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Schrottimmobilien

Nicht alles ist Betongold, was glänzt

Wie können Anleger unseriöse Immobilienangebote erkennen? Was ist zu tun, wenn man schon auf ein überteuertes Angebot hereingefallen ist? Von Oliver Stigler

Der Erwerb einer Immobilie zu Anlagezwecken ist aktuell so populär wie selten zuvor, da viele das sogenannte Betongold angesichts der Euro-Krise als die einzige sichere Anlagemöglichkeit sehen. Dieser Umstand bringt es mit sich, dass sich neben den vielen verlässlichen Anbietern auch solche tummeln, die mit unseriösen und vor allem überteuerten Angeboten die Gutgläubigkeit der Kunden ausnutzen.

Immer wieder die gleiche Masche

Seit Beginn der 90er Jahre wurden insbesondere in den neuen Bundesländern überteuerte Immobilien und Anteile an Immobilienfonds verkauft. Mehrere hunderttausend Anleger in Deutschland wurden mit dem Verweis auf die dortigen Sonderabschreibungen geködert. Auch wenn diese Welle längst abgeebbt ist, blieb doch die Methode die gleiche, mit der auch heute noch Schrott-immobilien vertrieben werden.

Mit sogenannter „Kaltakquise“, die wettbewerbsrechtlich unzulässig ist und meist per Telefon erfolgt, werden Normalverdiener kontaktiert und befragt, ob sie nicht Steuern sparen und ihr Geld sicher anlegen wollen. Wer das nicht rundweg ablehnt, den verwickeln die Vertriebsmitarbeiter in ein Gespräch, dem sich ein persönlicher Besprechungstermin zuhause beim Kunden anschließt. Dort wird ihm dann vorgerechnet, dass er eine Immobilie quasi kostenneutral erwerben könne, da Mieteinnahmen und Steuerersparnisse die zu zahlenden Kreditzinsen und sogar auch die Tilgung abdecken könnten. Die angebotenen Immobilien befinden sich häufig nicht in der Region des Kunden, sondern in anderen Städten. Die Vertriebsmitarbeiter sehen meist davon ab, Besichtigungstermine anzubieten. Diese Vorgehensweise funktioniert offensichtlich weiterhin, denn viele Kunden lassen sich von solchen einfachen Berechnungsmodellen blenden, sich unter Zeitdruck setzen (was rechtlich völlig inakzeptabel ist) und zu einer Vertragsunterzeichnung drängen. Erst nach einiger Zeit stellt sich dann heraus, dass der Kaufpreis für die angeblich hervorragende Immobilienanlage zu hoch angesetzt war, weil die zu erzielende Miete und die Wertentwicklung weit geringer ausfallen als versprochen. Spätestens dann brechen in der Regel die vorgerechneten Modelle in sich zusammen, weil plötzlich monatliche Belastungen entstehen, die nicht von Mieteinnahmen und Steuerersparnissen gedeckt werden. Das bringt die Kunden an den Rand des finanziellen Ruins, da sie diese Zusatzbelastungen aus dem Immobilienerwerb nicht in ihrem Budget hatten.

Tipps für betroffene Anleger

Wer in eine solche Situation geraten ist, sollte frühzeitig einen auf Anlegervertretung und Kapitalanlagerecht spezialisierten Anwalt aufsuchen. Er kann die verschiedenen Wege aufzeigen, über die Anleger zu ihrem Recht kommen können.

Ansprüche gegen die Verkäufer

Gegen die Verkäufer kann man vorgehen, wenn eine sogenannte sittenwidrige Überteuerung der Immobilie vorliegt. Die Rechtsprechung hat mit Bezug auf § 138 BGB festgestellt, dass der Kaufvertrag in diesem Fall nichtig ist und rückabgewickelt werden muss. Eine sittenwidrige Überteuerung liegt vor, wenn der Kaufpreis den Verkehrswert der Immobilie zum Zeitpunkt des Erwerbs um 100 Prozent übersteigt.

Ob dies der Fall ist, kann ein Sachverständiger für Immobilienbewertung feststellen. Die Rückabwicklung kann geschehen, indem der Kaufpreis zurückgezahlt und die Immobilie rückübertragen wird, möglich ist auch eine Freistellung von den Kreditverbindlichkeiten. In der Praxis scheitern diese Möglichkeiten aber häufig daran, dass die Verkaufsgesellschaft, meist in Form einer GmbH, längst insolvent ist oder spätestens dann insolvent wird, wenn die gestellten Ansprüche der Kunden Aussicht auf Erfolg haben.

Ansprüche gegen Vermittler

Ähnlich verhält es sich leider mit Ansprüchen gegen die Vermittler, denn auch sie überleben die Anspruchsstellungen von Kunden finanziell oft genauso wenig wie die Verkaufsgesellschaften selbst. Grundsätzlich gilt jedoch: Das Verhalten der Vermittler wird regelmäßig den Verkaufsgesellschaften zugerechnet, wenn sie als deren Verhandlungsgehilfen aufgetreten sind.

Gegen die Vermittler können aber auch eigene Ansprüche bestehen, wenn sie nicht richtig über das Anlageobjekt aufgeklärt und deswegen ihre Pflicht zur anleger- und anlagegerechten Beratung verletzt haben. Wenn Schadensersatzansprüche bestehen, zielen diese auf eine Rückabwicklung des Kaufvertrages ab (gemäß §§ 280, 249 BGB).

Ansprüche gegen die finanzierenden Banken

Wenn gegen die Verkäufer oder Vermittler keine Ansprüche gestellt werden können, stellt sich in der Regel die Frage, ob dies gegen die finanzierenden Banken möglich ist. Dafür hat die Rechtsprechung besondere Fallgruppen entwickelt, bei denen es insbesondere um die Verletzung von Aufklärungspflichten der Banken geht.

Solche Aufklärungspflichten werden dann angenommen, wenn die Bank

  • einen Wissensvorsprung gegenüber dem Kunden über besondere Risiken der Anlage hat,
  • einen besonderen Gefährdungstatbestand z.B. durch besonders ungünstige Vertragskonstruktionen geschaffen hat (etwa bei Finanzierung über eine Lebensversicherung),
  • einen Interessenskonflikt eingegangen ist (z.B. weil sie mit dem Bauträger bei der Entwicklung des Objektes zusammengearbeitet hat) oder
  • ihre Rolle als Kreditgeber überschreitet (z.B. wenn sie in besonderer Weise in Planung, Durchführung und Vertrieb des Objektes eingebunden war).

Ein Wissensvorsprung kann gegeben sein, wenn die Bank die sittenwidrige Überteuerung erkannte oder hätte erkennen müssen. Auch die Zahlung von sogenannten verdeckten Innenprovisionen können die Gerichte als einen solchen Wissensvorsprung ansehen. Kann die Verletzung von Aufklärungspflichten belegt werden, hat der Kunde auch gegen die Bank den Anspruch, von den bestehenden Verbindlichkeiten befreit zu werden und Schadensersatz zu erhalten.

Grundsätzlich gilt bei Schrottimmobilien, dass jeder Fall individuell zu betrachten ist. Deshalten sollten geschädigte Anleger umgehend einen spezialisierten Anwalt aufsuchen und mit ihm die Möglichkeiten besprechen, um berechtigte Ansprüche durchzusetzen.

Autor/in: Oliver Stigler, ist Fachanwalt für Familienrecht sowie für gewerblichen Rechtsschutz bei der KGH Anwaltskanzlei Kreuzer Goßler Horlamus GdbR in Nürnberg (oliver.stigler@kgh.de).
 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 09|2012, Seite 72

 
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