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Verbundausbildung

Passt gut zusammen

Für Ausbildungsbetriebe, die nicht alle Lehrinhalte selbst abdecken können, bietet sich die Kooperation mit einer Partnerfirma an. Dort absolvieren die Auszubildenden einen Teil ihrer Ausbildung.

Die Verbundausbildung ist in den Betrieben noch viel zu wenig bekannt. Angesichts des drohenden Facharbeitermangels müssen wir aber alle Möglichkeiten wahrnehmen, junge Leute auszubilden“, sagt Bernd Hirschberger, Ausbildungsberater bei der IHK Nürnberg für Mittelfranken. Im kaufmännischen Bereich sind in Mittelfranken derzeit zwei Prozent der Ausbildungsverhältnisse in Form einer Verbundausbildung organisiert, im technischen Bereich sind es fünf bis zehn Prozent.

Hirschberger nennt als Beispiel ein Unternehmen, das einen Modellbauer ausbilden wollte. Die Verantwortlichen waren sich jedoch nicht sicher, ob sie auch alle Ausbildungsinhalte vermitteln können. Die Firma wandte sich deshalb an die IHK, die einen Kontakt zu einem anderen Ausbildungsbetrieb herstellte. „Wir begrüßen es sehr, wenn die Unternehmen frühzeitig auf uns zukommen“, betont der Ausbildungsberater. Denn in der Praxis würden die Firmen häufig erst dann das Thema Verbundausbildung angehen, wenn die IHK die sogenannte Eignungsfeststellung durchführt – wenn also geprüft wird, ob Mängel in der Ausbildung bestehen. Ein solcher Mangel kann beispielsweise vorliegen, wenn der zuständige Ausbilder in einem bestimmten Bereich, der in der Ausbildungsordnung verlangt wird, zu wenig Erfahrung mitbringt. Auch in solchen Fällen versucht die IHK, ein Partnerunternehmen zu vermitteln. „Die Ausbildung im Verbund ist oftmals die beste Lösung für alle Beteiligten“, so Hirschberger. Der Umfang und der Zeitraum der Teilausbildung werden zwischen den beteiligten Firmen frei vereinbart.

Experten für Verbundausbildung

Über langjährige Erfahrungen in der Verbundausbildung verfügt das Zentrum für Aus- und Weiterbildung in der Metropolregion Nürnberg (ZAW). Das Unternehmen, das seinen Sitz auf dem früheren AEG-Gelände in Nürnberg hat, ist durch einen Management-Buy-out aus der Ausbildungsabteilung von AEG bzw. Electrolux entstanden. Der Geschäftsführende Gesellschafter Reiner Strobel, früher bei AEG für die Weiterbildung in Mitteleuropa verantwortlich, hatte das Unternehmen 2008 übernommen und sich ganz auf die Verbundausbildung für Partnerfirmen spezialisiert.

Die ZAW nutzt immer noch die Ausbildungseinrichtungen des ehemaligen Konzerns, sie führt dort einen Teil der Ausbildung für technische Berufe wie Industrie- und Werkzeugmechaniker, Mechatroniker und Elektroniker durch. Sie ist zugelassener Bildungsträger und zertifiziert nach DIN EN ISO 9001:2000. Fünf Ausbilder, die zugleich auch IHK-Prüfer bei den Abschlussprüfungen sind, kümmern sich um die rund 165 Auszubildenden, die jährlich einen Teil ihrer theoretischen und praktischen Ausbildung bei der ZAW absolvieren. Bis zu 60 Jugendliche sind es im Wochendurchschnitt, die ständig bei der ZAW anwesend sind.

Interessant für Betriebe aller Größen

Zu den rund 50 Kunden des Ausbildungsbetriebs gehören zahlreiche kleinere Firmen, die in erster Linie daran interessiert sind, die Ausbildung durch den Verbund zu vervollständigen. Aber auch größere Unternehmen und Konzerne arbeiten mit der ZAW zusammen. Bei ihnen spielen andere Motive eine Rolle: „Die Lehrlinge lernen nicht nur neue Arbeitsbereiche kennen, sondern sammeln auch wertvolle Erfahrungen im Austausch mit anderen. Sie erfahren, wie es in anderen Betrieben zugeht, und sie erleben eine abwechslungsreiche Ausbildung“, betont Strobel.

Die Bilanz, die der studierte Maschinenbau-Ingenieur nach mehr als vier Jahren als selbstständiger Verbundausbilder zieht, ist positiv: Die Risiken dieser Ausbildungsform seien gering, für den Ausbildungsbetrieb seien die Kosten für diese Dienstleistung gut kalkulierbar. Er bleibe flexibel, könne teilweise auf Lehrwerkstätten verzichten, manchmal sogar mehrere Ausbildungsberufe anbieten und seine Ressourcen schonen. „Wenn ein kleines Unternehmen seinen Auszubildenden an eine Maschine stellt, muss immer ein Mitarbeiter dabei sein, der den Lehrling beaufsichtigt. Das ist nicht effizient“, sagt Strobel.

Ablauf der Verbundausbildung

Für jeden Kooperationspartner erstellt die ZAW ein individuell passendes und praxisorientiertes Ausbildungsmodell. Die erste Zeit der Verbundausbildung verbringen die Lehrlinge immer im auszubildenden Betrieb. „Das ist uns sehr wichtig, denn sie sind und bleiben dort angestellt und sollen sich dort heimisch fühlen“, betont der Geschäftsführer. Die anschließende Grundausbildung im ersten Lehrjahr absolvieren die Jugendlichen überwiegend bei der ZAW. Wenn sie dann in ihr Unternehmen zurückkehren, haben sie schon das Wichtigste gelernt, um dort produktiv mitarbeiten zu können. Im zweiten und dritten Lehrjahr sind sie überwiegend in den Ausbildungsbetrieben und kommen nur noch für Fachkurse oder zur Prüfungsvorbereitung ins ZAW. Dieses Konzept habe sich sehr bewährt, so Strobel. Darüber hinaus unterstützt die ZAW Ausbildungsbetriebe dabei, geeignete Auszubildende zu finden; außerdem qualifiziert sie angelernte Mitarbeiter zu Facharbeitern mit IHK-Abschluss. Als eine wesentliche Voraussetzung für eine Verbundausbildung nennt Strobel: „Die Partnerfirmen müssen Vertrauen zueinander haben, die Chemie muss stimmen.“

„Als IHK sehen wir die Vorteile der Verbundausbildung für alle Seiten“, betont Ausbildungsberater Bernd Hirschberger. Auch außerhalb des technischen Bereichs komme eine Verbundausbildung in Frage. Denn mit diesem Modell könnten kleinere Firmen das Ausbildungsniveau von großen Firmen anbieten, ohne eigene Ausbildungskapazitäten aufzubauen. Attraktiv ist das Modell aber nicht nur für die Unternehmen, sondern auch für die Azubis, denn sie können sich darauf verlassen, dass sie optimal auf die Prüfung vorbereitet werden.

Autor/in: 
cl.
 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 02|2013, Seite 14

 
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