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Marktforschung

Rechnet sich Nachhaltigkeit?

Produkte sollen umweltfreundlich sein und die Hersteller sollen nachhaltig wirtschaften. Aber werden die Anstrengungen der Unternehmen von den Konsumenten auch belohnt? Von Peter Mahn

Über das Thema Nachhaltigkeit wird schon seit Jahrzehnten intensiv diskutiert. Die Brundlandt-Kommission definierte den Begriff im Jahr 1987 als „dauerhafte Entwicklung, die die Bedürfnisse der Gegenwart befriedigt, ohne zu riskieren, dass zukünftige Generationen ihre eigenen Bedürfnisse nicht befriedigen können“. Das Interesse an Fragen der Nachhaltigkeit hat besonders in Deutschland in den letzten Jahren stark zugenommen und bekam durch die Atomkatastrophe im japanischen Fukushima und die Diskussion um die Energiewende neuen Schub. Es gibt hierzulande inzwischen einen breiten gesellschaftlichen Konsens darüber, dass nachhaltiges Verhalten notwendig ist.

Nachhaltigkeit hat viele Facetten

Weniger einig ist man sich darüber, was Nachhaltigkeit in der Praxis eigentlich bedeutet. Ökologie, „Bio“, Energieeinsparung, Klimaschutz, Abfallvermeidung, ethischer Konsum, fairer Handel, gerechte Einkommensverteilung oder Verzicht auf Kinderarbeit in Billiglohnländern sind nur einige der Schlagworte, die in diesem Zusammenhang gebraucht werden. Für viele Verbraucher ist „Nachhaltigkeit“ deshalb ein positiver, aber auch ein relativ unklarer Begriff. Auch wenn die Vorstellungen von Nachhaltigkeit sehr unterschiedlich sind, ist klar, dass die Verbraucher nachhaltiges Verhalten von Industrie und Handel immer mehr einfordern. Viele Hersteller haben sich daher Nachhaltigkeit in irgendeiner Art und Weise auf die Fahnen geschrieben. Man versucht, mit sozialen und ökologischen Aktivitäten zu punkten, und neu geschaffene Abteilungen für „Sustainability“ erstellen Nachhaltigkeitsberichte, Öko-Audits und Ökobilanzen. Wie aber können Unternehmen ihre Kompetenz beim Thema Nachhaltigkeit glaubhaft kommunizieren?

Was kommt beim Verbraucher an?

Wichtig für die Glaubwürdigkeit ist, dass in der Praxis gehalten wird, was die Kommunikation verspricht. Denn gerade Versprechen bei Umweltschutz und Nachhaltigkeit werden von den Verbrauchern besonders kritisch hinterfragt und müssen für sie nachvollziehbar sein. Häufig schätzen die Unternehmen ihre Kompetenz beim Thema Nachhaltigkeit als hoch ein, die Verbraucher sehen dies aber anders. Deshalb stellen sich insbesondere folgende Fragen: Kommen die Nachhaltigkeitsaktivitäten auch beim Verbraucher an? Honoriert der Konsument diese Aktivitäten mit konkreten Kaufentscheidungen? Wie tragfähig ist die Gruppe der Kunden, die für das Thema Nachhaltigkeit besonders empfänglich ist?

Ergebnisse der Marktforschung

Ob sich ethisches Engagement und Nachhaltigkeitskompetenz wirklich in steigendem Umsatz niederschlagen, ist bislang in der Marktforschung noch zu wenig betrachtet worden. In einer aktuellen Basisstudie hat mafowerk dazu nun insgesamt 1 000 repräsentativ ausgewählte deutsche Verbraucher befragt. In der als Online-Befragung ausgelegten Studie wurden die Konsumenten mit der Frage konfrontiert, wie wichtig ihnen ökologische und ökonomische Aspekte der Produkte und nachhaltiges Verhalten des Herstellers beim Kauf von Produkten in verschiedenen Konsumgüter-Warenkörben sind.

Die Ergebnisse dieser Basisstudie zeigen starke Unterschiede zwischen den einzelnen Konsumgüter-Bereichen: Erwartungsgemäß sind bei Wasch- und Reinigungsmitteln umweltschonende Aspekte wichtige Kaufkriterien. Dagegen fällt deren Bedeutung bei anderen Produktgruppen stark ab. Beispielsweise sind bei alkoholhaltigen Getränken nur knapp jedem vierten Konsumenten nachhaltige Aspekte beim Kauf wichtig bzw. sehr wichtig.

Generell spielt in den meisten Bereichen die Produktkompetenz des Herstellers eine deutlich größere Rolle als dessen Kompetenz beim Thema Nachhaltigkeit. In folgenden fünf Warengruppen spielt das nachhaltige Verhalten des Herstellers für die Kunden eine besonders große Rolle bei der Kaufentscheidung:

Waschmittel 51 Prozent
Reinigungsmittel  49 Prozent
Lebensmittel (ohne Getränke) 44 Prozent
Papier/Hygieneartikel 40 Prozent
Körperpflege/Kosmetik   39 Prozent

(Anteil aller Befragten, für die ein nachhaltiges Verhalten von Herstellern beim Kauf „wichtig“ bzw. „sehr wichtig“ ist.)

Inwieweit der Aspekt Nachhaltigkeit bei der Kaufentscheidung eine Rolle spielt, hängt allerdings auch stark vom Alter der Verbraucher ab. Beim Kauf von Wasch- und Reinigungsmitteln ist für lediglich 40 Prozent der 19- bis 34-jährigen Konsumenten Nachhaltigkeit von Bedeutung, in der Altersgruppe „50 plus“ sind es dagegen 61 Prozent. Auch bei anderen Produkt-gruppen wird deutlich, dass ältere Verbraucher mehr auf diesen Aspekt achten. Bei Lebensmitteln (ohne Getränke) halten 37 Prozent der 19- bis 34-Jährigen die Nachhaltigkeit für „wichtig“ bzw. „sehr wichtig“, bei den über 55-Jährigen aber 51 Prozent.

Interessant sind die unterschiedlichen Bewertungen vor allem in Warengruppen, in denen üblicherweise Trends und Lifestyle eine große Rolle spielen, etwa bei Körperpflege/Kosmetik und Textilien/Mode. Dort sinkt auch bei den Älteren die Bereitschaft, das Thema Nachhaltigkeit in die Kaufentscheidung mit einzubeziehen. Die Jüngeren halten dort das Thema zu etwa einem Drittel für bedeutsam, bei den Älteren sind es nurmehr 42 bzw. 34 Prozent. Die mittlere Altersgruppe der 35- bis 54-jährigen scheint sich am wenigsten von Trend- und Life-Style-Aspekten beeindrucken zu lassen: Sie messen dem Thema Nachhaltigkeit auch bei Textilien/Mode und Körperpflege/Kosmetik hohe Bedeutung bei (54 bzw. 53 Prozent der Befragten).

Wie die Verbraucher das Thema Nachhaltigkeit einschätzen, hängt also stark von deren Alter und von der jeweiligen Warengruppe ab. Weibliche und ältere Konsumenten zeigen eine deutlich höhere Bereitschaft, die Themen Nachhaltigkeit und Umweltschutz in die Kaufentscheidung einzubeziehen. Für die Hersteller bedeutet dies: Sie müssen analysieren, wer ihre Käufer sind. Auf dieser Basis kann dann entschieden werden, welches Gewicht das Thema Nachhaltigkeit in der Unternehmenskommunikation haben sollte.

Autor/in: Peter Mahn, ist Geschäftsführer der mafowerk GmbH | Frisches Denken. Effektive Marktforschung in Fürth (mahn@mafowerk.de , www.mafowerk.de ).
 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 10|2011, Seite 46

 
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