Telefon: +49 911 1335-1335

Denkmalschutz

Sieht der Bauherr alt aus?

Für bauliche Veränderungen an schützenswerten Gebäuden setzt die Gesetzgebung enge Grenzen. Eine frühzeitige Abstimmung mit den Behörden spart Zeit und Geld. Von Ralph Tiede

Am Denkmalschutz für Gebäude scheiden sich die Geister. Mancher Hauseigentümer hat – gelinde gesagt – wenig Verständnis, wenn er mit seinem Bauvorhaben von den Denkmalschutzbehörden „ausgebremst“ wird. Besonders ärgerlich kann es für den Grundstückseigentümer werden, der sich zunächst nicht um den Denkmalschutz gekümmert hat und dessen laufende Bauarbeiten durch die Behörde kurzerhand eingestellt werden. Auf der anderen Seite gibt es natürlich einen bedeutenden Markt für denkmalgeschützte und ansprechend sanierte Objekte. Wer möchte beispielsweise nicht in einer reizvollen, bestens erhaltenen Jugendstilvilla wohnen? Auf jeden Fall gibt es für die Eigentümer von denkmalgeschützten Gebäuden einiges zu beachten. Denkmalschutzrecht ist Landesrecht, deshalb ist im Freistaat das bayerische Gesetz zum Schutz und zur Pflege der Denkmäler (Denkmalschutzgesetz – DSchG) die wesentliche Rechtsgrundlage.

Oftmals stellt sich die Frage, ob ein Gebäude überhaupt als Baudenkmal anzusehen ist. Bei Gebäuden aus jüngerer Bauzeit wissen die Eigentümer manchmal nicht, ob dies der Fall ist. Nach der gesetzlichen Definition sind Baudenkmäler bauliche Anlagen oder Teile hiervon aus vergangener Zeit, deren Erhaltung wegen ihrer geschichtlichen, künstlerischen, städtebaulichen, wissenschaftlichen oder volkskundlichen Bedeutung im Interesse der Allgemeinheit liegt. Der Denkmalschutz kann sich auf historische Ausstattungsstücke in oder an dem Gebäude erstrecken. Eine genauere Festlegung, welcher Zeitraum seit der Errichtung des Gebäudes verstrichen sein muss, um von einer baulichen Anlage „aus vergangener Zeit“ zu sprechen, kennt das Gesetz nicht.

In Bayern soll für jede Gemeinde eine Denkmalliste geführt werden. Bereits bei der Führung der Denkmallisten tritt das Bayerische Landesamt für Denkmalpflege mit Sitz in München als zentrale staatliche Fachbehörde für alle Fragen des Denkmalschutzes und der Denkmalpflege in Aktion. Allerdings hat die Eintragung eines Gebäudes in die Denkmalliste nur deklaratorische Bedeutung, so der juristische Fachausdruck. Das heißt, dass die Liste die Denkmaleigenschaft eines Gebäudes nicht mit letzter Verbindlichkeit festlegt. Umgekehrt können deshalb auch Bauwerke, die nicht in der Denkmalliste stehen, Baudenkmäler im Sinne des Gesetzes sein. Bei Unklarheiten kann es sich empfehlen, bei der örtlich zuständigen Unteren Denkmalschutzbehörde, die im jeweiligen Landkreis oder in der jeweiligen kreisfreien Gemeinde eingerichtet ist, nachzufragen.

Zu den Baudenkmälern kann auch eine Mehrheit von baulichen Anlagen, ein sogenanntes Ensemble, gehören – und zwar auch dann, wenn nicht jede einzelne dazugehörige bauliche Anlage die Voraussetzungen eines Baudenkmals erfüllt. Eigentümer von neueren Gebäuden sind deshalb häufig überrascht, dass sie denkmalrechtlichen Bindungen unterliegen, beispielsweise in historischen Altstadtbereichen. Gerade in Städten wie Nürnberg, wo infolge der massiven Zerstörungen im Zweiten Weltkrieg zahlreiche Baulücken durch moderne Gebäude geschlossen wurden, besteht eine solche Situation.

Zum Schutz verpflichtet

Die Eigentümer von Baudenkmälern sind kraft Gesetzes verpflichtet, ihre Baudenkmäler instandzuhalten, instandzusetzen, sachgemäß zu behandeln und vor Gefährdungen zu schützen, soweit ihnen das zuzumuten ist. Die Denkmalschutzbehörden haben die Möglichkeit, Verstöße gegen diese Erhaltungspflicht mit Mitteln des Verwaltungszwangs zu ahnden. Tritt die Vernachlässigung besonders offen zu Tage, insbesondere bei Baufälligkeit, haben die Behörden auch die Möglichkeit, selbst Schutzmaßnahmen durchzuführen und die Kosten dem Eigentümer aufzuerlegen.

In der Praxis besonders relevant ist die Frage, was bei der Veränderung von Baudenkmälern zu beachten ist. Insoweit gilt der Grundsatz, dass derjenige, der ein Baudenkmal beseitigen, verändern oder an einen anderen Ort verbringen will, der Erlaubnis bedarf. Die Erlaubnispflicht trifft darüber hinaus auch denjenigen, der lediglich in der Nähe von Baudenkmälern Anlagen errichten, verändern oder beseitigen will, wenn sich dies auf Bestand oder Erscheinungsbild eines der Baudenkmäler auswirken kann.

Die denkmalrechtliche Erlaubnispflicht besteht selbst dann, wenn das betreffende Vorhaben keiner Baugenehmigung bedarf. Zwar ist nicht jede Maßnahme an einem Gebäude eine erlaubnispflichtige Veränderung. Jedoch können auch Maßnahmen, die dazu dienen, die gesetzliche Erhaltungspflicht zu erfüllen, z.B. Schutzanstriche, erlaubnispflichtige Veränderungen sein. Im Zweifel empfiehlt sich auch hier die Nachfrage bei der Unteren Denkmalschutzbehörde.

Die zuständige Behörde kann die denkmalschutzrechtliche Erlaubnis versagen, soweit gewichtige Gründe des Denkmalschutzes für die unveränderte Beibehaltung des bisherigen Zustands sprechen. Es handelt sich um eine komplexe Ermessensentscheidung, bei der die Belange des Denkmalschutzes gegen die Belange, die für die Veränderung sprechen, abzuwägen sind. Dabei sind auch die Eigentümerinteressen, beispielsweise die bessere Energieeffizienz bei der energetischen Sanierung von Gebäuden, zu berücksichtigen.

Im Einzelfall kann – ausnahmsweise – eine „Ermessensreduzierung auf Null“ bestehen, etwa dann, wenn die Versagung der Erlaubnis für den Eigentümer unzumutbar wäre, weil ansonsten die Privatnützigkeit des Eigentums verloren ginge. Regelmäßig ist dies jedoch nicht der Fall, da nach der Rechtsprechung kein Anspruch auf die rentabelste Nutzung besteht. Das bedeutet, dass der Eigentümer im Interesse des Denkmalschutzes unter Umständen deutliche Abstriche bei der Gewinnerzielung aus der Immobilie hinnehmen muss. So führt es für sich genommen nicht zur Unzumutbarkeit, wenn die weitere Nutzung des denkmalgeschützten Gebäudes weniger rentabel ist als dessen Abriss und Ersatz durch einen größeren Neubau. Anders kann es aber sein, wenn das Gebäude bereits sehr stark verfallen ist, sodass im Falle der notwendigen Sanierung lediglich eine Rekonstruktion entstünde. Der Grad des Verfalls des Baudenkmals kann auch bei der Frage der Zumutbarkeit für den Eigentümer eine Rolle spielen, wobei sich der Eigentümer allerdings nach der Rechtsprechung Versäumnisse bei der Instandhaltung des Gebäudes entgegenhalten lassen muss.

Die sich stellenden Rechtsfragen können im Einzelfall schwierig sein. Oftmals lassen sich aber bei sorgfältiger Planung und Beratung durch im Denkmalschutz versierte Fachleute, z.B. entsprechend qualifizierte Architekten, sachgerechte Kompromisslösungen mit den Denkmalschutzbehörden erzielen. Einen gewissen Anreiz für die geplagten Eigentümer stellen insoweit die steuerlichen Vergünstigungen und sonstige Fördermöglichkeiten dar, die je nach Einzelfall in Betracht kommen.

Autor/in: Ralph Tiede, ist Rechtsanwalt und Fachanwalt für Verwaltungsrecht bei der Kanzlei Dr. Waldmann Kohler & Kollegen Rechtsanwälte in Nürnberg (tiede@waldmann-kohler.de).
 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 09|2012, Seite 76

 
Device Index

Alle Ansprechpartner/innen auf einen Blick