Telefon: +49 911 1335-1335

Photovoltaik

Branche unter Strom

Die Einschnitte bei der Einspeisevergütung verunsichern die Solarunternehmen in der Region Nürnberg. Ein Stimmungsbild. Von Andrea Wiedemann

Im Jahr 2011 haben die rund eine Mio. Photovoltaik-Anlagen in Deutschland etwa 18 500 Gigawattstunden Strom erzeugt. Zum Vergleich: Im Jahr 2000 lag die Solarstromproduktion noch bei 64 Gigawattstunden. Nun wird zunehmend Kritik am Turbowachstum der Photovoltaik (PV) laut: Die Solarindustrie sei „überfördert“. Vor diesem Hintergrund sind Kürzungen der Solarstromförderung nach dem Erneuerbaren-Energien-Gesetzes (EEG) geplant.

Über diese Neuregelungen, die gravierende Einschnitte bei der Einspeisevergütung vorsehen, wurde monatelang kontrovers diskutiert. Nachdem der Bundesrat die Gesetzesvorlage der Bundesregierung zurückgewiesen hatte, beschäftigte sich der Vermittlungsausschuss damit. Besonders hart soll es Photovoltaik-Anlagen in den Größenklasse zehn bis 100 Kilowattpeak treffen: In dieses Segment – es macht nach Angaben des Bundesverbands Solarwirtschaft etwa die Hälfte des deutschen Photovoltaik-Marktes aus – fallen zum Beispiel Solarstromanlagen auf Mehrfamilienhäusern, kommunalen Immobilien, landwirtschaftlichen Gebäuden oder Industriebauten.

Ende Juni – unmittelbar vor Redaktionsschluss – hat der Vermittlungsausschuss einen Kompromissvorschlag vorgelegt: Für große Solarparks wird die Förderung um bis zu 30 Prozent gekappt; für Dachanlagen zwischen 10 und 40 Kilowattpeak wird die Einspeisevergütung auf 18,50 Cent pro Kilowattstunde reduziert. Ursprünglich war eine Senkung auf 16,50 Cent pro Kilowattstunde vorgesehen. Während auf der politischen Bühne noch heftig um diese Entscheidung gerungen wurde, hat sich die „WiM“ bei den Photovoltaik-Unternehmen in der Region umgehört, wie sie die aktuelle Situation erlebt haben.

„Am schlimmsten ist die Ungewissheit“, sagt Willi Wohlfart, Geschäftsführer der Laufer Sunworx-Solar GmbH, der sich wie alle seine Branchen-Kollegen sehnlichst ein Ende der monatelangen Hängepartie um die Kürzung der PV-Einspeisevergütung wünscht. Die Verunsicherung auf dem Markt hat seinem Unternehmen, einem in Deutschland und international tätigen Systemhaus, Umsatzeinbußen beschert. Zwar sei die Nachfrage von Privatkunden noch nicht gänzlich eingebrochen, aber das Projektgeschäft mit Großanlagen schwächelt: Die unsichere Rahmenbedingungen bei der Förderung schrecken Investoren derzeit ab.

Skepsis bei Großanlagen

Dies bestätigt auch Georg Hetz, Geschäftsführer der UDI UmweltDirektInvest-Beratungsgesellschaft mbH in Nürnberg, die als bankenunabhängiger Finanzdienstleister seit Mitte der 1990er Jahre auf dem Markt für ökologische Investments aktiv ist. Für Photovoltaik-Großanlagen sind derzeit keine Anleger zu begeistern, so die Einschätzung von Hetz: „Wir können in diesem Segment aktuell keine Fondsbeteiligungen mit vernünftigen Renditen anbieten.“ UDI realisiert auch eigene Projekte aus dem Bereich Erneuerbarer Energien, allerdings wird Hetz momentan in Deutschland keine neuen Photovoltaik-Projekte angehen: „Es ist jammerschade, denn wir hätten eigentlich die Wertschöpfung gern im Land belassen.“

Willi Wohlfart kennt die Photovoltaik-Szene seit Jahrzehnten. Er macht sich große Sorgen, dass viele kleine und mittlere Unternehmen der Branche die aktuelle Hängepartie gar nicht oder nur mit erheblichen Blessuren überstehen: Sobald die Vorzieheffekte des ersten Halbjahrs 2012 verpufft sind, so seine Befürchtung, treffe die Photovoltaik-Krise nicht nur die Modulhersteller, sondern auch Handwerks- und Handelsbetriebe mit voller Wucht. „Bei vielen geht es dann an die Substanz, weil die Liquidität eng wird. Außerdem werden die Banken nervös, sodass sich die Konditionen für mittel- und langfristige Finanzierungen selbst für diejenigen Unternehmen verschlechtern, denen es noch halbwegs gut geht.“

Die Photovoltaik als Sündenbock für steigende Strompreise hinzustellen, hält der Sunworx-Chef für falsch: „Die EEG-Umlage liegt 2012 bei 3,592 Cent pro Kilowattstunde. Setzt man den Stromverbrauch eines Drei-Personen-Haushalts mit 3 500 Kilowattstunden pro Jahr an, schlägt die Förderung der regenerativen Energien insgesamt mit knapp 10,50 Euro monatlich zu Buche.“ Dem Vorwurf der Preistreiberei hält er Zahlen aus einer Studie des Umweltbundesamtes entgehen: „2009 hat ein durchschnittlicher Drei-Personen-Haushalt pro Monat 27 Euro mehr bezahlt als zehn Jahre vorher. Die EEG-Umlage hat sich im selben Zeitraum um 3,25 Euro erhöht.“

Helmut Zeltner und Albert Engelbrecht, die beiden Geschäftsführer der FR-Frankensolar GmbH, hätten sich zum 20. Geburtstags des Unternehmens sicherlich eine fröhlichere Begleitmusik gewünscht als die aktuellen politischen Dissonanzen um die Photovoltaik-Förderung. Das Systemhaus zählt zu den führenden deutschen Photovoltaik-Fachgroßhändlern und ist mit Beteiligungen und Tochterunternehmen in Tschechien, Großbritannien und Nordamerika international aktiv. Im Deutschland-Geschäft hinterlässt die Diskussion um die EEG-Novelle und die PV-Förderpolitik im laufenden Quartal erstmals Spuren in der Umsatzentwicklung und auch für das zweite Halbjahr sind die Prognosen verhalten. Dennoch ist die Stimmung am Nürnberger Stammsitz der Unternehmensgruppe mit rund 100 Beschäftigten zuversichtlich: „Wir sehen keine Veranlassung, unser Geschäftsmodell grundsätzlich zu verändern“, betont Engelbrecht. Das Systemhaus definiert sich vor allem als Partner des Fachhandwerks und ist ausschließlich im Segment Business-to-Business tätig. „Unsere ausgeprägte Dienstleistungsorientierung hat eine starke Kundenbindung geschaffen, die sich stabilisierend auf das Geschäft auswirkt“, erklärt Engelbrecht.

Ausgleich durch Auslandsgeschäft

Auf diesen Effekt hofft er auch für die nächsten Monate und sieht die mittel- und langfristige Entwicklung der Solarbranche optimistisch: „Wir haben in den zwei Jahrzehnten unser Firmengeschichte die Höhen und Tiefen der Marktentwicklung erlebt. Die Photovoltaik ist im Mix der regenerativen Energien in Deutschland unersetzlich und bei den Bürgern trotz der negativen Stimmungsmache sehr beliebt.“ Mit ihrer Geschäftsstrategie will FR-Frankensolar rechtzeitig die Weichen stellen, um angesichts des zunehmenden Preisdrucks auf Expansionskurs zu bleiben: Dabei setzt das Management auf eine behutsame Internationalsierung sowie auf innovative Technologien wie Elektromobilität, Smart Grid und Energiespeicherung.

Mit dem Themenfeld Energiespeicherung befasst sich auch die Trustec Energy GmbH. Das Unternehmen aus Ansbach mit sechs Mitarbeitern war bislang vor allem im Vertrieb von Wechselrichtern des Herstellers Diehl AKO und in der Projektierung von Photovoltaik-Anlagen aktiv. Auf der internationalen Fachmesse Intersolar im Juni 2012 hat Trustec Energy eine neue Produktserie im Bereich Speichertechnik präsentiert, die sich in vorhandene Solaranlagen integrieren lässt: Der stationäre Speicher, ausgerüstet mit Lithium-Eisen-Yttrium-Akkus, hat eine Speicherkapazität von 5 kWh bis 100 kWh, das mobile System bringt es auf eine Speicherkapazität von 0,7 kWh bis 2,4 kWh. Die Trustec Energy GmbH registriert zwar das rauer werdende Klima in der deutschen Photovoltaik-Branche, akutem Leidensdruck ist das Unternehmen derzeit jedoch nicht ausgesetzt. Außerdem ist es nicht nur im Segment Sonnenenergie aktiv, sondern auch im Bereich Kleinwindanlagen, wie Gründer und Geschäftsführer Martin Herrmann erläutert. Auch wenn sein Unternehmen bislang von direkten negativen Auswirkungen verschont wurde, wünscht er sich von der Politik mehr Verlässlichkeit bei der Gestaltung der Förderbedingungen für regenerative Energien: „Der Rahmen muss kalkulierbar bleiben. Wir sind schließlich keine Bananenrepublik.“

Kritik an der Politik

Ähnlich harsch charakterisiert Florian Philippi von der Fath Solar GmbH die Art und Weise der EEG-Novellierung: „Dilettantenstadl“ nennt er das Vorgehen bei den geplanten Kürzungen der PV-Förderung, auch wenn das in Spalt ansässige Unternehmen im Moment keine negativen Auswirkungen spüre. Die Firma hat sich in Deutschland und im internationalen Geschäft mit Energiedächern positioniert. Sie lassen sich als vollintegriertes System verschiedener Modularten entweder auf einer Ziegelschicht verlegen oder statt einer Dachziegelschicht verwenden. „Mit diesem Kernprodukt sind wir weniger anfällig für die Einschnitte bei der Förderung“, so die Einschätzung Philippis. Bei der Entscheidung für die Energiedächer falle für Bauherren und Immobilienbesitzer die Verbindung von Design und Funktionalität stärker ins Gewicht als die Höhe der Einspeisevergütung. Damit setzt die Fath Solar GmbH ein paar helle Farbtupfer in das Stimmungsbild der mittelfränkischen Solarbranche: Florian Philippi ist bester Dinge und mit gut gefülltem Auftragsbuch von der Intersolar zurückgekommen. „Die Resonanz auf der Messe war toll.“

Autor/in: 
Andrea Wiedemann
 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 07|2012, Seite 38

 
Device Index

Alle Ansprechpartner/innen auf einen Blick