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Zwangsversteigerung

Die Katze im Sack?

Wer eine Immobilie bei einer Zwangsversteigerung kauft, kann diese in der Regel nicht vorab von innen besichtigen. Umso größere Bedeutung hat die Bewertung des Gebäudes durch einen Sachverständigen. Von Alfred Bräuer

Der Weg zu einer Zwangsversteigerung ist schnell erklärt: Ein Immobilienkäufer nimmt einen größeren Kreditbetrag auf und wird durch den Kreditvertrag zum Schuldner. Zur Absicherung lässt sich das Kreditinstitut (Gläubiger) eine Grundschuld in Abteilung III des Grundbuchs eintragen. Wenn der Schuldner den Zahlungsverpflichtungen nicht mehr nachkommt, kann es zu einer Zwangsversteigerung kommen.

Sie kann auch dann drohen, wenn sich eine Gemeinschaft von Eigentümern (z.B. eine Erbengemeinschaft) nicht einig ist. Einer oder mehrere der Miteigentümer können dann ihre Beteiligung an einem (unteilbaren) Grundstück in einer Teilungsversteigerung „zwangsauflösen“ und in eine Berechtigung an einem Geldbetrag umwandeln lassen – sofern ein Dritter oder Miteigentümer (Bieter) bereit ist, das gesamte Grundstück zu ersteigern.

Die Fäden eines Zwangsversteigerungsverfahrens laufen bei den Vollstreckungsgerichten zusammen, die bei den Amtsgerichten angesiedelt sind. Betreut wird das Verfahren von einem Rechtspfleger, zu dessen Aufgaben u.a. gehört, den Grundstückswert festzusetzen.

An dieser Stelle kommt in der Regel der Sachverständige mit ins Spiel, denn in § 74a Abs. 5 Satz 1 ZVG (Zwangsversteigerungsgesetz) heißt es: „Der Grundstückswert (Verkehrswert) wird vom Vollstreckungsgericht, nötigenfalls nach Anhörung von Sachverständigen, festgesetzt.“ Die Vollstreckungsgerichte können die Gutachter grundsätzlich frei wählen.

Eine wertvolle Orientierungshilfe, um einen hoch qualifizierten Sachverständigen zu finden, kann das bundesweite Sachverständigenverzeichnis der Industrie- und Handelskammern sein, das im Internet unter der Adresse www.svv.ihk.de abrufbar ist und das öffentlich bestellte und vereidigte (ö.b.u.v) Sachverständige auflistet. Laut der Sachverständigenordnung der IHK Nürnberg für Mittelfranken „hat die öffentliche Bestellung den Zweck, Gerichten, Behörden und der Öffentlichkeit besonders sachkundige und persönlich geeignete Sachverständige zur Verfügung zu stellen, deren Aussagen besonders glaubhaft sind“.

Darüber hinaus ist es wichtig, eine reibungslose Zusammenarbeit zwischen den Vollstreckungsgerichten und den Sachverständigen zu fördern. Diesem Ziel diente auch der „2. Bayerische Rechtspfleger und Sachverständigentag“, der im Mai dieses Jahres in Nürnberg stattfand. Ins Leben gerufen wurde die Tagungsreihe vom Landesverband Bayern öffentlich bestellter und vereidigter sowie qualifizierter Sachverständiger (LVS Bayern), Mitveranstalter ist der Verband Bayerischer Rechtspfleger, unterstützt wird die Reihe von der IHK Nürnberg für Mittelfranken. Diese Tagungen bieten ein Forum für den fachlichen Austausch von Sachverständigen und Rechtspflegern.

Gemeinsames Ziel

Ziel beider Berufsgruppen ist es, die betreffende Immobilie bestmöglich an den Mann zu bringen. Von Seiten der Sachverständigen ist sorgfältiges, gewissenhaftes Arbeiten und ein hohes Maß an Marktkenntnis erforderlich. Hierbei sollen die „Mindestanforderungen an ein Gutachten“ eingehalten werden. Dies ist besonders wichtig, weil der Bieter bei einer Zwangsversteigerung gleichsam die Katze im Sack kauft, da er die Immobilie im Vorfeld in der Regel nicht von innen besichtigen kann und sich daher auf die Ausführungen im Gutachten verlassen muss.

Auch dem Schuldner muss daran gelegen sein, den bestmöglichen Versteigerungserlös zu erzielen, um eventuelle „Restschulden“ zu minimieren. Er sollte sich daher kooperativ verhalten und dem Sachverständigen eine ausführliche Besichtigung des Gebäudes (auch von innen) ermöglichen. Damit können „Angstabschläge“ von Seiten der Bieter vermieden werden.

In der Vergangenheit waren bei den Versteigerungsterminen Rechtspfleger und Gläubiger häufig mit nur wenigen Bietern unter sich, sodass keine zufriedenstellenden Erlöse erzielt wurden. Das hat sich angesichts von instabilen Finanzmärkten und Euro-Krise geändert, denn die hohe Nachfrage nach vermeintlichem „Beton-Gold“ führt dazu, dass die Käufer auch diese Art des Immobilienerwerbs stärker in den Blick nehmen. Die aktuellen Erfahrungen von Versteigerungen in Ballungsräumen zeigen, dass die Schnäppchenjäger angesichts des gestiegenen Interesses nicht mehr überall auf ihre Kosten kommen. Allen Bietern ist zu empfehlen: Kühlen Kopf bewahren, ein Limit setzen und die Finanzierung vor dem Versteigerungstermin klären.

Autor/in: Alfred Bräuer,, Inhaber des Sachverständigenbüros Alfred Bräuer in Heilsbronn ist Wirtschaftsmediator (IHK) und von der IHK öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger für das Fachgebiet „Bewertung von bebauten und unbebauten Grundstücken“. sbb@alfred-braeuer.de
 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 09|2012, Seite 74

 
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