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Ruhestandsplanung

Wie erntet man die Früchte der Arbeit?

Unternehmer setzen den Kapitalbedarf für ein sorgenfreies Leben im Alter häufig zu niedrig an. Aspekte wie Inflation, Besteuerung, Pflegekosten und Lebenserwartung werden nicht ausreichend berücksichtigt. Von Udo Heißwolf

Wenn Unternehmer und Selbstständige ihren Ruhestand finanziell planen, setzen sie häufig in hohem Maße auf den Gewinn, den sie sich aus dem Verkauf ihres Unternehmens erhoffen. Hier gibt es allerdings einige Unwägbarkeiten, die in vielen Fällen nicht ausreichend bedacht werden: Der Zeitaufwand für die Gestaltung der Übergabe bzw. des Verkaufs, den man mit mindestens drei bis fünf Jahren ansetzen muss, wird erfahrungsgemäß unterschätzt. Dementsprechend beginnen viele Unternehmer ihre Planungen zu spät. Überschätzt werden dagegen die Zahl der Kaufinteressenten und die Höhe des Verkaufserlöses. Wer sich also hauptsächlich auf die Erlöse aus dem Unternehmensverkauf verlässt, ist schlecht beraten.

Vor- und Nachteile von Immobilien

Der weitaus bessere Weg ist es, schon sehr früh die Finanz- und Vermögensplanung anzugehen, sodass man sich weitere beruhigende Säulen der Ruhestandsfinanzierung aufbaut und nicht völlig von der Versilberung des Betriebes abhängig ist. Eine wichtige Säule sind selbstgenutzte oder vermietete schuldenfreie Immobilien. Doch auch das „Betongold“ wartet mit Fallstricken auf: So manches Objekt ist nicht mehr auf der Höhe der Zeit und hat dringenden Sanierungsbedarf (z.B. Dämmung, Heizung, Türen, Fenster, Küche, Dach usw.). Auch technische Neuerungen, die bei Neubauten selbstverständlich sind, sorgen dafür, dass der Wertunterschied zwischen Alt- und Neubauten immer größer wird: Waren die Quadratmeterpreise bis vor etwa zehn Jahren nahezu gleich, so laufen nun die Preise für hochwertige Neubauten den Preisen für Altbauten davon. Das bedeutet für die Ruhestandsplanung: Häufig erbringen die Immobilien nicht die erhofften Erlöse aus Vermietung oder Verkauf, auch die Renovierungs- und Unterhaltskosten für selbstgenutzte Immobilien fallen oft höher aus als angenommen.

Zu beachten ist auch, dass sich die Altersversorgung von Beamten, Angestellten oder Arbeitern auf der einen und von Unternehmern auf der anderen Seite stark unterscheidet: Während die einen ihre Pensionen, Renten und Bezüge lebenslang erhalten, haben die anderen bis zum Beginn ihres Ruhestandes ein bestimmtes Vermögen (u.a. aus Unternehmens- oder Immobilienverkauf, einer ausgezahlten Lebensversicherung oder einem Wertpapier-Depot) aufgebaut, aus dem sie ihre Versorgung bestreiten müssen. Nicht in allen Fällen steht ihnen eine betriebliche Altersversorgung mit entsprechenden Pensionszusagen zur Verfügung. Aus dem Vermögen – einem festen Betrag – werden nun monatliche Entnahmen vorgenommen. Aus der Höhe des Kapitalstocks, dessen Verzinsung sowie den monatlichen und auch einmaligen Entnahmen (für Anschaffungen, Renovierungen usw.) ergibt sich, wie lange der Kapitalstock reicht. Das bedeutet, der Unternehmer hat nicht automatisch eine lebenslange Versorgung (mit Ausnahme einer eventuellen Pensionszusage) wie Mitglieder der gesetzlichen Rentenversicherung, sondern eine endliche Versorgung.

Längere Lebenserwartung

Deshalb kommt dem Aspekt der längeren Lebenserwartung bei der finanziellen Planung eine entscheidende Bedeutung zu: Laut Statistischem Bundesamt kann ein heute 60-jähriger Mann auf 21,5 und eine 60-jährige Frau auf sogar 25 Rentenjahre hoffen. Und diese zwei Jahrzehnte bzw. das Vierteljahrhundert wollen finanziert werden.

Ein Beispiel: Ein Unternehmer erzielt durch den Unternehmensverkauf einen Betrag nach Steuern von 450 000 Euro. Er legt diesen Betrag mit einer Verzinsung von zwei Prozent an. Daraus könnte er 20 Jahre lang monatlich (vor Abgeltungssteuer) 2 271 Euro (mit Kapitalverzehr) entnehmen, dann wäre das Kapital verbraucht. Daran sieht man, dass der Verkaufserlös allein kaum für einen sorgenfreien und angenehmen Ruhestand ausreicht. Selbst ein doppelt so hoher Erlös von 900 000 Euro wäre nicht ausreichend. Denn auch die Aspekte Steuern und Inflation, durch die die erwarteten Einkünfte noch einmal wesentlich geschmälert werden, müssen in die Berechnung einbezogen werden. Einerseits werden Kapitaleinkünfte mit der 25-prozentigen Abgeltungssteuer belastet und andererseits sind gemäß Alterseinkünftegesetz (AEG) Einkünfte aller drei Schichten unterschiedlich zu versteuern. Die drei Schichten der Altersvorsorge sind Basis-Versorgung (u.a. gesetzliche Rentenversicherung, Rürup-Rente), Zusatzversorgung (v.a. Riester-Rente, betriebliche Versorgung) und private Versorgung (v.a. private Rentenversicherung).

Inflation häufig unterschätzt

Stark unterschätzt wird der Kaufkraftverlust durch die Inflation: Zwar war die Inflationsrate in den letzten Jahren mit rund ein Prozent niedrig, doch für die Zeit von 1972 bis heute wird sie vom Statischen Bundesamt mit ca. drei Prozent angegeben. Tatsächlich dürfte sie aber noch höher liegen.

Greifbar machen das folgende Beispiele: Hat eine Kugel Eis 1970 noch zehn Pfennig gekostet, waren es im Jahr 2000 eine DM, heute sind es ein Euro. Das bedeutet, eine vierköpfige Familie wird in 19 Jahren im Jahr 2030 pro Kugel Eis fünf Euro bezahlen müssen. Bei drei Kugeln pro Person wird der den Geldbeutel zückende Vater vom Eisverkäufer hören: „Bitte 60 Euro“.

Die Statistiken zeigen, dass sich die Lebenshaltungskosten in 30 Jahren im Schnitt um den Faktor vier verteuern. Dies belegt auch der Benzinpreis, der 1970 bei ca. 50 Pfennig lag und im Jahr 2000 bei zwei DM. Wenn man den Faktor vier zugrunde legt, wird der Liter Benzin im Jahr 2030 bei vier Euro liegen.

In Konsequenz bedeutet das für einen heute 30-jähriger Unternehmer, der in 30 Jahren im Alter von 60 Jahren in Ruhestand gehen möchte: Wenn er dann die heutige Kaufkraft von 4 000 Euro erzielen will, muss er dafür Sorge tragen, dass ihm monatlich netto 16 000 Euro zur Verfügung stehen.

Pflegekosten

Zu guter Letzt muss der Ruheständler noch die steigenden Kosten für die Pflege berücksichtigen. Es gibt vier Pflegestufen von 0 bis 3 plus, den sogenannten Härtefall. In einem Caritas-Altenzentrum kostet heute die Pflegestufe 0 ca. 2 500 Euro und die Pflegestufe 3 rund 4 300 Euro. Sollte es der ehemalige Unternehmer etwas nobler haben wollen, müsste er z.B. in der Villa Kursana in Frankfurt/Main für die beiden Pflegstufen 0 und 3 bereits ca. 3 400 Euro bzw. 4 800 Euro monatlich von seinem Konto abbuchen lassen.

Es sei auch auf einen Rechenfehler hingewiesen, der im Ruhestand zu einem bösen Erwachen führen kann: Inflation und Besteuerung werden lediglich zum Zeitpunkt des Ruhestandsbeginn kalkuliert. Unbeachtet bleibt, dass Inflation, Renovierungsbedarf und Pflegebedürftigkeit mit Beginn des Ruhestandes nicht aufhören, sondern ganz im Gegenteil im Verlauf der erwarteten 20 bis 25 Lebensjahre noch deutlich steigen. Der Kapitalstock, aus dem die notwendigen Kosten bestritten werden, muss also entsprechend hoch angesetzt werden.

Die seriöse und professionelle Planung des eigenen Lebensabends ist also ein komplexes Thema, das frühzeitig und mit Hilfe eines fachkundigen Finanzplaners angegangen werden sollte. Aber auch Unternehmer, die sich kurz vor oder am Beginn ihres Ruhestandes befinden, können sich durch Hochrechnungen und Simulationen Gewissheit über ihre tatsächliche Situation verschaffen und ihren Finanzplan noch verbessern.

Autor/in: Udo Heißwolf, ist Inhaber von Heißwolf Investment in Schwaig bei Nürnberg (www.heisswolf-investment.de).
 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 10|2011, Seite 22

 
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