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Energiespar-Contracting

Doppelt gespart

Aufgrund hoher Energiekosten sind effizienzsteigernde Sanierungen meist unumgänglich. Energiespar-Contracting bietet neue Finanzierungslösungen. Von Andrea Wiedemann

3,6 Milliarden Euro geben Bund, Länder und Kommunen pro Jahr für die Energieversorgung ihrer Gebäude aus. Diesen Betrag durch Energieeinsparungen zu verringern, entlastet nicht nur die öffentlichen Haushalte, sondern auch die Klimabilanz. Immerhin sieht das Energiekonzept der Bundesregierung vor, den Wärmeenergiebedarf bis 2020 um 20 Prozent zu senken und dadurch die CO2-Emissionen zu reduzieren. Damit dieser Plan Aussicht auf Erfolg hat, müssen veraltete und ineffiziente Heizungs-, Lüftungs- und Beleuchtungsanlagen entrümpelt werden. Doch die energetische Sanierung von Schulen, Rathäusern, Sporthallen, Schwimmbädern und Krankenhäusern hat ihren Preis – und der ist angesichts der klammen Haushaltslage vieler Kommunen und mancher Länder häufig nicht bezahlbar. Einen Ausweg aus diesem Dilemma weisen Contracting-Modelle. Das Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (BMVBS) hält in Deutschland rund 20 000 öffentliche Liegenschaften für das Contracting geeignet. Das daran geknüpfte Sparpotenzial beziffert das BMVBS auf 300 Mio. Euro jährlich.

Beim Energiespar-Contracting übernimmt ein Partner aus der Privatwirtschaft – der Contractor – die Planung, Finanzierung und Umsetzung von Energiesparmaßnahmen in Gebäuden. Der öffentliche Auftraggeber und der Contractor schließen einen Vertrag, der die garantierten Energieeinsparungen festschreibt. Die Investitionen in die Gebäudetechnik refinanzieren sich aus den Einsparungen der vertraglich festgelegten Laufzeit, wobei der Contractor das technische und wirtschaftliche Risiko trägt. In der Regel wird der Auftraggeber an den Einsparungen beteiligt.

Dabei ist das Energiespar-Contracting weit mehr als eine Finanzierungslösung für Gebäudetechnik: „Der Auftraggeber kauft unser Know-how mit ein“, erklärt Stephan Weinen, Geschäftsführer der in Nürnberg ansässigen WISAG Energiemanagement. Der Contractor muss nämlich über die gesamte Vertragslaufzeit die vereinbarten Einsparziele erreichen. Diese langfristige Verpflichtung kann er nur einlösen, wenn er die gebäudetechnischen Anlagen optimal einstellt, wartet und instand setzt sowie gemeinsam mit dem Auftraggeber ein intelligentes Energiemanagement und -controlling gewährleistet. Als weiteren Pluspunkt für das Energiespar-Contracting führt Stephan Weinen die optimierte Anlagenauslegung an: „Der Contractor hat nichts von überdimensionierten Anlagen, denn unsere Vergütung bemisst sich an der erreichten Energieeffizienz, nicht am Volumen der Anlageninvestitionen.“

Die Kreisklinik Gunzenhausen, eine von zwei Kliniken des Landkreises Weißenburg-Gunzenhausen, hat sich 2007 für das Modell Energiespar-Contracting entschieden. Die europaweite Ausschreibung des Projekts hat die WISAG Energiemanagement gewonnen. Im Februar 2008 wurde zwischen dem Krankenhaus mit 190 Planbetten und dem Contractor ein Vertrag unterzeichnet, der im Zeitraum 2010 bis 2019 eine jährliche Energieeinsparung von rund 175 000 Euro garantiert. Das entspricht gegenüber dem Ausgangsjahr 2006 – der sogenannten Baseline – einer Verringerung von rund 30 Prozent.

Dieser Sparerfolg wurde vor allem durch eine Modernisierung der Wärmeversorgung möglich, wie Stephan Weinen erklärt: In der Heizzentrale wurden ein Blockheizkraftwerk, ein Erdgas-Brennwertkessel und ein Holzhackschnitzel-Heizkessel installiert. So wird ein Großteil des Wärmebedarfs aus einer erneuerbaren und regional verfügbaren Energiequelle gedeckt. Außerdem erneuerten die WISAG-Experten unter anderem die zentrale Druckhaltung und den Trinkwarmwassererzeuger und tauschten die alten Umwälzpumpen der Heizung gegen hocheffiziente, drehzahlgeregelte Modelle. Insgesamt belief sich die Erstinvestition der WISAG inklusive Planung auf knapp eine Mio. Euro.

Für ihr Engagement bei der Verbesserung der Energieeffizienz erhielt die Kreisklinik Gunzenhausen im November 2011 als erste Einrichtung in Bayern das Gütesiegel „Energie sparendes Krankenhaus“ des Bundes für Umwelt und Naturschutz Deutschland e.V. (BUND). Die Auszeichnung würdigt vor allem die Minderung des CO2-Ausstoßes und die konsequente Umsetzung des Energiemanagements: 2010 hat die Klinik etwa 900 Tonnen Kohlendioxid weniger emittiert als vor der energetischen Sanierung.

Weitere Projekte geplant

Aufgrund der positiven Erfahrungen mit Contracting-Modellen will die Bayerische Staatsregierung weitere Projekte vorantreiben und hat 2010 die Contracting-Initiative Bayern (CIB) gestartet. Wichtiger Baustein ist ein Leitfaden, den die Oberste Baubehörde im bayerischen Innenministerium erstellt hat. Diese Arbeitshilfe fasst Informationen für die Durchführung von Contracting-Maßnahmen auf kommunaler und staatlicher Ebene zusammen. Der Freistaat hat in seinen eigenen Liegenschaften bereits eine Reihe von Contracting-Verträgen geschlossen, beispielsweise für Verwaltungsgebäude, Institutsbauten, Museen oder Justizvollzugsanstalten. Bei den derzeit laufenden Maßnahmen werden von den Contractoren insgesamt rund 15 Mio. Euro investiert. Dies senkt die Kosten für Wärme, Strom und Wasser um 2,7 Mio. Euro pro Jahr. Im Moment sucht die Oberste Baubehörde weitere Objekte für das Contracting.

Aber das Modell Energiespar-Contracting ist nicht nur für Immobilien der öffentlichen Hand interessant. Auch Unternehmen können davon profitieren, denn die Modernisierung der Gebäudetechnik bindet Kapital. Diese Mittel könnten anderweitig lukrativer eingesetzt werden, wenn ein Contractor die Investitionen in Energiesparmaßnahmen übernimmt. Hier sieht Stephan Weinen erhebliche Chancen, vor allem bei Produktionsstätten mit hohem Energiebedarf: „Die Unternehmen werden mittel- und langfristig nicht um effizienzsteigernde Sanierungsmaßnahmen herumkommen. Nur so können sie den steigenden Energiekosten gegensteuern.

Autor/in: 
Andrea Wiedemann
 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 09|2012, Seite 82

 
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