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Druckluft

Verpuffte Energie

Falsch eingestellte Anlagen, Lecks und unnötig starker Druck sorgen bei Druckluftanlagen für hohen Energieverbrauch. Die IHK unterstützt Unternehmen dabei, Einsparpotenziale zu nutzen.

In Produktionsunternehmen kommt Druckluft als vielseitiger Betriebsstoff zum Einsatz: Sie wird als Transportmedium genutzt, für pneumatische Anwendungen oder als Prozessluft. Zwar ist Luft zum Nulltarif zu haben, aber die Druckluft ist relativ teuer: Mittels einer Verdichtermaschine muss die Luft auf einen höheren Druck komprimiert werden und dieser Prozess erfordert einen hohen Energieaufwand: Die rund 62 000 Druckluft-Anlagen in Deutschland verbrauchen pro Jahr rund 14 Mrd. Kilowattstunden Strom.

Der Appetit dieser „Stromfresser“ ließe sich allerdings um bis zu einem Drittel zügeln, wenn Unternehmen konsequente Maßnahmen zur Effizienzsteigerung ihrer Druckluftsysteme ergreifen würden. Diese Chance, Kosten zu sparen und gleichzeitig einen Beitrag zum Klima- und Ressourcenschutz zu leisten, bleibt allerdings häufig ungenutzt: „Das ist noch ein riesengroßes Betätigungsfeld“, meint Stephan Dirlewanger, Geschäftsführer der Druckluft Könitzer GmbH & Co. KG in Lauf a.d. Pegnitz. In vielen Unternehmen sei die Energieeffizienz von Druckluftanlagen nach wie vor ein Randthema, das im Tagesgeschäft untergehe. Aber steigende Energiepreise und die zunehmende Verbreitung von Energiemanagementsystemen führen zu einem Umdenken, so der Eindruck des Druckluftexperten, der sich außerdem als EnergieManager (IHK) qualifiziert hat.

Ein Indikator für das zunehmende Interesse an diesem Thema war die gute Resonanz auf das Fachforum „Kosten und Energie sparen durch effiziente Druckluftsysteme“, das die IHK Nürnberg für Mittelfranken Ende Juni zum wiederholten Mal veranstaltet hat. Zu den Referenten gehörte neben Stephan Dirlewanger auch Andreas Heindl von der Rehau AG + Co. in Erlangen-Eltersdorf. Der Leiter des Business-Teams Industrierohrsysteme/Fernwärme unterstreicht den Stellenwert der richtigen Auslegung der Systeme: „Druckluftnetze sollten immer den aktuellen Bedürfnissen eines Unternehmens angepasst werden. Es kann durchaus sinnvoll sein, Netze im Lauf ihrer Betriebsdauer zu erweitern oder nicht mehr benötigte Netzteile vorübergehend oder ganz abzutrennen.“ Um die Dimensionierung von neuen Druckluftanlagen zu berechnen oder bei bestehenden Anlagen zu überprüfen, bietet Rehau für sein Industrierohrsystem „Raupex“ ein Auslegungstool auf Excel-Basis an.

Neben einer suboptimalen Dimensionierung gibt es weitere Problemstellen im Druckluftnetz: Veraltete Leitungen, die durch Rost, Wasseranfall oder Zinkgeriesel in Mitleidenschaft gezogen sind, führen zu einem erhöhten Druckverlust bzw. gesteigerten Energieaufwand beim Transport der Druckluft. Häufig bleibt die mit teurer Energie erzeugte Druckluft aufgrund undichter Leitungen auf der Strecke: „Der Kampf gegen Leckagen ist eine Sisyphusarbeit“, so die Erfahrung Stephan Dirlewangers. Das Aufspüren der undichten Stellen erfordere zudem detektivischen Spürsinn, Geduld und gute Ohren: Manchmal lassen sich Leckagen bei einem Gang durch die Werkhalle entdecken, wenn die Maschinen abgestellt sind und das feine Geräusch der austretenden Druckluft zu hören ist. Wesentlich schwieriger gestaltet sich dagegen die Suche nach Löchern in tief verlegten Leitungen. Hier werden Ultraschallmessgeräte eingesetzt. In maroden Netzen kann es durchaus vorkommen, dass etwa ein Drittel der Druckluft durch Leckagen verloren geht und Druckabfälle von zwei bar bestehen. Das heißt, etwa die Hälfte der zur Drucklufterzeugung eingesetzten Energie verpufft.

Kompressoren

Ein wichtiger Ansatzpunkt für die Verbesserung der Energieeffizienz sind die Kompressoren: Eine Möglichkeit ist hier der Einsatz von Elektromotoren mit besonders hohen Wirkungsgraden. Eine weitere Option sind Systeme, die für eine optimale Synchronisierung der Drehzahl von Antriebsmotor und Kompressorblock sorgen (sogenannte drehzahlgeregelte Steuerungen).

Bei den Druckluft-Verbrauchern gibt es in puncto Effizienzverbesserung noch reichlich Luft nach oben. Zum Beispiel ist die Einstellung eines zu hohen Drucks an den Werkzeugen ein Energie-Verlustbringer. In der Praxis erlebt Stephan Dirlewanger nicht selten, dass ein Werkzeug, das mit einem Druck von sechs bar betrieben werden kann, tatsächlich mit acht bar läuft. Dieser unnötige „Hochdruck“ ist pure Verschwendung, denn je höher der Druck, desto teurer die Drucklufterzeugung: „Eine Druckerhöhung um ein bar kostet zehn Prozent mehr Energie“, rechnet Andreas Heindl vor.

Ein vielversprechender Ansatz, die Effizienz von Druckluftsystemen deutlich zu steigern, ist die Wärmerückgewinnung. Die Wärme, die bei der Verdichtung der Luft in den Kompressoren entsteht, kann für die Raumheizung genutzt werden.

Für die Optimierung von Druckluftsystemen gilt keineswegs das Alles-oder-nichts-Prinzip, auch wenn eine ganzheitliche Sanierung oder Erneuerung in der Regel die größten Effekte bringt. „Auch durch relativ einfach realisierbare Maßnahmen an bestehenden Anlagen lassen sich spürbare Spareffekte erzielen“, betont Dirlewanger.

Die wichtigste Voraussetzung für die Optimierung von Druckluftanlagen ist die Entschlossenheit, mit der Unternehmen das Thema angehen. Ohne hohe Motivation und feste Zuständigkeiten bleibt es häufig bei guten Energiespar-Vorsätzen. Damit sie verwirklicht werden, bedarf es eines Verantwortlichen, der für alle Facetten des Druckluftsystems zuständig ist – von der Erzeugung über die Verteilung bis zu den Verbrauchern.

Autor/in: 
aw.
 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 07|2012, Seite 40

 
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