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Social Media im Tourismus

Hoteliers werden digital

Nicht nur Städte und Tourismusregionen werben in Facebook, YouTube und anderen Netzwerken. Auch Hotels und Gaststätten vernetzen sich mit ihren Gästen. Von Thomas Tjiang; Illustration: Anton Atzenhofer

Die Beteiligung an Tourismus-Messen oder das Auslegen von Broschüren reicht im Internet-Zeitalter nicht mehr aus, um auf sich aufmerksam zu machen. Deshalb zeigen zahlreiche Häuser im Video-Portal Youtube.com, was die Gäste bei ihnen erwarten dürfen. So sind beispielsweise die Nürnberger Hotels Sheraton Carlton, Congress Mercure, Le Meridien Grand Hotel, Maritim und Schindlerhof auf der Plattform abrufbar, in Erlangen zeigt u.a. das Arvena Business Hotel Flagge. Aber auch kleinere Anbieter nutzen YouTube, um sich potenziellen Gästen aus der ganzen Welt zu präsentieren.

Eine Reihe von Hotels ist auch auf der jungen US-Plattform pinterest.com zu finden: Dieses soziale Netzwerk bietet virtuelle Pinnwände, an denen Nutzer ihre Bilder von Hobbys, Interessen, Einkaufstipps oder eben auch touristischen Zielen posten oder die Bilder anderer kommentieren können. Wenn man nach Nürnberg, Ansbach oder Rothenburg sucht, findet man zahlreiche Stadtansichten, private Schnappschüsse, Hoteleindrücke und vieles mehr.

Auch Aktivitäten via Facebook sind für die mittelfränkischen Hoteliers kein Fremdwort mehr. Zu Ostern machte etwa das Le Meridien Grand Hotel ein spezielles Angebot „nur für unsere Facebook-Freunde“. Das Arvena Park Hotel lädt via Facebook zum Muttertagsbrunch ein, während das Fürther Ambient Hotel am Europakanal oder das Nürnberger Hotel Drei Raben einfach einen Eindruck ihrer Zimmer zeigen.

Die Kommunen sind schon länger in Facebook aktiv, um sich nach außen mit touristischen, kulturellen oder stadtspezifischen Informationen und Terminen zu positionieren. Fürth etwa aus aktuellem Anlass mit den Ereignissen rund um den Aufstieg von Greuther Fürth in die 1. Bundesliga, Erlangen weist auf die Bergkirchweih hin und Ansbach postet u.a. die meterhohe Agave im Hofgarten, die nach 50 Jahren wieder blüht. Aber auch kleinere Kommunen sind auf digitaler Freundessuche im Netz, wie etwa Bechhofen, Wendelstein oder die Werbe- & Stadtgemeinschaft Schwabach.

Stadt Nürnberg in Facebook

Einige Erfolge kann die Stadt Nürnberg mit ihrer Facebook-Seite verbuchen, die federführend von der Congress- und Tourismuszentrale CTZ gepflegt wird. Über 65 000 Menschen der weltweiten Facebook-Gemeinde haben sich bereits als Freunde eingetragen, ihre Zahl wächst kontinuierlich. Als wichtiger Baustein mit strategischem Wert gilt das Blogger-Trio „3imWeb“ (www.3imweb.de), das als eine Art Nürnberg-Botschafter persönlich über Veranstaltungen, Kultur und Lebensart berichtet. Hier herrscht kein staatstragender Tonfall, vielmehr zieht sich die individuelle Note durch alle Blog-Beiträge rund um das Leben in der Stadt.

„User Generated Content“ heißt das in der Social Media-Fachsprache und scheint bei der Zielgruppe gut anzukommen. Die authentisch aufbereiteten Themen und Tipps verzeichnen im Schnitt mehrere hundert Klicks pro Artikel. Wenn die Inhalte bei Bedarf über weitere Kanäle wie etwa Twitter verbreitet werden, werden Interessenten erreicht, die man auf konventionellen Wegen nicht hätte ansprechen können. Zugute kommt dem Nürnberger Facebook-Auftritt, dass Stadt und Tourismuszentrale sich nicht mit unterschiedlichen Seiten gegenseitig kannibalisieren, sondern gemeinsam an einem Strick ziehen. Dagegen rivalisieren in manch anderen deutschen Städten die offiziellen Seiten einer Kommune mit den touristischen Angeboten.

Über Facebook lässt sich auch ein guter Überblick darüber gewinnen, wer genau zu den Fans der Nürnberg-Seite gehört: Zwei Drittel von ihnen sind zwischen 18 und 34 Jahre alt, Männer und Frauen sind nahezu gleich vertreten. Zwar wohnt ein Drittel der Fans in Nürnberg und gehört damit nicht zur eigentlichen Zielgruppe des Tourismus-Marketing, aber sie können als virale Multiplikatoren auch andere mit dem Nürnberg-Virus infizieren und sind deshalb gerne als „Freunde“ gesehen. Gut 3 000 Fans wohnen in den USA, sind überwiegend weiblich und oftmals ehemalige Nürnbergerinnen, die in die USA geheiratet haben.

Online-Buchungen

Eine aktuelle Studie der deutschen, österreichischen und Schweizer Hotelverbände unterstreicht, dass die Aktivitäten in den sozialen Netzwerken sehr sinnvoll sind: In den drei Ländern werden bereits 27 Prozent der Buchungen online erledigt. Genutzt werden dabei Online-Buchungsplattformen (OTA), die eigene Anbieter-Website, globale Reservierungssysteme (GDS), Computer-Reservierungssysteme (CRS) von Hotelketten und -kooperationen oder Social Media-Plattformen. Dies entspricht laut der Erhebung einem geschätzten Umsatz von circa 7,6 Mrd. Euro. Der Trend zu Online-Buchungskanälen setzt gleichzeitig den klassischen Direktvertrieb etwa über das Reisebüro unter Druck. Dem Deutschen ReiseVerband (DRV) zufolge hat die Zahl der Reisebüros in den letzten zehn Jahren um rund ein Drittel auf gut 10 000 abgenommen, während sich der Umsatz im gleichen Zeitraum sogar leicht auf 22,4 Mrd. Euro erhöhte.

Auf dem Vormarsch sind in Deutschland dagegen die Hotelportale. Bei Online-Buchungen führt Hotel Reservation System (HRS) mit einem Marktanteil von 34 Prozent als klarer Marktführer. Rechnet man hotel.de in Nürnberg und Tiscover hinzu, die ebenfalls zu HRS gehören, steigt der Buchungsanteil auf über 50 Prozent der Online-Buchungsplattformen in Deutschland. Hotel.de hat bereits im Jahr 2010 die Buchungs-kanäle mit der mobilen Seite m.hotel.de und im vergangenen Jahr mit einer iPhone App erweitert. Die Nürnberger können aber noch keine Verschiebung des Buchungsverhaltens von PC auf mobile Endgeräte erkennen, da die beiden Bereiche Internet und „mobil“ gleichermaßen stark wachsen.

Die Hoffnungen der Touristik-Branche bringt das Nürnberger Buchungsportal so auf den Punkt: „Die mobile Nutzung des Internets eröffnet den Unternehmen neue Marketing- und Vertriebskanäle.“ Da Kunden oder Touristen auch unterwegs jederzeit über Neuigkeiten informiert werden können, könnten Anbieter „mit gezieltem, kundenorientiertem Marketing neue Bedürfnisse wecken“. Neben der direkten Ansprache lasse sich ein Kunde durch Social Media in seiner Entscheidung bestärken. Denn Nutzer, die online ein Hotel buchen wollen, können lesen, wie viele „Freunde“ ein bestimmtes Hotel für gut befinden.

Den Markt für vorab gebuchte Reise- und Touristikleistungen über den reinen Hotelmarkt hinaus taxiert der Nürnberger Markt- und Konsumforscher GfK in seinem TravelScope aktuell mit 12,3 Mrd. Euro, ein Plus von acht Prozent gegenüber dem Vorjahr. Das macht ein knappes Drittel der vorab gebuchten Leistungen aus und liegt nicht mehr weit entfernt vom stationären Buchungsgeschäft, das einen Anteil von 39 Prozent hat. Auf den Urlaub am Strand und auf Städtereisen entfällt mehr als jeder zweite online gebuchte Euro, auf Platz drei rangiert die Rundreise. Außerdem bereiten 40 Prozent der Online-Bucher ihre Kaufentscheidung nur noch mit Online-Informationsquellen vor.

Hotel-Bewertungen

An der Spitze der Top 30 Online-Portale steht Google, mindestens drei von vier Onlinern nutzen aber auch Facebook, Youtube oder eines der Reiseportale. Knapp 20 Prozent greifen dezidiert auf Holidaycheck zu, um sich an Hotel-Bewertungen anderer Nutzer zu orientieren. Gesucht sind unabhängige Empfehlungen, um sich bei der Entscheidung helfen zu lassen. Die Grundregel dabei: Wenn die Einträge von bekannten Personen stammen, werden sie naturgemäß als wichtiger erachtet. Für GfK-Marketing Manager Roland Gaßner ist klar: „Am besten funktioniert beim Social Networking die Empfehlung von Freunden.“

Für den schwäbischen Marketing-Berater Wilfried Schock ist klar: „Das Tourismus-Marketing 2.0 ist nur mit neuen Spielregeln erfolgreich, alte Marketing-Schemata scheitern.“ Mit klassischer Printwerbung und mit herkömmlichen Gewinnspielen lasse sich keine dauerhafte Community aufbauen, die Zukunft gehöre dem aktiven oder passiven Empfehlungsmarketing. Um in diesen Social Networks erfolgreich zu sein, sei es durchaus hilfreich, die Erfahrungen vergangener Jahre beiseite zu lassen.

Neue Online-Trends

Die Reisebranche scheint sich auf die neuen Anforderungen des sogenannten „E-Tourismus“ einzustellen. Auf der diesjährigen Branchenmesse ITB Berlin ging es nicht nur um Urlaubsziele in nah und fern, sondern auch um Auswertungsinstrumente für Bewertungsportale, das sogenannte Social Review Management. Zu den internetgetriebenen Innovationen, denen Potenzial zugesprochen wird, könnte auch das „Social Trip Planning“ gehören, vielleicht gepaart mit „Group Buying-Portalen“. Das heißt konkret: Reisewillige mit gleichen Zielen, die sich in sozialen Netzwerken oder auf reisebezogenen Rabattportalen zusammenfinden, können online ihre Kaufkraft bündeln, um Städte-, Event- oder Kulturreisen zu besonders günstigen Konditionen zu buchen.

Was sich am Ende tatsächlich als großer Trend herauskristallisiert und wie man damit Geld verdienen kann, bleibt abzuwarten. Klar ist aber die rasante Geschwindigkeit der Veränderungen. In der Zeit, in der dieser Artikel geschrieben wurde, haben sich weitere 1 000 Fans als Nürnberg-Anhänger geoutet.

Autor/in: 

Thomas Tjiang

 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 05|2012, Seite 22

 
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