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Baustellen

Sicherheit spart Geld

Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz gelten zu Unrecht als Kostentreiber am Bau. Denn die Baustellenverordnung trägt auch dazu bei, dass Bauvorhaben koordiniert abgewickelt und die Liegenschaften nach der Fertigstellung wirtschaftlich betrieben werden. Von Carsten Dingethal

Die wesentliche Grundlage für alle, die für Bauvorhaben verantwortlich sind, ist die Verordnung über Sicherheit und Gesundheitsschutz auf Baustellen (Baustellenverordnung), die seit 1998 in Kraft ist und mit der die EG-Richtlinie „Baustellen“ in nationales Recht umgesetzt wurde. Die Verordnung brachte keine nennenswerten Neuerungen bei den Sicherheitsvorschriften für den Arbeitsschutz mit sich, denn diese hatten in Deutschland schon lange vorher gegolten und wurden auf den Baustellen bereits teilweise Jahrzehnte lang befolgt. Allerdings nimmt die Verordnung den Bauherrn in die Pflicht und macht ihn dafür haftbar, dass die Baustelle sicher ist. Er bekam im Gegenzug nützliche Instrumente an die Hand, die ihm dabei helfen, die Aspekte Sicherheit und Gesundheitsschutz bei der Planung, Herstellung und Nutzung eines Bauwerkes organisiert und koordiniert mit den Bau-Beteiligten umzusetzen.

Das betrifft insbesondere folgende Punkte:

  • Vorankündigung von Bauvorhaben bei der Behörde,
  • Bestellung eines Koordinators, wenn Beschäftigte mehrerer Arbeitgeber auf der Baustelle tätig werden,
  • Erarbeitung eines Sicherheits- und Gesundheitsschutzplans (sogenannter „SiGe-Plan“) und
  • die Erarbeitung der sogenannten „Unterlage“ (eine Art „Betriebshandbuch“ für den Betrieb des fertigen Gebäudes, in dem die notwendigen Wartungs- und Instandhaltungsarbeiten auf sicheren Verkehrs- und Arbeitsplätzen dargestellt werden).

Bei größeren Baustellen sind eine oder mehrere der vier Anforderungen zu erfüllen. Höhere Anforderungen gelten grundsätzlich dann, wenn mehrere Bauunternehmen gleichzeitig oder nacheinander beteiligt sind bzw. wenn diese besonders gefährliche Arbeiten ausführen. Diese Pflichten sollten vom Bauherrn und von den ausführenden Unternehmen nicht als Last gesehen werden, sondern als Chance. Denn wer sie beachtet, leistet eine wichtige grundlegende Arbeit dafür, dass der Bau koordiniert verläuft und dass das Gebäude später wirtschaftlich betrieben werden kann. Der Verordnung folgend müssen dazu nur rechtzeitig die richtigen Stellschrauben im Planungs- und Bauprozess gezogen werden.

Planungsphase

Zunächst muss der Bauherr tätig werden und – soweit gemäß der Baustellenverordnung erforderlich – einen geeigneten Planer als sogenannten Koordinator bestellen, der auch Sicherheits- und Gesundheitsschutz-Koordinator (SiGeKo) genannt wird. Dieser sollte über ausreichende Berufserfahrung verfügen und seine Tätigkeit unabhängig vom Architekten ausführen, um die Interessen des Bauherrn neutral durchsetzen zu können. Kompetente Koordinatoren sind auf der Homepage der Bayerischen Ingenieurekammer-Bau (www.bayika.de, Rubrik „Planer- und Ingenieursuche“) zu finden.

Der SiGe-Koordinator legt auf Basis der vorliegenden Genehmigungs- bzw. Ausführungsplanung eine schriftliche Analyse des Bauablaufs („SiGe-Plan) vor und stimmt diese mit allen Beteiligten ab. Dieser Plan zeigt alle Gefährdungen auf, die durch Arbeitsabläufe auf der Baustelle entstehen, und beschreibt insbesondere gemeinsame Lösungen und Maßnahmen, um diese Gefahren auszuschließen.

Ein konkretes Beispiel: Wann wird welches Gerüst für wen gebraucht und wie lange muss es stehen? Das Gerüst muss allen Beteiligten (z.B. Rohbau, Fassadenbau und Dachdecker) helfen, ihre Arbeiten sicher auszuführen, es darf sie aber auch nicht behindern (z.B. Landschafts- und Gartenbau).

Schon dieses einfache Beispiel zeigt, dass die Planung nicht nur der Sicherheit dient, sondern dass dadurch auch Abläufe optimiert und somit Standzeiten und Kosten verringert werden.

Nicht zuletzt liefert der SiGe-Plan eine wichtige Basis für die einzelnen Gefährdungsbeurteilungen, die die beauftragten Fachfirmen abliefern müssen. Auch für den Bauunternehmer, der vom Bauherrn beauftragt wird, bietet der SiGe-Plan ein Plus an Sicherheit und Berechenbarkeit. Er erspart ihm viel Arbeit bei Kalkulation und Ausführung. Der Unternehmer sollte deshalb den Plan aktiv abfordern und die Randbedingungen für seine Arbeitsvorbereitung damit abgleichen.

Späterer Aufwand für Instandhaltung

Der SiGe-Koordinator hat zudem eine wichtige Funktion, die weit über die eigentlichen Bauarbeiten hinausreicht: Er trägt dazu bei, dass nach der Fertigstellung die Kosten für Wartung und Instandhaltung im Rahmen bleiben. Denn selbstverständlich müssen auch diese Arbeiten durchgeführt werden, ohne dass die Mitarbeiter gefährdet werden (z.B. Instandhaltung an schwierigen Stellen, Reinigung von schwer erreichbaren Fenstern). In einem Abstimmungsprozess zwischen Bauherrn, Architekt und SiGe-Koordinator werden verschiedene architektonische und bautechnische Alternativen besprochen und diese daraufhin durchleuchtet, welche – möglicherweise kostspieligen – Maßnahmen sie aus Sicht der Arbeitssicherheit beim Betrieb nach sich ziehen würden. Der Bauherr entscheidet sich für eine Variante und bekommt dafür die sogenannte „Unterlage“ an die Hand, die später Hausmeistern und technischen Mitarbeitern als eine Art „Betriebshandbuch“ für Wartung und Instandhaltung dient.

Die Baustellenverordnung eröffnet dem Auftraggeber also die Möglichkeit, sich frühzeitig mit Experten abzustimmen. Ziel ist es, dass die notwendigen Wartungs- und Instandhaltungsarbeiten beim Betrieb des fertigen Gebäudes mit einem wirtschaftlichen vertretbaren Aufwand auf sicheren Verkehrs- und Arbeitsplätzen ausgeführt werden.

Ausführungsphase

Während des Baus hat der bestellte SiGe-Koordinator insbesondere folgende Aufgaben:

  • Für den Bauherrn meldet er die Baustelle mit der sogenannten Vorankündigung bei den Behörden schriftlich an.
  • Er informiert alle Beteiligten über Maßnahmen für Sicherheit und Gesundheitsschutz und weist sie entsprechend ein.
  • Er stellt sicher, dass alle ausführenden Bauunternehmen hinsichtlich Sicherheit und Gesundheitsschutz zusammenwirken.
  • Er überwacht, dass die einzelnen Arbeitgeber ihrerseits kontrollieren, dass die vorgegebenen Planungen ordnungsgemäß durchgeführt werden.

Dieser Aufgabe kann der SiGe-Koordinator nur gerecht werden, wenn er die Baustelle regelmäßig (mindestens alle zwei Wochen) begeht. Dabei muss er darauf dringen, dass im SiGe-Plan festgehaltenen Einrichtungen und Maßnahmen für die Arbeitssicherheit auch tatsächlich von den einzelnen Gewerken umgesetzt werden. Falls sich während des Arbeitsablaufs Fragen ergeben, stimmt er diese mit den Baubeteiligten ab und dokumentiert sie schriftlich.

Das ist für den Bauherrn aus zweierlei Gründen wichtig: Zum einen kann er nachvollziehen, dass die von ihm bezahlten Leistungen hinsichtlich Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz tatsächlich erbracht werden. Zum anderen erfüllt er damit die Anforderung aus der Baustellenverordnung, dass er für eine sichere Baustelle sorgen muss und auch dafür haftet.

Autor/in: Carsten Dingethal, ist Geschäftsführer des Ingenieurbüros Dingethal Baulog.com GmbH in München und Regionalbeauftragter für Oberbayern der Bayerischen Ingenieurekammer-Bau (ibdt@baulog.com).
 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 09|2012, Seite 80

 
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