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Marketing-Strategie

Wie hoch darf der Preis sein?

Viele kleine und mittlere Unternehmen schöpfen die Gewinnpotenziale nicht aus, die in einer professionellen Preisgestaltung liegen. Welche Ansätze gibt es? Von Claas Freese

Die Preisbildung bzw. Preispolitik ist einer der komplexesten Teilbereiche im Marketing. So haben der Preis und die zugrunde liegende Preisstrategie Auswirkungen auf das gesamte Unternehmen. Insbesondere die Abteilungen Kommunikation, Werbung, Vertrieb sowie Forschung und Entwicklung können die Preispolitik direkt beeinflussen.

In einem ersten Schritt muss die richtungsweisende preispolitische Strategie definiert werden. Hierbei können vier Grundstrategien unterschieden werden:

  1. Exklusivstrategie: Das Produkt wird in einer sehr hohen Qualität zu einem hohen Preis angeboten.
  2. Sparstrategie: Bei der Produktqualität werden Abstriche in Kauf genommen, dafür wird ein niedriger Preis verlangt.
  3. Qualität-Niedrigpreis-Strategie: Das Produkt wird mit einer relativ hohen Qualität zu einem möglichst niedrigen Preis angeboten. Ziel ist es, die Position des Exklusivanbieters anzugreifen.
  4. Überhöhte-Preis-Strategie: Hierbei werden Engpasssituationen am Markt ausgenutzt, um einen überhöhten Preis für eine befristete Zeit durchzusetzen.

Neben der richtungsweisenden preispolitischen Strategie gilt es zu entscheiden, welche Preisabfolge am Markt verfolgt werden soll. Wie soll sich der Preis also im Zeitverlauf am Markt verändern? Im Wesentlichen gibt es vier Strategien:

  1. Premiumpreispolitik: Das Produkt wird für den gesamten Produktlebenszyklus zu einem hohen Preis angeboten. Diese Strategie wird häufig bei hochwertigen (Konsum-)Gütern angewandt, da so die Konsumenten das Gefühl der Exklusivität vermittelt bekommen. Beispiele hierfür sind alle Arten von Luxusartikeln.
  2. Promotionpreispolitik: Das Produkt wird bereits zu einem niedrigen Preis eingeführt und bleibt kontinuierlich auf diesem Preisniveau. Beispiele sind „Dauer-Niedrig-Preis-Angebote“ von Discountern.
  3. Penetrationsstrategie: Das Produkt wird zu einem niedrigen Preis eingeführt, der dann schrittweise angehoben wird (z.B. Einführungspreise von Zeitschriften). Der niedrige Preis dient dazu, Konsumenten zu gewinnen, die dann dauerhaft bei dem Produkt bleiben.
  4. Skimming-Strategie: Das Produkt wird mit einem hohen Preis eingeführt und im Zeitverlauf immer günstiger angeboten. Ein Beispiel sind Produkte der Unterhaltungselektronik, Informationstechnik und Telekommunikation. Bei diesen Produkten gilt es, angesichts der kurzen Innovationszyklen die hohen Entwicklungskosten schnell einzuspielen. Eine wichtige Zielgruppe sind marken- und technologiebewusste Konsumenten, die Wert auf aktuelle Produkte legen und dafür auch deutlich höhere Einführungspreise in Kauf nehmen.

Des Weiteren können Preise noch nach den unterschiedlichsten Kriterien differenziert werden. Dies sind u.a. Menge, Käufer, Kaufzeitpunkte, Zeitpunkt der Nachfrage, Verkaufsort oder soziale Stellung des Käufers.

Nach der Festlegung der strategischen Aspekte gilt es im nächsten Schritt, den (Einführungs-)Preis für das Produkt festzulegen. Dabei können vier Methoden zur Preisbildung unterschieden werden:

  1. Kostenorientierte Preisbildung: Alle bei der Produktion entstehenden fixen und variablen Kosten werden berücksichtigt zuzüglich eines Gewinnaufschlages.
  2. Konkurrenzorientierte Preisbildung: Sie wird häufig von Unternehmen angewandt, die sich auf sehr homogenen Märkten bewegen. Hier gibt es bereits ähnliche Produkte und ein produktspezifisches Alleinstellungsmerkmal liegt nicht oder nur in einem sehr kleinen Ausmaß vor. Als Richtpreis bietet sich ein Durchschnittspreis aller anderen Anbieter oder – je nach Unternehmensstrategie – der Preis des jeweiligen Marktführers in dem Segment an.
  3. Nachfrageorientierte Preisbildung: Als Ausgangspunkt für die Preisbildung wird die Reaktion der Nachfrager genommen. Dabei ist zu klären, zu welchem Preis ein Unternehmen welche Menge absetzen kann bzw. bei welchem Preis der Gewinn maximiert wird. Um die benötigten Informationen für diese Art der Preisbildung zu bekommen, ist eine Marktforschung notwendig, bei der die Akzeptanz unterschiedlicher Preise ermittelt wird. Am häufigsten kommen dabei Preisschätzungstests (Was darf ein Produkt kosten?), Preisempfindungstests (Halten Sie dieses Produkt für teuer, günstig oder sehr günstig?) oder Preisbereitschaftstests (Würden Sie das Produkt zu diesem Preis kaufen?) zum Einsatz.
  4. Target-Costing-Ansatz: Hier bestimmen nicht mehr die Kosten den Preis, so wie bei den drei vorhergegangen Ansätzen, sondern der am Markt erzielbare Preis bestimmt die Kosten. Dabei steht die Frage im Mittelpunkt, was das Produkt kosten darf. Es findet also ein rückwärtsgewandter Prozess von dem maximal erzielbaren Preis über die Produkteigenschaften und schließlich auf die maximalen Produktions- und Entwicklungskosten statt. Dabei geht man in folgenden Schritten vor:
    1. Ausgehend vom Produkt und von dessen besonderen Eigenschaften wird ein am Markt maximal erzielbarer Preis ermittelt (Target Price).
    2. Von diesem Target Price wird der geplante Gewinn (Target Profit) abgezogen. So erhält man die maximal zulässigen Kosten (Allowable Costs).
    3. Nun werden die Produktionskosten (Drifting Costs) für das neue Produkt bei gleichbleibenden Produktionsprozessen geschätzt.
    4. Es findet ein Vergleich zwischen den Allowable Costs und den Drifting Costs statt. Liegen die Drifting Costs über den Allowable Costs ist zu entscheiden: Soll die Idee aufgegeben werden, da sie Produktionskosten verursachen würde, die deutlich über den am Markt erzielbaren Preisen liegen? Oder soll das Produkt angepasst werden, sodass eine kostengünstigere Produktion und damit auch ein niedrigerer und am Markt durchsetzbarer Preis möglich werden?
    Ein großer Vorteil des Target-Costing-Ansatzes ist, dass die maximal erzielbaren Verkaufspreise sehr frühzeitig betrachtet werden und dass Marketing, Forschung und Entwicklung, Controlling und General Management (dazu zählen u.a. Unternehmensführung, Unternehmensplanung und strategische Ausrichtung) sich von Beginn an intensiv abstimmen müssen. Ebenso werden Kundenwünsche entsprechend der Zahlungsbereitschaft berücksichtigt und neue Produkte werden nicht mit Funktionalitäten überfrachtet, die die Kunden gar nicht wünschen.

Preisgestaltung ist weit mehr als das reine Festsetzen des Verkaufspreises. Sie schließt auch sämtliche Aspekte der Zahlungsmodalitäten, Rabatte oder Lieferkonditionen mit ein. Die Preisfestlegung also umfasst zweierlei: Zum einen müssen grundlegende strategische Entscheidungen getroffen werden, zum anderen ist festzulegen, wie man konkret am Markt agieren will. Die Preisgestaltung spielt damit eine entscheidende Rolle für den Erfolg eines jeden Unternehmens.

Autor/in: Claas Freese, ist Geschäftsführer der Freese Marketing GmbH, Nürnberg und Hamburg (claas.freese@f-m-g.de , www.f-m-g.de).
 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 10|2011, Seite 48

 
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