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140. Kammergespräch

Wie gelingt die Energiewende?

Nur mit einer höheren Energieeffizienz in allen Bereichen sind die ehrgeizigen energiepolitischen Ziele der Bundesregierung erreichbar. Das erklärte Stephan Kohler, Chef der Deutschen Energie-Agentur dena, beim Kammergespräch.

Die deutsche Energiewende kann nicht allein auf den Ausstieg aus der Atomkraft und den Einstieg in regenerative Energien reduziert werden, sagte Kohler vor 300 Gästen im Historischen Rathaussaal. Vielmehr handele es sich um „ein gesellschaftliches Projekt mit einer Tiefe, die man sich noch nicht richtig vorstellen kann“.

Die Bundesregierung hat nach der Atomkatastrophe in Fukushima klare Ziele vorgegeben und diese in sieben Gesetze gegossen: Bis 2022 sollen in Deutschland alle Atomkraftwerke abgeschaltet werden. Um dies zu ermöglichen, soll u.a. der Stromverbrauch bis 2020 um zehn Prozent sinken und der Marktanteil regenerativen Stroms auf 35 Prozent wachsen. Zugleich soll der Ausstoß von Kohlendioxid-Emissionen gegenüber 1990 um 40 Prozent verringert und der Verbrauch von Primärenergie um 20 Prozent gesenkt werden. Gerade in diesem Punkt – Energieeinsparung und höhere Energieeffizienz – sieht Kohler den „wesentlichen Pfeiler“ der von der Bundesregierung verkündeten Energiewende.

Daher fordert die dena, die von Bund, KfW-Bankengruppe, Allianz, Deutsche Bank und DZ Bank getragen wird, auch einen Schwenk bei der Investitionsförderung: Statt Geld in den Ausbau der Photovoltaik zu lenken, hält Kohler eine steuerliche Abschreibung für energieeffiziente Investitionen für wirtschaftlicher. Denn selbst wenn auf „fast auf jedem Heustadel eine Photovoltaik-Anlage“ stehe, würden die Energieprobleme nicht gelöst. Denn die Anlagen liefern den weitaus meisten Strom von Mai bis September, während der Spitzenbedarf in den Wintermonaten liegt. Ein entscheidender Punkt ist auch der Ausbau der Verteilnetze in Deutschland, denn der Strom, der in den großen Windparks im Norden Deutschlands gewonnen wird, muss nach Süden transportiert werden. Der Ausbau des Stromnetzes sei machbar, komme aber nicht schnell genug voran. Für die Bewältigung der Energiewende müssten ca. 4 500 Kilometer Hochspannungsleitungen gebaut werden, bisher seien aber gerade einmal 80 Kilometer fertig gestellt.

Mehr Förderung wünscht sich Kohler auch für die Energiespeicherung. Nur so lasse sich die zeitliche Differenz zwischen Stromerzeugung aus Sonne oder Wind und dem tatsächlichen Bedarf überbrücken. Aktuell könnten nur Pumpspeicherkraftwerke oder Druckluftspeicherkraftwerke etwa in Salzwerkstollen wirtschaftlich betrieben werden. Außerdem machte Kohler klar, dass zusätzliche Kohle- oder Gaskraftwerke mit einer Leistung von etwa 10 000 Megawatt unverzichtbar sind, um den Wegfall des Atomstroms auszugleichen. Es sei eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, die Bürger von der Notwendigkeit all dieser Infrastrukturmaßnahmen zu überzeugen.

Außerdem seien Atomausstieg und Umbau des Energiesystems nicht zum Nulltarif zu haben: Nach Berechnungen der dena wird der Strompreis bis 2020 um vier bis fünf Cent pro Kilowattstunde ansteigen. Dies entspreche einer Steigerung von 35 Prozent beim gewerblichen Strompreis und von 20 Prozent für die privaten Haushalte.

„Die Energiewende kostet, aber es lohnt sich“, sagte Kohler. Denn durch die höheren Kosten für den Strom wachse der Druck, die Energieeffizienz zu verbessern. Er nannte beispielhaft die Viessmann Werke – den letzten Preisträger des „dena Energy Efficiency Award“: Der Hersteller von Heiztechnik-Systemen konnte durch strategisches Energiemanagement, Neuausrichtung der Produktionsprozesse, zentrale Wärmerückgewinnung und Biogasanlage eine Energieeinsparung von fast zehn Mio. Kilowattstunden pro Jahr erreichen, das sind etwa 44 Prozent des früheren Verbrauchs. Mit einer Investition in diese Maßnahmen von 3,2 Mio. Euro sei damit eine Kapitalrendite von 18 Prozent erzielt worden.

Eine weitere Chance der Energiewende sieht Kohler darin, dass der schon hervorragende Ruf deutscher Effizienztechnologien auf dem Weltmarkt noch gestärkt wird. Die dena wisse beispielsweise aus Projekten in China, dass dort der deutsche Weg aufmerksam verfolgt werde. Deutschland könne der Welt dabei helfen, den Energieverbrauch zu reduzieren, Kraftwerke effizienter zu machen, Speichertechnik zur Marktreife zu bringen und intelligente Stromnetze zu entwickeln.

Autor/in: 
tt.
 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 10|2011, Seite 14

 
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