Telefon: +49 911 1335-1335

Incoterms 2010

Klare Regeln im Außenhandel

Die neuen, international gebräuchlichen Handelsklauseln sind seit einem Jahr in Kraft. Eine Zwischenbilanz.

In der Praxis werden die neuen „Incoterms 2010“ gut angenommen, teilt der deutsche Zweig der Internationalen Handelskammer (ICC) mit, die das Regelwerk herausgibt. Mit der Neuauflage, die zum 1. Januar 2011 in Kraft getreten ist, sei zwar keine „Revolution” vollzogen worden, aber die Bedürfnisse der Unternehmen seien stärker berücksichtigt, einige Unklarheiten beseitigt und insgesamt eine Modernisierung herbeigeführt worden. Ein wesentlicher Punkt war die Verschlankung auf nur noch elf Klauseln (siehe nebenstehender Kasten).

Verwendung der alten Regeln

Nach Erfahrung der Internationalen Handelskammer besteht bei vielen Unternehmen Unklarheit darüber, ob die früheren Incoterms 2000 für bestehende Verträge weiterhin gelten bzw. ob sie auch in Zukunft noch zwischen Geschäftspartnern vereinbart werden können. Nach Auskunft der ICC sind die Incoterms 2000 für Altverträge auf unbestimmte Zeit weiterhin in Kraft. In vielen Verträgen gibt es aber auch dynamische Klauseln, die immer auf die jeweils gültige Fassung der Incoterms abstellen; dies wird insbesondere in Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) häufig so praktiziert. Aber die Incoterms 2000 können auch bei neuen Verträgen weiter zwischen den Geschäftspartnern vereinbart werden, allerdings muss dies durch einen entsprechenden Zusatz im Vertrag mit konkreter Nennung „Incoterms 2000“ festgehalten werden. Wenn bei Verträgen, die seit dem 1. Januar 2011 abgeschlossen werden, nur die Bezeichnung „Incoterms“ ohne Bezeichnung der Version verwendet wird, gelten automatisch die Incoterms 2010. Die alten Incoterms werden nach den Erfahrungen der ICC häufig deshalb vereinbart, weil einige Unternehmen die bisherige Klausel DDU („Delivered Duty unpaid“) vermissen, die es in der Neufassung nicht mehr gibt. Die Handelskammer weist aber darauf hin, dass sich diese durch die neuen Klauseln DAT („Delivered at Terminal“) und DAP („Delivered at Place“) gut ersetzen ließen.

Incoterms in Verträgen

Häufig besteht in den Unternehmen das Missverständnis, die Incoterms würden bei internationalen Liefergeschäften automatisch gelten. Dies ist nicht der Fall, es hängt vielmehr davon ab, ob die Incoterms 2010 (wie auch die Vorgängerversionen) im Vertrag ausdrücklich vereinbart werden. Es sollte also in den Verträgen festgehalten werden, welche Incoterm-Klausel, welcher Ort für den Gefahrübergang (Lieferort) und welche Fassung der Incoterms gewählt wird (z.B. FCA, konkreter Ort mit Adresse, Incoterms 2010).

Besonderheiten gelten für die C-Klauseln (z.B. CIP und CIF): Sie sind sogenannte Zweipunktklauseln, d.h. dass der Ort des Gefahrübergangs (Lieferort) und der Ort des Kostenübergangs (Bestimmungsort) nicht identisch sind. Die ICC hat bei den Incoterms 2010 den Anwendungshinweis erteilt, grundsätzlich möglichst beide Orte in den Vertrag aufzunehmen. In der Praxis empfiehlt die Internationale Handelskammer für die Verträge Folgendes: Zuerst den Lieferort/Verschiffungshafen (Gefahrübergang) nennen und dann den Bestimmungsort/-hafen (Kostenübergang). Beispiel: „CIF Hamburg (Hafenadresse) – New York (Hafenadresse) Incoterms 2010”. Diese Form der Formulierung ist nicht zwingend vorgeschrieben, jedoch müssen Verschiffungs- und Bestimmungshafen klar erkennbar sein.

Einige Unternehmen verwenden aus EDV-technischen Gründen Abkürzungen bei der Einbeziehung der Incoterms 2010 (z.B. „Inco2010”). Grundsätzlich ist dies laut ICC ausreichend und würde auch vor Gerichten oder Schiedsgerichten in der Regel akzeptiert. Weil Abkürzungen allerdings immer Raum für Auslegung geben, sei keine 100-prozentige Sicherheit möglich, weshalb laut ICC wenn möglich immer die vollständige Formulierung verwendet werden sollte.

Abgrenzung DAT – DAP

Kern der Unterscheidung zwischen den beiden neuen Klauseln DAT („Geliefert Terminal“) und DAP („Geliefert benannter Ort“) ist, dass bei DAT die Ware von dem ankommenden Beförderungsmittel entladen zur Verfügung gestellt werden muss, bei DAP muss sie dagegen nur entladebereit sein. Des Weiteren bestimmt DAT, dass die Ware zu einem Terminal verbracht wird, wohingegen bei DAP jeder Bestimmungsort gewählt werden kann. Dies heißt folgerichtig auch, dass DAP grundsätzlich auch dann verwendet werden kann, wenn an einem Terminal entladebereit geliefert werden soll.

Gleich zu behandeln sind DAT und DAP dagegen bei der Frage, was die Zahl bzw. Art der Transporte vor Erreichen des Lieferorts (d.h. des Terminals oder des sonstigen Ortes) angeht: Der komplette Haupttransport (z.B. per Lkw – Bahn – Lkw) ist dem Verkäufer zuzurechnen, er trägt die Gefahr des zufälligen „Untergangs“ (also der Zerstörung der Ware). Allerdings findet bei DAT der Gefahrübergang erst nach der Entladung der Ware statt, bei DAP dagegen dadurch, dass die Ware entladebereit zur Verfügung gestellt wird.

Änderung der Incoterms im Vertrag

Eine häufige praktische Frage ist, ob eine Änderung der Incoterms im Vertrag möglich ist. Laut ICC sind die Incoterms grundsätzlich voll abänderbar, soweit nicht die Strukturprinzipien des gewählten Incoterms komplett verändert werden. Es muss also genau geprüft werden, ob sich durch die Änderungen Widersprüche ergeben bzw. ob die Änderungen ausreichend auf die Regelungen der eigentlich gewählten Incoterms-Klausel abgestimmt sind.

Bisher wurden die Incoterms im nationalen Handel nur in sehr geringem Maße angewandt. Wenn Außenhandelsunternehmen die Klauseln sowohl bei Inlands- als auch Auslandsgeschäften einsetzen, besteht laut ICC bei der Vertragsgestaltung „eine exzellente Möglichkeit der Harmonisierung“. Selbstverständlich weise das internationale Geschäft zahlreiche Besonderheiten auf. Aber für Bereiche, in denen nicht zwingend zwischen nationalem und internationalem Geschäft unterschieden werden müsse, sei eine Angleichung sehr sinnvoll.

 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 02|2012, Seite 18

 
Device Index

Alle Ansprechpartner/innen auf einen Blick