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Kreative Unternehmer

BWL ist ein Muss

Künstler und kreative Gründer gelten als Hoffnungsträger für Innovation, Fortschritt und Erfolg. Ihre Einkommenssituation stellt sie jedoch oft vor große Probleme. Deshalb sollten sie ihr unternehmerisches Know-how verbessern. Von Eva Schickler; Illustration: Anton Atzenhofer

Kultur- und Kreativwirtschaft wird in wissensbasierten Ökonomien als Zukunftsbranche mit Wachstumspotenzial angesehen. Ausgehend von den USA und Großbritannien haben Debatten und Publikationen zum Thema Kultur- und Kreativwirtschaft globale Relevanz und mediale Aufmerksamkeit erreicht. Laut Prognos AG gab es 2010 weltweit über 60 selbst ernannte „Creative Cities“, allein Singapur hat 128 Mio. US-Dollar in die Förderung von Kunst und Kultur investiert. Europäische Städte treiben in Kooperation mit der Wirtschaft den Ausbau von Kreativquartieren voran. Kulturwirtschaftsberichte werden erstellt, auch für die Europäische Metropolregion Nürnberg liegt ein solcher vor.

In all diesen Berichten gilt Kreativität als wichtigste zukünftige Schlüsselkompetenz. Denn mit dem rasanten Wandel durch Digitalisierung, Internet und Globalisierung wird eine verstärkte „Inhalte-Produktion“ verbunden. Ideen, Wissen, Konzepte und Informations-Weitergabe sind auch als Wirtschaftsfaktoren von wachsender Bedeutung. So erzielte die Kultur- und Kreativwirtschaft in Deutschland im Jahr 2009 einen Umsatz von 131 Mrd. Euro, eine Steigerung von elf Prozent im Vergleich zum Jahr 2003.

Hoffnungsträger für Innovation und Erfolg

Designer, Künstler, Autoren, Wissenschaftler und kreative Köpfe aus den verschiedensten Bereichen bilden als Urheber, Impulsgeber und Gestalter die Basis dieser Wertschöpfungsarchitektur. Parallel zeichnen sich auch Veränderungen im Hinblick auf bisherige und zukünftige Arbeitsstrukturen ab. Schon jetzt nimmt die Anzahl der Freiberufler, Künstler und Kleinunternehmer kontinuierlich zu.

Ein Blick in die Statistik der Künstlersozialkasse zeigt, dass die Zahl der versicherten Mitglieder in den letzten 20 Jahren von 47 700 auf insgesamt 173 300 angestiegen ist.

Das jährliche Durchschnittseinkommen lag 2011 jedoch bei nur 14 142 Euro. Die schwierige Einkommenssituation im Vergleich zu Akademikern in Festanstellung ist ein bisher noch ungelöstes Problem. „Zentral für die wirtschaftliche Situation der Branche ist die Wertschätzung kreativer Produkte und Dienstleistungen. In diesem Zusammenhang wird die Situation von Selbstständigen zur Diskussion gestellt, die trotz der hohen Qualität ihrer Leistungen am Rande prekärer Einkommensverhältnisse wirtschaften müssen“, erläutern Christian Boros und Werner Lippert, Clustermanager bei Creative.NRW im aktuellen „Kreativ Report NRW“.

So müssen sich gründungswillige Hochschulabsolventen aus dem Bereich Kultur- und Kreativwirtschaft bewusst machen, dass aus der Entscheidung für den Schritt in die Selbstständigkeit gleichzeitig auch die Entscheidung zum eigenverantwortlichen Unternehmen mit allen Konsequenzen und Risiken resultiert. Neben fachlichem Wissen und kreativer Begabung kommt es auf Schlüsselkompetenzen wie Kritik- und Reflexionsfähigkeit, Durchsetzungsvermögen, Ausdauer, Erfolgsorientierung und kommunikative Fähigkeiten an sowie Kenntnisse in steuerlichen, rechtlichen, versicherungstechnischen und organisatorischen Fragen. Es ist nicht leicht, sich durch Formulare, Behörden und bürokratischen Dschungel zu kämpfen. Insbesondere Kreative tun sich damit schwer. Und selbst wenn kaufmännische Aufgaben an Experten outgesourct und delegiert werden, ist ein grundlegender Einblick in kaufmännische Grundkenntnisse erforderlich.

Im Bildungssystem zu wenig berücksichtigt

Dieser Realität wird im Bildungssystem bisher noch zu wenig Raum gegeben. Insbesondere in Deutschland stehen sich im Unterschied zu anderen Ländern tradierte Vorstellungen von Kultur und Markt entgegen. Es herrscht unterschwellig die generelle Skepsis und Sorge, dass die Kunst durch die Wirtschaft vereinnahmt würde und sich dadurch ein eventueller Verlust von Autonomie und kultureller Sprengkraft ergeben könnte. Doch ganz unabhängig davon, Fakt ist: Kein Künstler oder Kreativer kann es sich leisten, nicht professionell zu arbeiten – ganz gleich ob für ein Unternehmen oder eine Ausstellung in einer Non-Profit Institution. Fazit: Gelingt es, gründungswillige Kreative frühzeitig für die Auseinandersetzung mit unternehmerischen Herausforderungen zu sensibilisieren, sind diese später auch eher in der Lage, die eigene ökonomische Situation zu hinterfragen, zu planen, zu verändern und zu verbessern.

Autor/in: 

Eva Schickler

 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 10|2012, Seite 28

 
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