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Einzelhandel

Gespaltene Entwicklung

Die mittelfränkischen Einzelhändler haben den Umsatz im vergangenen Jahr nominal um 2,7 Prozent auf 9,2 Mrd. Euro gesteigert.

„Der Geschäftsverlauf war robust“, diagnostizierte Uwe Werner, Geschäftsführer des Handelsverbands Bayern (HBE) in Mittelfranken, allerdings könne von einem „Konsumrausch“ keine Rede sein. Ein Grund dafür sei, dass die Arbeitslosigkeit in Nürnberg über dem bayerischen Durchschnitt liege, was eine geringere Kaufkraft und insgesamt eine geringere Konsumlust zur Folge habe.

Hinter dem leichten Wachstum verbergen sich zudem unterschiedliche Entwicklungen: Ein Plus an der Ladenkasse verbucht laut Verbandsumfrage nur knapp jede zweite der 7 900 Verkaufsstellen in Mittelfranken, fast ein Drittel der Händler meldete dagegen ein Umsatzminus. Außerdem sei ein Gefälle innerhalb der Region festzustellen nach dem Motto „je weiter draußen, desto schlechter“: Während die Geschäfte im Ballungsraum Nürnberg/Fürth/Erlangen relativ zufrieden sind, klagt der Handel im Umland häufig über eine deutlich geringere Kundenfrequenz. Zudem wandern die Konsumausgaben nach Worten Werners immer häufiger zu mittleren und größeren Anbietern. Nur rund ein Viertel der 7 900 Geschäfte und Filialen erziele einen Umsatz von mehr als einer Mio. Euro, sie hätten mehr Möglichkeiten bei Marketing und Preispolitik und könnten mehr Wettbewerbsdruck aufbauen. Und schließlich entscheidet auch das Sortiment über den Erfolg: 2011 gehörten Möbel, hochwertiger Schmuck und Kosmetik zu den Umsatzbringern. Das stationäre Buchgeschäft geriet angesichts der zunehmenden Online-Buchkäufe ins Minus, ebenso die elektrischen Haushaltsgeräte (sogenannte weiße Ware), die unter einem starken Preisverfall leiden.

Angesichts einer unbefriedigenden Vorsteuermarge von drei Prozent machen sich die Einzelhändler auch Sorgen wegen der Energiewende und der zu erwartenden höheren Stromkosten. Sie würden den Gewinn der Händler weiter schmälern und zudem die verfügbare Kaufkraft der Kunden verringern.

„Der Verbraucher ist hier sehr sensibel“, ergänzte Bezirksvorsitzender Jürgen Dörfler und belegte das mit der Entwicklung im laufenden Jahr. Nach einem guten ersten Quartal mit einem nominalen Zuwachs von drei Prozent habe der hohe Benzinpreis von über 1,70 Euro pro Liter das Ostergeschäft im April verdorben, für den der Handel mehr erwartet hätte. Gleichwohl blicke er mit „sanftem Optimismus“ auf das laufende Geschäftsjahr, das nach aktueller Schätzung mit einem Umsatzplus von zwei Prozent abschließen könnte.

Sorgen macht sich der Verband auch über den fehlenden Nachwuchs. Die Zahl der Beschäftigten legte zwar um rund 1 200 auf 47 200 zu und auch die Zahl der Auszubildenden stieg leicht auf über 2 700. Manche Betriebe bilden nach Kenntnis des Verbands allerdings nicht aus, weil es vielen Bewerbern an grundlegenden sprachlichen Fähigkeiten und Rechenkenntnissen mangle.

Nur am Rande gingen Werner und Dörfler auf das Thema Einzelhandelsflächen ein, zu dem sie jedoch eine deutliche Stellungnahme in nächster Zeit ankündigten. Denn mit einer Ladenfläche von 2,1 Quadratmetern pro Einwohner weise Mittelfranken den doppelten Wert Münchens auf. Kritisch sehe der Verband deshalb weitere Flächenzuwächse und große Handelsprojekte, die den Druck auf kleinere Händler weiter erhöhen würden.

Autor/in: 
tt.
 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 06|2012, Seite 56

 
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