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Baurecht

Novelle enttäuscht die Wirtschaft

Zum zweiten Mal in dieser Legislaturperiode will die Bundesregierung das Baurecht novellieren. Der Anlass: Nach der Energiewende rücken jetzt die Ortszentren und Innenstädte in den Fokus.

Aus Sicht des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK) sieht der Entwurf inzwischen nur noch einige wenige Neuregelungen für das Baugesetzbuch und die Baunutzungsverordnung vor und bleibt damit hinter den Erwartungen der Wirtschaft zurück. Die Bundesregierung will Ortskerne und zentrale Lagen in Städten und Gemeinden weiter stärken und zugleich die Bebauung von Landwirtschafts- oder Waldflächen weitgehend verhindern. Die Städte sollen dazu erstmalig ein Flächenkataster für Brachflächen, Gebäudeleerstände und Baulücken in zentralen Lagen anlegen. Diese innerstädtischen Flächen sollen künftig vorrangig bebaut werden – entscheidet sich eine Gemeinde anders, muss sie begründen, warum beispielsweise landwirtschaftliche Flächen in Anspruch genommen werden und nicht eine Bahnbrache in der Innenstadt entwickelt wird.

Öffentlichkeit stärker beteiligt

Im Baugesetzbuch ist bereits seit 2004 die frühzeitige Öffentlichkeitsbeteiligung verankert. Diese besagt, dass Bürger und Träger öffentlicher Belange, wie z.B. die Industrie- und Handelskammern, bereits vor der Planaufstellung über die Planungsabsichten der Gemeinde informiert werden müssen. Neu werden jetzt Mediationsverfahren für den Konfliktfall angeregt, aber nicht grundsätzlich angeordnet.

Das Bundesbauministerium hatte den Novellierungsprozess von Baugesetzbuch und Baunutzungsverordnung vorbildlich durch Rechtsgutachten und Diskussionen in einem Expertengremium vorbereitet. Laut DIHK ist von den vielen Vorschlägen, beispielsweise für die Baunutzungsverordnung, aber wenig übrig geblieben. Die Baunutzungsverordnung beschreibt die Baugebiete von reinen Wohngebieten bis zu Industriegebieten. Eine Neuordnung der Baugebietstypologie hätte für Gewerbe- und Industriegebiete klar stellen können, dass sie für die Ansiedlung und Erweiterung von lauten und geruchsintensiven Betrieben dienen – in ausreichendem Abstand zu Wohnbebauungen oder Verwaltungsgebäuden. Das EU-Recht sieht überdies Ausnahmemöglichkeiten für Artenschutzvorgaben in Innenstädten vor. Diese Erleichterungen für Bauvorhaben in City-Lagen werden in der Baugesetzbuchnovelle nicht aufgegriffen. Stattdessen werden nur Anpassungen an die Rechtsprechung (z.B. zur Zulässigkeit von Kindertagesstätten in reinen Wohngebieten) vorgenommen. Auch die von allen Wirtschaftsverbänden geforderte Schaffung von bundeseinheitlichen Vorgaben für die Raumhöhe innerhalb von Gebäuden (sogenannte Vollgeschosse) sei im Zuge des Gesetzgebungsverfahrens auf der Strecke geblieben, so der DIHK.

Unnötig ist aus DIHK-Sicht der neue, zusätzliche Schutz von Landwirtschafts- und Waldflächen. Kern jedes Planverfahrens sei ohnehin bereits eine Nachhaltigkeitsprüfung, die die Umweltprüfung umfasst und den Klima- sowie den Landwirtschafts- und Waldschutz beinhaltet. Jetzt sei ein zusätzliches Flächenkataster vorgesehen, was neuen Verwaltungsaufwand auslösen dürfte und die Planungsprozesse in Städten und Gemeinden erschwere.

Noch mehr Transparenz gefordert

Zukunftsweisend für die Öffentlichkeitsbeteiligung wäre dagegen – das zeigen die Diskussionen über Großprojekte (z.B. Flughäfen oder Kraftwerke) – eine kontinuierliche Verfahrenstransparenz. Es gelte deshalb, die Öffentlichkeit durchgängig während des gesamten Planverfahrens zu informieren. Auf eine umfassende Überprüfung der Baunutzungsverordnung hat der Bundesgesetzgeber bislang verzichtet.

Dabei werden laut DIHK vielerorts wieder mehr Flächen für industrielle und gewerbliche Nutzungen benötigt, die rasch verfügbar sein müssen. Hier hätte der Gesetzgeber durch eindeutige Vorgaben für mehr Toleranz gegenüber gewerblichen Nutzungen werben können.

Grundsätzlich positiv bewertet die IHK-Organisation einzelne Neuregelungen, wie die Stärkung der sogenannten zentralen Versorgungsbereiche im Flächennutzungsplan. Dadurch werden City-Lagen und neu entwickelbare Flächen festgesetzt. Dies sei ein gutes Signal für den Einzelhandel und trage zur Nahversorgung in Ortskernen und Innenstädten bei.

 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 09|2012, Seite 71

 
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