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Immobilienrecht

Was gilt bei der Gewerbemiete?

Der Bundesgerichtshof hat in einer Reihe von Entscheidungen die Vertragsklauseln von Gewerbemietverträgen genauer unter die Lupe genommen. Von Christian Günther

Verspätete Mietzahlung nicht zu lange hinnehmen: Bei verspäteter Mietzahlung müssen sowohl Mieter als auch Vermieter aufpassen. Mietern droht bei wiederholter verspäteter Mietzahlung bereits dann die Kündigung, wenn ihr Vermieter sie schon einmal zuvor deswegen abgemahnt hatte. Der Vermieter hingegen darf mit der Kündigung nicht zu lange warten. Denn nimmt er die verspätete Zahlung über längere Zeit hin kann der Kündigungsgrund wieder entfallen. Laut Rechtsprechung ist dies bei zwei bis sechs Monaten der Fall. Auslöser ist § 314 Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB): Die Bestimmung lässt die Kündigung nämlich nur innerhalb einer angemessenen Frist nach der Kenntnis vom Kündigungsgrund zu (Urteil des BGH vom 4. Mai 2011, Aktenzeichen VIII ZR 191/10).

Betriebskosten müssen vorhersehbar sein: Die Betriebskosten sind immer wieder Anlass für Streitigkeiten. Das Gewerbemietrecht lässt dabei im Unterschied zum Wohnungsmietrecht auch die Umlage von Verwaltungskosten auf die Mieter zu. Das geht aber nur, wenn diese Kosten für den Mieter einigermaßen vorhersehbar sind. Laut BGH sind die Mieter nicht verpflichtet, bei Unklarheiten nachzufragen. Er lehnte daher folgende Formulierung zur Betriebskostenumlage ab: „Insbesondere sind dies Kosten für […] Hausmeister, Betriebspersonal, Center-Manager und Verwaltung.“ Der Begriff „Center-Manger“ ist den BGH-Richtern zu unklar, er benachteilige die Mieter unangemessen. Denn ohne näher umschriebenen Aufgabenbereich des „Center-Managers“ drohe wie bei der bloßen Nennung „sonstiger Betriebskosten“ die Gefahr, dass der Vermieter die Mieter hierüber mit irgendwelchen Kosten belastet. Die Klausel sei daher unwirksam. An diesem Ergebnis ändert nach Auffassung der Richter auch der Umstand nichts, dass der klagende Mieter die Nebenkosten zuvor jahrelang anstandslos gezahlt hatte. Was er im Vertrauen auf die vermeintlich wirksame Klausel zu viel gezahlt habe, könne er zurückfordern.

Den Begriff „Verwaltungskosten“ im Mietvertrag hält der BGH dagegen auch ohne nähere Beschreibung und Höhenbegrenzung für zulässig. Sein Inhalt ergibt sich aus § 1 Abs. 2 Nr. 1 Betriebskostenverordnung und § 26 Abs. 2 der Zweiten Berechnungsverordnung. Dass die Verordnungen im Gewerberaummietrecht nicht unmittelbar anwendbar sind, steht dem nicht entgegen. Für eine ausreichende Begrenzung sorgt im Übrigen das vom Vermieter zu beachtende Wirtschaftlichkeitsgebot (§ 556 Abs. 3 S. 1 BGB). Es erlaubt eine Umlegung nur im Rahmen der ortsüblichen und notwendigen Kosten (Urteil des BGH vom 3. August 2011, Aktenzeichen XII ZR 205/09).

Passende Konkurrenzschutzklauseln vereinbaren: Der Vermieter kann sich vertraglich verpflichten, andere Räume im Gebäude nicht an Konkurrenten des Mieters zu vermieten. Einer solchen Konkurrenzschutzklausel sollte man jedoch nicht blind vertrauen. Sie kann zu kurz greifen, denn oft ist das Auge nur auf Wettbewerber aus der gleichen Branche gerichtet. In den Blick nehmen sollten Mieter auch all diejenigen, die gleiche Produkte oder Dienstleistungen wie sie anbieten könnten. Sonst kann es ihnen ergehen wie dem Optiker und Hörgeräteakustiker in folgendem Fall: In seinem Mietvertrag stand der Passus „Kein weiteres Optik- und Hörgerätegeschäft im Objekt“. Als überraschenderweise ein ebenfalls im Gebäude ansässiger HNO-Arzt begann, Hörgeräte direkt an seine Patienten zu verkaufen, verlangte der Optiker vom Vermieter, den Mietvertrag einzuhalten. Der BGH entschied gegen den Mieter. In den Mietvertrag könne nicht einfach etwas hineingelesen werden, nur weil die Vertragspartner zu Beginn nicht daran gedacht hätten. Das sei nur möglich, wenn der Vertrag plötzlich unlösbare Fragen aufwerfen würde. Da sich die Regelung aber eindeutig auf Hörgerätegeschäfte beziehe, gelte sie nicht für Arztpraxen. Der Wettbewerb biete zudem nur die Chance, nicht aber eine Garantie auf Kunden, so die Richter (BGH-Urteil vom 11. Januar 2012, Aktenzeichen XII ZR 40/10).

Einseitige Mietanpassung ist in Grenzen zulässig: Die Verwendung von Mietanpassungsklauseln ist nicht ungewöhnlich. Richtig gestaltet, sind sie für jede Vertragsseite vorteilhaft. Vermieter müssen bei Preisänderungen den Vertrag nicht neu verhandeln, Mieter können sich auf Kostensteigerungen besser einstellen.

Der BGH hielt folgende Vertragsregelung für zulässig: Der Vermieter durfte in festgelegten Zeitabständen überprüfen, ob die Miete noch ortsüblich oder sonst angemessen war. War das nicht mehr der Fall, konnte er sie nach billigem Ermessen (gemäß § 315 BGB) nach oben oder unten anpassen.

Dem BGH zufolge sind Mieter aufgrund der genannten Bezugspunkte ausreichend vor willkürlichen Mietänderungen geschützt. Die ortsübliche beziehungsweise angemessene Miete verhindere ein krasses Abweichen vom Marktpreis.

Die gesetzlich bestimmte Billigkeit sei außerdem nur bei marktüblichen Preisen gegeben. Falls der Vermieter gesunkenen Marktpreisen nicht folge, ermögliche sie dem Mieter zudem, die angemessene Höhe gerichtlich bestimmen zu lassen. Bei wirksamen Klauseln bedürfe es dann auch keines extra eingeräumten Sonderkündigungsrechts, erklärten die Richter (Urteil des BGH vom 9. Mai 2012, Aktenzeichen XII ZR 79/10).

DIHK-Publikation "Wegweiser Immobilienrecht"

Die Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) informiert mit der Publikation „Wegweiser Immobilienrecht“ über Rechte, Pflichten und Risiken im Bereich des Makler-, Wohnraum- und Gewerbemietrechts. Die Schrift (A5, 212 Seiten, 19,50 Euro) wendet sich an Unternehmen der Immobilienwirtschaft, Rechtsanwälte, Richter und Sachverständige, aber auch an ratsuchende Laien.

Sie enthält das erforderliche Wissen, um bei Vertragsgestaltung, -durchführung und -beendigung Fehler zu vermeiden. Die Autoren Ricarda Breitholdt und Dr. Mona Moraht erläutern die neueste Gesetzgebung und die aktuelle Rechtsprechung. Häufige Fragen des Makler- und Mietrechts beschreiben sie anhand zahlreicher Beispiele aus der Praxis.

Einige der Themen, die der Wegweiser aufgreift:

  • Abgrenzung Wohn-/Gewerberaummietverhältnis
  • Schriftform bei Gewerbemietverträgen
  • Betriebskosten
  • Kündigungsmöglichkeiten in einem Mietverhältnis
  • Voraussetzungen für den Berufszugang von Immobilienmaklern
  • Grundstückskaufvertrag und steuerrechtliche Besonderheiten
  • Maklervertrag und Maklerprovision
Autor/in: Christian Günther, ist Redakteur bei der anwalt.de services AG in Nürnberg (www.anwalt.de, www.steuerberater.net).
 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 09|2012, Seite 68

 
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