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Tunesien und Ägypten

Zeitenwende in Nordafrika

Die demokratischen Revolutionen müssen durch eine positive wirtschaftliche Entwicklung abgesichert werden. Die Auslandshandelskammern unterstützen mit Projekten. Von Felix Neugart

Die demokratischen Revolutionen müssen durch eine positive wirtschaftliche Entwicklung abgesichert werden. Die Auslandshandelskammern unterstützen mit Projekten. Von Felix Neugart

In Tunesien und Ägypten eröffnet sich jetzt die Chance für eine langfristige Stabilität. Entscheidend sind dafür Regierungen, die durch freie Wahlen legitimiert sind, und die Bekämpfung der Strukturprobleme. Aufgrund der unterschiedlichen Rahmenbedingungen ist die Entwicklung der beiden Länder nicht einfach auf ihre Nachbarstaaten übertragbar.

Die Schritte der wirtschaftlichen Öffnung, die Ägypten und Tunesien in den letzten Jahren ein solides Wirtschaftswachstum und hohe ausländische Direktinvestitionen beschert haben, dürfen nicht zurückgenommen werden. Weitere Reformschritte in diesem Bereich sind jedoch in den nächsten Monaten nicht zu erwarten. Wichtig ist, dass ein großer Teil der Bevölkerung an der wachsenden Wirtschaftsleistung beteiligt wird und Bürokratie und Korruption bekämpft werden.

Tourismus muss weitergehen

Damit sich die Tourismusindustrie wieder erholen kann, ist es entscheidend, dass die Reisewarnungen aufgehoben werden. In Tunesien erwirtschaftet der Tourismus sieben Prozent des Bruttoinlandsproduktes; in Ägypten hängt jeder achte Arbeitsplatz vom Tourismus ab. Die schwierige Lage der Tourismusbranche in beiden Ländern wird durch eine aktuelle Umfrage der Nürnberger GfK Retail and Technology bestätigt: Demnach hat ein Großteil der deutschen Urlauber seine bereits geplanten Reisen nach Ägypten und Tunesien storniert, und auch die Nachfrage für die Sommermonate bricht in den ersten Wochen des Jahres spürbar ein. 

Die deutschen Auslandshandelskammern (AHKs) in Ägypten und Tunesien unterstützen den politischen Reformprozess. Konkrete Projekte sind bei Aus- und Weiterbildung, Vermittlung von Fachkräften und Existenzgründung denkbar – vor allem vor dem Hintergrund der hohen Arbeitslosigkeit vor Ort, insbesondere bei jungen Leuten. Die AHK Tunesien plant darüber hinaus im Frühjahr eine Roadshow bei zehn IHKs in Deutschland, um interessierten Unternehmen die Investitionsbedingungen und Marktchancen zu erläutern. 

Länder mit großen Unterschieden

Ob Tunesien, Ägypten, Libyen, Jordanien oder Jemen: Die Ursachen der Unzufriedenheit in der Bevölkerung sind vergleichbar. Strukturelle Probleme wie hohe Arbeitslosigkeit (insbesondere unter jungen Leuten), Nepotismus und Korruption sind in allen Staaten der Region ausgeprägt und haben ein hohes Konfliktpotenzial geschaffen. Dabei sollte jedoch nicht vergessen werden, dass die Rahmenbedingungen in den Staaten der Region höchst unterschiedlich sind.

Die meisten deutschen Unternehmen in Ägypten haben ihre Arbeit wieder aufgenommen. Die zeitweise beeinträchtigte Logistik normalisiert sich wieder. Während manche der vor Ort ansässigen Unternehmen geplante Investitionen durchführen werden, warten andere die Entwicklung des politischen Umfelds ab. Streiks werden bisher nur von staatlichen Unternehmen gemeldet.

Zahlreiche Geschäftskontakte

In Ägypten produzieren rund 80 deutsche Unternehmen vor Ort, von der Gasförderung über die Automobilzulieferung bis zur Produktion von Sanitärmöbeln. Deutschland ist mit einem Anteil von acht Prozent nach den USA und China das drittwichtigste Lieferland Ägyptens. Deutschland führte im Jahr 2010 Waren im Wert von fast drei Mrd. Euro nach Ägypten aus und importierte im Wert von 950 Mio. Euro.

Die in Tunesien ansässigen deutschen Unternehmen sind mit wenigen Ausnahmen zur Normalität zurückgekehrt. Vereinzelt werden neben Problemen in der logistischen Abwicklung Konflikte mit der tunesischen Arbeitnehmerschaft und wilde Streiks gemeldet. In Tunesien sind 280 deutsche Unternehmen ansässig, die vor allem im Offshore-Bereich, in der Textil- und Elektronikproduktion sowie in der Automobilzulieferung tätig sind. Deutschland ist nach Frankreich und Italien das drittwichtigste Lieferland Tunesiens. Die deutschen Ausfuhren in das Land beliefen sich 2010 auf 1,6 Mrd. Euro und die Einfuhren auf 1,4 Mrd. Euro.

 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 03|2011, Seite 14

 
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