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Russland

Olympiade der Investitionen

Russland forciert die Förderung und Vermarktung seiner Bodenschätze. Chancen für ausländische Unternehmen bieten sich auch durch die anstehenden sportlichen Großereignisse.

"Im Russland-Geschäft ist noch viel Luft nach oben.“ Auf diesen Punkt bringt Armin Siegert, Leiter des IHK-Geschäftsbereichs International, die Ergebnisse der Workshops „Rohstoffgigant Russland – Geschäftschancen für deutsche Unternehmen“. Zu dieser Veranstaltung hatte die IHK Nürnberg für Mittelfranken aus Moskau drei Autoren der gleichnamigen Publikation eingeladen: Jens Böhlmann (Deutsch-Russische Auslandshandelskammer AHK), Bernd Hones (Germany Trade & Invest) und Dr. Tatjana Vukolova (Anwältin bei Rödl & Partner) berichteten von der Dynamik des russischen Rohstoffsektors.

Der größte Flächenstaat der Welt bietet üppige Vorkommen von Holz, Eisenerz, Bunt- und Edelmetallen, Diamanten sowie fossilen Brennstoffen. In Russland befinden sich 18 Prozent der weltweiten Kohle- und 21 Prozent der Erdgasreserven. Mit einer Fördermenge von 511 Mio. Tonnen Erdöl war Russland 2011 nach Saudi-Arabien das zweitgrößte Förderland. 2011 wurden auf russischem Territorium 607 Mrd. Kubikmeter Erdgas gefördert; damit deckt das Land über 18 Prozent der Weltfördermenge ab.

Die fossilen Brennstoffe sorgen im Außenhandel und im Staatshaushalt der Russischen Föderation dafür, dass der Rubel rollt. Auf Erdöl, Erdölprodukte und Erdgas entfallen fast zwei Drittel der Exporte. Der Staatshaushalt verdankt knapp die Hälfte seiner Einnahmen der Förderung und dem Export von Energierohstoffen.

Vor diesem Hintergrund hat die russische Regierung keine Alternative zum Ausbau des Rohstoffsektors: Neue Projekte in Ostsibirien, auf Sachalin und im Schelf sollen die Erdölförderung in den nächsten Jahrzehnten voranbringen. Allein der Investitionsbedarf für die Erschließung der Vorkommen im Schelf, dem küstennahen Meeresboden, wird bis 2040 auf 500 Mrd. US-Dollar veranschlagt. Für die Erschließung der Erdgasreserven in Ostsibirien, auf der Jamal-Halbinsel und auf Sachalin sind ebenfalls Investitionen in Milliardenhöhe vorgesehen.

Diese Pläne bieten Zulieferern aus Deutschland viele Chancen, so die Überzeugung von Jens Böhlmann. Gefragt sind beispielsweise Bohrausrüstungen, Messtechnik, Bergbaumaschinen und Förderbänder. Deutschen Anbietern kommen auf dem russischen Markt ihre Stärken in puncto Qualität zugute: „Hier spielt es in der Regel keine Rolle, wer das billigste Produkt liefert. Entscheidend ist die Verlässlichkeit“, erklärte Böhlmann. „In dieser Hinsicht genießen deutsche Hersteller einen exzellenten Ruf.“

Immer mehr Unternehmen aus Deutschland entdecken die Chancen des russischen Marktes: 2011 waren in Russland 6 300 Unternehmen mit deutscher Kapitalbeteiligung registriert, 2005 waren es erst 4 600 gewesen. Eine ähnliche Dynamik zeigt sich in der Außenhandelsstatistik der IHK Nürnberg für Mittelfranken: Vor zehn Jahren hatten 95 mittelfränkische Firmen Vertretungen, Niederlassungen, Produktionsstätten oder Joint Ventures in der Russischen Föderation, heute sind es bereits 139.

Im Außenhandel zählt Deutschland seit Jahren zu den wichtigsten Partnern Russlands: Das Handelsvolumen erreichte 2011 das Rekordniveau von 75 Mrd. Euro. Bei den russischen Einfuhren aus Deutschland dominieren die Warengruppen Maschinen, chemische Erzeugnisse sowie Fahrzeuge und Fahrzeugteile. 2011 waren über 20 Prozent aller nach Russland importierten Maschinen „Made in Germany“; damit ist Deutschland der wichtigste Lieferant im Maschinen- und Anlagenbau.

Ebenfalls punkten können deutsche Anbieter beim Ausbau der Infrastruktur, die bei der Erschließung der Rohstoffvorkommen und der Modernisierung der Landes eine Schlüsselrolle spielt: „Da ist wahnsinnig Musik drin für bayerische Unternehmen“, unterstrich Hones. Straßennetz, Schienenwege, Häfen und Flughäfen müssen dringend erneuert und erweitert werden, wofür milliardenschwere Investitionsprogramme aufgelegt wurden. So hat die Staatsbahn 675 Elektro-Lokomotiven bei der Siemens AG bestellt.

Zusätzliche Chancen für deutsche Firmen eröffnen zwei sportliche Mega-Events in Russland: An den Vorbereitungen für die Olympischen Winterspiele 2014 in Sotschi sind 70 deutsche Unternehmen direkt beteiligt; dazu kommen zahlreiche Firmen als Zulieferer und Dienstleister. Ähnliche Potenziale, so die Einschätzung der Deutsch-Russischen Auslandshandelskammer, bietet die Fußballweltmeisterschaft, die 2018 an elf Austragungsorten in Russland stattfinden wird. Der Investitionsbedarf für Stadien, kommunale Infrastruktur, Hotels und Logistik wird auf mindestens 15 Mrd. Euro veranschlagt.

Allerdings stimmten nicht alle Teilnehmer des IHK-Workshops in die Euphorie der Referenten ein. Ein langjähriger Kenner des Russland-Geschäfts warnte vor allzu hochfliegenden Erwartungen, denn man dürfe den russischen Markt weder mit Scheuklappen noch allzu blauäugig betrachten. Nach wie vor zählten Korruption und Bürokratie zu den ungelösten Problemen des Landes. Im Korruptionsindex von Transparency International landet die Russische Föderation auf Platz 143 (Deutschland: Platz 14). Im Ranking „Doing Business“, mit dem die Weltbank die Attraktivität und Verlässlichkeit von Investitionsstandorten analysiert, steht Russland unter 183 Staaten nur auf Platz 120.

Autor/in: 
aw.
 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 12|2012, Seite 12

 
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