf und schnelle Reaktionsgeschwindigkeit. Doch das, was bisher eine der Stärken des Unternehmens war, kann bei einem unerwarteten Ausfall des "Fahrers“ schnell zum größten Problem werden.

Hilfe von außen

Hat ein Unternehmer nicht vorgesorgt und fällt er dennoch für einen längeren Zeitraum oder dauerhaft aus, kann die Lücke oft nur durch den Einsatz externer Kapazitäten geschlossen werden. Es kommen übergangsweise eingesetzte Geschäftsführer (Interim-Geschäftsführer) zum Einsatz, die dafür sorgen, dass der "Bus“ nicht sofort von der Straße abkommt.

Im Ernstfall muss alles sehr schnell gehen, denn viele Unternehmen sind ohne Chef teilweise oder vollständig handlungsunfähig. In der Praxis jedoch steht oft alles still, weil es der Inhaber an der nötigen Vorsorge fehlen ließ. Bevor man sich den ersten konkreten geschäftlichen Schritten widmen kann, stehen dann erst einmal langwierige rechtliche Klärungen an. Vielfach wird auch verzweifelt nach einem Testament gesucht. So lange aber nicht eindeutig geklärt ist, wer überhaupt befugt ist, einen Geschäftsführer einzusetzen, kann niemand diese Funktion übernehmen. Denn sonst würde unter Umständen die "Geschäftsführung ohne Auftrag“ ausgeübt, was beträchtliche Haftungsrisiken nach sich zieht.

Deshalb kann man allen Unternehmern nur raten, sowohl für den längerfristigen, als auch für den endgültigen Ausfall durch unheilbare Krankheit oder Tod vorzusorgen. Das kann geschehen durch entsprechende Handlungsvollmachten, angepasste Gesellschaftsverträge, Stimmrechtsübertragungen und/oder durch ein eindeutiges Testament. Denn gerade in Familienunternehmen ist die Erbensituation oft sehr unklar und das Unternehmen wird durch eine Pattsituation oder eine handlungsunfähige Erbengemeinschaft blockiert.

Profil des Geschäftsführers auf Zeit

Sind diese Aufgaben erledigt, sollte sehr schnell ein Anforderungsprofil erstellt werden, mit dem man an Agenturen oder Berater herantreten kann, um eine personelle Übergangslösung anzugehen. Die Geschäftsführer auf Zeit sollten ausnahmslos Personen sein, die über Erfahrung in Geschäftsführungspostionen und ein entsprechend breit angelegtes kaufmännisches Know-how und ein hohes kommunikatives Geschick verfügen. Sie müssen schnell verfügbar sein und so dem Unternehmen die Zeit verschaffen, die benötigt wird, eine passende, tragfähige und nachhaltige Vertretungs- oder Nachfolgelösung zu finden.

Vielfach gibt es eine psychologische Hürde, einen fremden Interim-Geschäftsführer einzusetzen. Dahinter steckt die Angst, das Ruder aus der Hand zu geben. Handelt der Vertreter in meinem bzw. unserem Sinne, so die häufige bange Frage der Familienmitglieder. Kann er einfach mit dem Geld der Firma tun und lassen, was er will? Hat er ein Interesse an einer nachhaltigen Führung des Unternehmens? Um diese berechtigten Fragen zu klären, sollte ein Kandidat schon vor dem Ernstfall ausgewählt werden. Dann muss das betroffene Unternehmen auf keinen Fremden zurückgreifen und der Kandidat hat genügend Zeit, das Unternehmen und seine Philosophie kennen zu lernen.

Eine zweite große Aufgabe ist es, Unternehmensgrundsätze, Strategie und konkrete operative Handlungsanweisungen schriftlich festzulegen. Dies alles wird dem Interim-Geschäftsführer als Leitlinien an die Hand gegeben.

Der dritte Bereich ist die vertragliche Gestaltung der Zusammenarbeit. Der "Externe“ kann die Geschäftsführungsfunktion auch ausüben, ohne direkt angestellt zu sein, was den Verwaltungsaufwand deutlich reduziert. Da er aber als Geschäftsführer nach außen immer voll vertretungsbefugt ist, können und sollten die Befugnisse im Innenverhältnis deutlich eingeschränkt und definiert werden. Ein hilfreiches und ergänzendes Steuerungsinstrument ist ein Beirat. Diesem können Eigentümer und/oder Erben ebenso angehören wie Personen des Vertrauens (Rechtsanwälte, Steuerberater, Unternehmensberater etc.). Der Interim-Geschäftsführer kann vertraglich dazu verpflichtet werden, über bestimmte Umstände des Alltagsgeschäftes laufend zu informieren. Diese Informationspflicht kann unter den gegebenen Umständen deutlich über dem üblichen Maß der Informationspflicht für einen Geschäftsführer liegen. Zu viel Vorsicht kann sich aber auch negativ auswirken, wenn der Interim-Geschäftsführer die meiste Zeit damit verbringen muss, zu dokumentieren und zu informieren.

Entscheidungsmacht mit Grenzen

Neben den Informationspflichten legen die Parteien auch fest, wann der Interim-Geschäftsführer die Zustimmung des Beirates und/oder der Eigentümer einzuholen hat. Ein derartiger Vertrag sollte unbedingt mit einem im Arbeits- und Gesellschaftsrecht erfahrenen Anwalt aufgesetzt werden, denn jedes Unternehmen erfordert individuelle vertragliche Lösungen.

Durch die genannten Maßnahmen wird sichergestellt, dass das Unternehmen im Sinne des Gründers, der Eigentümer oder der Erben weiter geführt wird. Der Interim-Geschäftsführer ist damit ein optimales Instrument, um eine Nachfolgelösung nicht überhastet treffen zu müssen und den Bus nicht an die Wand zu fahren.

 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 03|2011, Seite 18

 
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