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Brand-Domains

Was steht am Ende?

Ab 2013 können Internet-Adressen beispielsweise auch mit Markennamen oder mit Branchenbezeichnungen enden. Was ist rechtlich zu beachten? Von Dr. Renate Kropp; Illustration: Anton Atzenhofer

Das gewohnte System der Top-Level-Domains (TLDs) wird in den nächsten Jahren eine grundlegende Änderung erfahren. Zu den bisherigen allgemeinen Domain-Endungen wie „.com“, „.org“ und den Länder-Domains (ccTLDs) wie „.de“, „.at“, „.ch“ usw. werden ab nächstem Jahr eine Vielzahl weiterer Domain-Endungen im Internet neu hinzutreten. Im Gespräch sind derzeit über 2 000 neue Endungen.

Nach einem im Jahr 2011 gestarteten Programm der Internet Corporation for Assigned Names and Numbers (ICANN), die für die Vergabe der TLDs zuständig ist, konnte sich jedermann um die Zuteilung einer neuen Top-Level-Domain bewerben. Bedingungen waren jedoch eine Zahlung von mindestens 185 000 US-Dollar und die Erfüllung der von der ICANN gestellten technischen Voraussetzungen. Die Bewerbungsphase, die ursprünglich am 12. April 2012 enden sollte, wurde wegen einer technischen Störung bei ICANN um mehrere Wochen verlängert. Die Schaltung der ersten neuen Top-Level-Domains wird damit nicht vor Anfang 2013 erfolgen.

Bei der Wahl der Domainendung waren den Bewerbern kaum Grenzen gesetzt. Es bestand die Möglichkeit, sich um sogenannte generische Domains (gTLDs) wie „.shop“, „.reise“ oder „.versicherung“ zu bewerben als auch um sogenannte „.brand“-Domains, also Domain-Endungen, die aus einer Marke bestehen (z.B. „.canon“ oder „.bmw“). Auch der Name einer bestimmten Region oder einer Stadt („.bayern“, „.berlin“, „.köln“) kann als neue Top-Level-Domain registriert werden. Unter jeder dieser Top-Level-Domains können dann beliebig viele Second-Level-Domains vergeben werden. Mögliche neue URLs wären beispielsweise „www.nuernberger.versicherung“ oder „www.vertrieb.bmw“.

Auswirkungen für Inhaber von Marken

Angesichts der Kosten für die Bewerbung ist das Risiko eher gering, dass sich ein unberechtigter Dritter für eine neue Top-Level-Domain beworben hat, die mit einer registrierten Marke identisch oder ähnlich ist. Schon wahrscheinlicher ist es, dass eine Bezeichnung als Marke für unterschiedliche Inhaber eingetragen ist, z.B. in verschiedenen Ländern oder für unterschiedliche Waren und Dienstleistungen. Dann stellt sich die Frage, wer die entsprechende Domain erhalten soll.

Das größte Risiko besteht jedoch – wie schon bei den „alten“ Domain-Endungen – darin, dass unter einer der neuen beschreibenden Domain-Endungen ein Unberechtigter eine markenverletzende Sub-Level-Domain registrieren lässt (z.B. „siemens.shop“).

Mögliche Gegenmaßnahmen

Was können Markeninhaber unternehmen, um sich gegen rechtsverletzende Domain-Registrierungen zu wehren? Voraussetzung für ein Vorgehen gegen die neuen Domains ist stets, dass entsprechende eingetragene Marken bestehen. Falls Sie Ihre Unternehmens- und/oder Produktbezeichnungen also noch nicht als Marken angemeldet haben, so ist jetzt rasches Handeln erforderlich.

Für die verschiedenen Rechtsverletzungen kann man sich folgendermaßen zur Wehr setzen:

  • Neue Top-Level-Domain verletzt Markenrechte: Innerhalb einer Frist von voraussichtlich sieben Monaten nach der Veröffentlichung der Bewerbungen um die neuen gTDLs können Markeninhaber ein Streitbeilegungsverfahren wegen der Verletzung ihrer Markenrechte einleiten. Im Rahmen dieses Streitbeilegungsverfahrens (Dispute Resolution Procedures) entscheidet ein Schiedsgericht, ob eine Markenverletzung vorliegt.
  • Zwei Markeninhaber bewerben sich um dieselbe Top-Level-Domain: Nach dem von der ICANN herausgegebenen Handbuch für Bewerber (Applicant‘s Guide Book) soll in einem ersten Schritt versucht werden, eine Einigung zwischen den jeweiligen Bewerbern zu erzielen. Falls dies nicht möglich ist, soll entweder eine Vergabe nach einem Evaluierungsverfahren oder eine Auktion erfolgen.
  • Eine unter einer neuen Top-Level-Domain registrierte Second-Level-Domain verletzt die Markenrechte: Für diesen Fall ist jeder Betreiber der neuen Top-Level-Domain verpflichtet, ein Streitbeilegungsverfahren einzuführen. In diesem können dann Markenkonflikte beigelegt werden.

Das „Trademark Clearing House“

Zur Wahrung der Rechte von Markeninhabern wird auch ein sogenanntes „Trademark Clearing House“ geschaffen. Bei diesem sollen Markeninhaber ihre eingetragenen Marken hinterlegen können, die dann von dem Trademark Clearing House geprüft (validiert) werden. Die dort hinterlegten und validierten Marken können von den Betreibern der neuen Top-Level-Domains, z.B. bei der Vergabe von Second-Level-Domains im Rahmen einer Sunrise-Period abgerufen werden. Ferner ist geplant, dass die Inhaber der hinterlegten Marken über beantragte Second-Level-Domains informiert werden, die mit den Marken in Konflikt stehen könnten.

Der Betreiber des Trademark Clearing Houses (TCH) war bei Redaktionsschluss noch nicht bekannt. Es steht jedoch fest, dass dieser von der ICANN unabhängig sein wird und sich ausschließlich aus Gebühren finanzieren soll, die von den jeweiligen Nutzern zu zahlen sind. Voraussichtlich können ab Oktober 2012 dort Marken hinterlegt werden. Nach den bisherigen Informationen werden aber nur Wortmarken berücksichtigt.

Mit den neuen TLDs wird sich also vieles ändern. Um Markenrechte schützen zu können, ist es daher wichtig, sich über die aktuellen Entwicklungen informiert zu halten und rechtzeitig zu handeln.

Autor/in: 

Dr. Renate Kropp

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ist Fachanwältin für gewerblichen Rechtsschutz bei der Kanzlei Cöster & Partner in Nürnberg (info@coester-partner.de).
 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 06|2012, Seite 26

 
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