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Interview

Wie sicher ist Bayerns Energieversorgung?

Die Versorgung mit Ressourcen sicherstellen und die Energiewende zu vertretbaren Kosten umsetzen: Dies sind zwei aktuelle Herausforderungen der Wirtschaftpolitik. WiM fragte Bayerns Wirtschaftsstaatssekretärin Katja Hessel nach dem aktuellen Stand.

WiM: Welche Maßnahmen ergreift die Bayerische Staatsregierung, um die Unternehmen bei der Sicherung der Rohstoffversorgung zu unterstützen?

Hessel: Alle Unternehmen im Freistaat sind auf eine ausreichende und sichere Rohstoffversorgung angewiesen. Das reicht vom Heizöl bis hin zu den sogenannten Seltenen Erden, die für viele Hochtechnologieprodukte unverzichtbar sind. Rohstoffpolitik ist daher wesentlicher Bestandteil unserer bayerischen Wirtschaftspolitik.

Wir organisieren Delegationsreisen, um Kooperationen mit Unternehmen aus rohstoffreichen Ländern zu unterstützen. Kasachstan bietet hier ein besonders großes Zuwachspotenzial. Aus diesem Grund bin ich vor einem Monat bereits zum zweiten Mal mit einer Unternehmerdelegation in das zentralasiatische Land gereist. Ein wichtiges Ziel war es, bayerische Unternehmen zu ermutigen, sich bei der Umsetzung der Deutsch-Kasachischen Technologie- und Rohstoffpartnerschaft einzubringen.

Um auch die heimischen Ressourcen intensiver zu nutzen, haben wir ein Erkundungsprogramm „Seltene Erdenvorkommen in Bayern“ aufgelegt. Mit Mitteln des Programms „Aufbruch Bayern“ finanzieren wir den Aufbau eines Fraunhofer-Zentrums für Wertstoffkreisläufe und Werkstoffsubstitution in Alzenau und koordinieren die ressortübergreifende Zusammenarbeit in vielen anderen Bereichen.

Viele Unternehmen sehen durch den schnellen Atomausstieg die Versorgungssicherheit gefährdet. Wie beurteilen Sie die Lage in Bayern, sind Stromausfälle wirklich auszuschließen?

Die angespannte Situation im Stromnetz Anfang Februar hat gezeigt, dass unser Versorgungssystem auf Kante genäht ist. Spätestens Ende 2015, wenn mit Grafenrheinfeld ein weiterer bayerischer Kernreaktor vom Netz geht und falls bis dahin die „Thüringer Strombrücke“ – die neue 380 Kilovolt-Höchstspannungsleitung von Sachsen-Anhalt über Thüringen nach Oberfranken – nicht wie geplant fertig gestellt wird, könnten wir an einen Punkt kommen, wo aus heutiger Sicht die Versorgungssicherheit im Freistaat nicht mehr uneingeschränkt garantiert ist. Das dürfen wir nicht zulassen, um unsere Stellung als starker und hoch entwickelter Industriestandort und die vielen daran geknüpften Arbeitsplätze nicht zu gefährden. Wir brauchen daher einerseits einen massiven und raschen Ausbau des Stromnetzes. Andererseits sind auch Ersatzkapazitäten auf Gas-Basis erforderlich, um die entstehende Lücke zu füllen. Der Bund muss jetzt endlich die Weichen dafür stellen, dass die Energienetze schneller ausgebaut werden und in neue Gaskraftwerke investiert wird. Nur so können wir auch künftig Knappheitssituationen vermeiden.

Wie können unverhältnismäßige Preissteigerungen im Zuge der Energiewende begrenzt werden?

Der Umbau unserer Energieversorgung kostet viel Geld, das hauptsächlich von den Energieverbrauchern zu bezahlen ist - etwas anderes zu behaupten, wäre unredlich. Umso wichtiger ist es, alle Ansatzpunkte zu nutzen, um Kosten zu dämpfen. Dafür treten wir gegenüber dem Bund nachdrücklich ein. Zunächst wird die aktuell beschlossene Korrektur der Photovoltaik-Vergütung den Strompreisanstieg für die Verbraucher wirksam begrenzen. Mittelfristig müssen wir aber noch einen Schritt weitergehen und das preisbasierte System des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) durch ein neues intelligentes Modell ersetzen, das zusätzliche Marktmechanismen und Kosteneffizienz in das System bringt.

Welche neuen Akzente setzt der Freistaat Bayern bei der Energieforschung?

Der Energieumstieg ist nur mit modernster Forschung und Technologie zu schaffen. Wir haben eine hochrangige Expertenkommission eingesetzt, die das Rahmenkonzept „Bayerische Allianz für Energieforschung und -technologie“ vorgelegt hat. Der Kern des Papiers sind Empfehlungen bis zum Abschluss des Energieumstiegs in zehn Jahren. Aufbauend auf die Arbeit der Experten konnten wir - vorbehaltlich der Entscheidung des Landtags im Nachtragshaushalt 2012 – alleine für dieses Jahr 65 Mio. Euro für herausragende, anwendungsnahe Projekte zur Verfügung stellen. Im Raum Nürnberg wird zum Beispiel das Projekt „Energieautarkes Bayern“ gefördert, mit dem die Fraunhofer-Gesellschaft die regenerative Energieversorgung von Gebäudekomplexen erproben wird. Darüber hinaus findet im „Energie Campus Nürnberg“ räumlich konzentriert Spitzenforschung und -technologieentwicklung statt.

 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 04|2012, Seite 16

 
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