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Unternehmenskommunikation

Ich glaub', ich krieg die Krise

Damit Firmen im Krisenfall nicht in die Defensive geraten, sollte sich die Unternehmenskommunikation für den Ernstfall wappnen. Welche Maßnahmen sind empfehlenswert? Von Janine Baltes

Wer von einer Krise betroffen ist, kriegt oft auch die Kommunikationskrise: Lidl hatte schon eine, Christian und Bettina Wulff auch und Bundesligist Werder Bremen ist durch seinen neuen Hauptsponsor Wiesenhof erst kürzlich in eine solche hineingezogen worden. Eine Krise kann jedes Unternehmen treffen – ob Mittelständler oder Großkonzern. Zeitpunkt und Verlauf sind in aller Regel nicht planbar, die krisenhafte Entwicklung kann aber schnell von öffentlichem und medialem Interesse sein und eskalieren. Die gute Nachricht: Man kann sich darauf vorbereiten!

Der Duden definiert Krise als „eine schwierige Lage, Situation, Zeit, die den Höhe- und Wendepunkt einer gefährlichen Entwicklung darstellt“. Bezogen auf ein Unternehmen unterscheidet man im Wesentlichen folgende Arten:

  • operative Krise (z.B. Unfall, Terroranschlag)
  • wirtschaftliche Krise (z.B. Stellenabbau, Umsatzeinbruch)
  • personelle Krise (z.B. Veruntreuung, Fehlverhalten)
  • ökologische Krise (z.B. Lebensmittelskandal, Umweltverschmutzung)
  • Informationskrise (z.B. Datenpanne, Sicherheitsprobleme)

Was alle Krisen eint, ist der emotionale Aspekt. Wenn ein hochrangiger Manager Gelder veruntreut, verursacht das in der Regel starke Wut bei der breiten Bevölkerung. Sind Lebensmittel betroffen oder ereignet sich ein Unfall in einer Chemiefabrik, wird Angst hervorgerufen. Diese wiederum verleiht einer Krise stets eine noch größere Dimension. Hat der Mensch Angst, reagiert er schnell irrational, will sich und sein Umfeld geschützt sehen und lässt sich in diesem Zustand gerne von der öffentlichen Meinung leiten.

Krisen im Fokus der Medien

Betrachtet man die genannten Krisenbeispiele, wird schnell klar: Was den Bürger aufregt oder beängstigt, spielt auch in der medialen Berichterstattung eine große Rolle. Denn Emotionen schaffen Auflage und Quote. Und je niederer die Instinkte, die ein Thema anspricht, desto höher ist die Beliebtheit beim Leser oder Zuschauer. Eine Erfahrung, die zum Beispiel der Versicherungskonzern Ergo im Zusammenhang mit den Vertreter-Lustreisen machen musste: Gibt man bei Google die Wörter „Ergo“ und „Versicherung“ ein, werden 500 000 Ergebnisse aufgelistet, bei „Ergo“ und „Sex“ hingegen sieben Millionen.

Umso wichtiger ist es, sich als Unternehmen gewissenhaft und umfassend auf mögliche Krisen vorzubereiten. Denn es steht nicht weniger als die Reputation und damit auch das wirtschaftliche Überleben auf dem Spiel. Vertrauen ist schnell verspielt, aber mühsam wieder aufgebaut! Zu einer professionellen Vorbeugung gehört in erster Linie eine lückenlose Selbstanalyse: Welche Schwachstellen und Risikofelder gibt es? Wie verlaufen die Kommunikationswege im Unternehmen? Welche Krisenfälle gab es in der Vergangenheit?

Fertiger "Notfallplan"

Daraus ergeben sich die kritischen Themen, die man in der medialen Berichterstattung beobachten sollte (das sogenannte Issue Management) sowie die konkreten Maßnahmen, die im Fall der Fälle schnell und zielgerichtet greifen müssen. Alle relevanten Informationen (Strategie, Notfallregeln, Alarmierungsplan, Checklisten etc.) können in einem Krisen-PR-Handbuch gebündelt werden. Zu einer guten Vorbereitung gehört auch das Medientraining der Personen im Unternehmen, die im Ernstfall mit der Presse sprechen. Denn gerade in schnellen und spontanen Stellungnahmen (ganz egal, ob Print, TV oder Hörfunk) lauern zahlreiche Stolperfallen, die man bei regelmäßiger Übung professionell umschiffen kann. Heute darf auch eine individuelle Strategie für den Bereich „Social Media“ nicht fehlen. Wer einmal mit unbedachten Äußerungen den Ärger der Online-Community auf sich gezogen hat, bekommt den virtuellen Dialog meistens nicht mehr so schnell in den Griff (Stichwort „Shitstorm“).

Unternehmen, die ein gut geplantes und funktionierendes Frühwarn- und Aktionssystem sowie einen strukturierten Kommunikationsplan aufbauen, verschaffen also den Personen, die in der Krise handeln müssen, einen wichtigen Vorsprung für die öffentliche Debatte. Einige grundlegende (Verhaltens-)Tipps:

  • Strategien definieren
  • Richtlinien formulieren
  • Relevanz des Krisenfalls bewerten
  • sich nicht überraschen lassen
  • schnell reagieren
  • überlegt handeln
  • kommunizieren, nicht schweigen
  • Konfrontationen vermeiden
  • mit Persönlichkeit punkten
  • analysieren und auswerten

Damit die Krisenkommunikation nicht zur Kommunikationskrise wird, gilt vor allem: Ehrlich, zuverlässig und menschlich, aber sachlich bleiben. Vollkommen unangebracht sind hingegen beharrliches Schweigen, Lügen, emotionale Schuldzuweisungen oder Rechtfertigungen.

Die Krise als Chance

Interessantes Beispiel aus der jüngsten Vergangenheit: Dem Babykosthersteller Hipp sollte im Juni vom Verein „foodwatch“ der Negativpreis „Goldener Windbeutel“ verliehen werden. Ein Instant-Tee sei aufgrund des hohen Zuckergehalts eine bewusste Verbrauchertäuschung, lautete der Vorwurf. Erst drei Tage nach der Nominierung meldete sich das Unternehmen mit einer Stellungnahme zu Wort.

Hipp lehnte die Auszeichnung zunächst ab und argumentierte mit wissenschaftlich zweifelhaften Aussagen. In der Folge musste sich das Unternehmen erneute Täuschung vorwerfen lassen und wurde besonders in sozialen Netzwerken massiv kritisiert. Doch Hipp zeigte sich lernwillig und konnte anschließend zahlreiche Hinweise auf zuckerfreie Alternativen platzieren und damit geschickt Eigenwerbung betreiben. Es ist also durchaus möglich, eine Krise auch als Chance zu begreifen und zu nutzen.

Begegnen Sie dem Thema „Krisen-PR“ also nicht mit der Vogel-Strauß-Mentalität und warten Sie mit Ihrer Kommunikationsplanung nicht, bis die Lage eskaliert. Krisen können zwar jeden treffen, aber Sie haben es selbst in der Hand, wie schwer Sie für Ihr Unternehmen ausfällt.

Autor/in: Janine Baltes,ist Senior-PR-Beraterin und Teamleiterin bei der PR-Agentur Kontext Public Relations in Fürth (janine.baltes@kontext.com).
 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 10|2012, Seite 44

 
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