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Einigungsstelle

Wie löst man Konflikte friedlich?

Streitigkeiten im Wettbewerbsrecht kann man auch ohne Einschaltung der Gerichte beilegen. Möglich ist dies bei den Einigungsstellen, die bei den Industrie- und Handelskammern angesiedelt sind.

Anlässe für Unstimmigkeiten im Geschäftsleben gibt es genug: Verstöße gegen das Wettbewerbsrecht und gegen Verbraucherschutzgesetze können zu vielfältigen Kontroversen führen. Nicht immer müssen diese vor Gericht geklärt werden. Als außergerichtliche Möglichkeit bietet sich die Einschaltung der Einigungsstelle bei der IHK an. Sie setzt auf einen gütlichen Ausgleich zwischen den Parteien, sodass Konflikte zeit- und kostensparend geklärt werden können.

Die „Einigungsstellen zur Beilegung von bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten“ – so ihre offizielle Bezeichnung – sind von den jeweiligen Landesregierungen bei den Industrie- und Handelskammern eingerichtet worden. Es handelt sich also um Institutionen der Bundesländer, die von den IHKs rechtlich unabhängig sind. Die Industrie- und Handelskammern führen jedoch die Geschäfte der Einigungsstellen, sie sind deshalb auch die Ansprechpartner für Anfragen oder Mitteilungen. Für das Verfahren bei der Einigungsstelle werden keine Gebühren erhoben, im Übrigen trägt auch jede Partei die ihr entstandenen Kosten selbst.

Zuständigkeit

Zu den Kompetenzen der Einigungsstelle gehören alle zivilrechtlichen Ansprüche, die auf sich auf das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) beziehen. Sie ist auch zuständig für Unterlassungsansprüche nach dem Unterlassungsklagengesetz (UKlaG), soweit sich diese auf Verstöße gegen den Verbraucherschutz beziehen. Das UKlaG bietet die Rechtsgrundlage, um gegen Praktiken vorzugehen, die den Verbraucherschutz verletzen. Zu den Verbraucherschutzgesetzen zählen insbesondere die Vorschriften des Bürgerlichen Rechts, die z.B. für Haustürgeschäfte oder Fernabsatzverträge zwischen einem Unternehmen und einem Verbraucher gelten.

Bei Wettbewerbsverstößen, die den Geschäftsverkehr mit dem Endverbraucher betreffen, wird die Einigungsstelle immer aktiv, wenn sie angerufen wird – unabhängig davon, ob der Antragsgegner damit einverstanden ist. Bei anderen Wettbewerbsstreitigkeiten wird die Einigungsstelle tätig, sofern der Gegner zustimmt. Welche Einigungsstelle zuständig ist, hängt vom konkreten Fall ab: In der Praxis wird meist bei der Einigungsstelle des IHK-Bezirks verhandelt, in dem der Antragsgegner eine Niederlassung oder hilfsweise seinen Wohnsitz hat. In Einzelfällen kann auch diejenige Einigungsstelle zuständig sein, in deren Bezirk die streitige Handlung begangen worden ist.

Verfahren

Antragsberechtigt ist jeder, der bei bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten einen Anspruch aufgrund des UWG oder nach bestimmten Regelungen des UKlaG geltend machen kann. Als Antragssteller können auftreten: Mitbewerber (jedoch nicht bei Ansprüchen aus dem UKlaG), rechtsfähige Verbände, die gewerbliche oder selbstständige berufliche Interessen vertreten (z.B. Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs e.V.), sogenannte qualifizierte Einrichtungen (Verbraucherverbände, die in einer entsprechenden Liste des Bundesverwaltungsamtes oder im Verzeichnis der EU-Kommission eingetragen sind), Industrie- und Handelskammern sowie Handwerkskammern. Verbraucher haben dagegen keine Anspruchsberechtigung. Sie können sich an die Verbraucherzentralen oder an eine andere qualifizierte Verbrauchereinrichtung wenden, sodass diese gegebenenfalls tätig werden. Wer ein Verfahren vor der Einigungsstelle einleiten will, reicht einen Antrag in fünffacher Ausfertigung bei der Geschäftsstelle ein oder gibt ihn dort zu Protokoll, außerdem muss er den Antrag begründen und die Beweismittel benennen. Vorhandene Urkunden oder andere Beweisstücke, die der Antragsbegründung dienen, müssen beigefügt werden. Wichtig ist, dass ein ordnungsgemäßer Antrag die Verjährung des Wettbewerbsverstoßes in gleicher Weise hemmt wie die Erhebung einer Klage vor einem Gericht.

Besetzt sind die Einigungsstellen mit einem Vorsitzenden, der im Wettbewerbsrecht erfahren ist und die Befähigung zum Richteramt besitzt, und mit mindestens zwei sachverständigen Beisitzern, die aus Unternehmen kommen. Wird die Einigungsstelle von einem Verbraucherverband angerufen, muss die Verbraucherseite durch die gleiche Anzahl an Beisitzern vertreten sein wie die Seite der Unternehmen. Während der Vorsitzende die juristische Kompetenz in die Verhandlungen einbringt, bürgen die Beisitzer für den technischen, wirtschaftlichen und unternehmerischen Sachverstand und werden in den Verfahren als Gesprächspartner auf Augenhöhe geschätzt.

Es kann sein, dass die Einigungsstelle den Anspruch von vorneherein für unbegründet hält oder sich für unzuständig erachtet, sodass es zu keiner Verhandlung kommt. In der Regel wird aber auf einen ordnungsgemäßen Antrag hin eine Verhandlung vor der Einigungsstelle anberaumt, die nicht öffentlich ist. Um den Sachverhalt besser aufzuklären, kann der Vorsitzende das persönliche Erscheinen der Parteien anordnen und sogar durch Ordnungsgelder erzwingen. Es kann aber auch ein geeigneter Vertreter zum Verhandlungstermin erscheinen, denn die Vertretung durch einen Bevollmächtigten ist grundsätzlich zulässig. Dieser muss eine schriftliche Vollmacht vorlegen und er muss dazu in der Lage und ermächtigt sein, den Sachverhalt aufzuklären, Erklärungen abzugeben und vor allem einen Vergleich abzuschließen.

Schriftlicher Vergleich

Um einen gütlichen Ausgleich zu erreichen, kann die Einigungsstelle einen schriftlichen, mit Gründen versehenen Einigungsvorschlag machen. Natürlich können auch die Parteien Einigungsvorschläge unterbreiten oder beim Sitzungstermin formulieren. Kommt es zu einer Einigung, wird ein schriftlicher Vergleich geschlossen. Darin kann insbesondere vereinbart werden, dass der Antragsgegner für die Zukunft die Unterlassung der beanstandenden Werbung zusichert und sich für jeden Fall der Zuwiderhandlung einer Vertragsstrafe unterwirft. Weiterhin können ein Schadensersatz und der Ersatz der bisher schon entstandenen Abmahnkosten vereinbart werden. Kann keine Einigung erzielt werden, stellt die Einigungsstelle dies fest. Es bleibt dann den Parteien überlassen, ob sie doch die Gerichte in Anspruch nehmen.        

 

 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 12|2012, Seite 34

 
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