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Sanierungstreuhand

Die Rettung naht...

Wenn ein Unternehmen in Schieflage gerät, kann die Übertragung der Geschäftsanteile an eine Treuhand den Weg für eine Sanierung ebnen. Dieses Modell legt die Basis dafür, dass die Bank Kredite gewährt und dass die Suche nach einem Investor effizient betrieben werden kann. Von Dr. Rudolf Neuhof

Befindet sich ein Unternehmen in einer Krise, ist in aller Regel ein Sanierungskredit erforderlich. Den gewähren die Banken aber häufig nur dann, wenn die Inhaber zum Abschluss einer Treuhandvereinbarung bereit sind. Auf dieser Basis übertragen die Gesellschafter ihre wesentlichen Geschäftsanteile am Unternehmen einem Sanierungstreuhänder, bis die Sanierung abgeschlossen ist. Dies ist dann von Vorteil, wenn die Sanierung des Unternehmens nur durch eine mehrheitliche Beteiligung eines Investors möglich ist. Durch die Treuhandvereinbarung wird sichergestellt, dass der Sanierungstreuhänder die Mehrheit der Anteile kontrolliert und dass auf diese Weise die Übernahme durch einen Investor schnell und unabhängig von widerstreitenden Einzelinteressen der Beteiligten realisiert werden kann.

Für die bisherigen Gesellschafter bedeutet die Treuhandvereinbarung also, dass sie das Zepter aus der Hand geben und gegebenenfalls einen Verkauf ihres Unternehmens durch den Treuhänder hinnehmen müssen. Lehnt der Unternehmer dieses Verfahren jedoch ab, können die Banken jegliche Mitwirkung an der Sanierung verweigern. Denn selbst wenn ein positives Sanierungsgutachten vorliegt, sind sie nicht zur aktiven Unterstützung einer Sanierung verpflichtet, wie auch der Bundesgerichtshof (BGH) in einem Urteil vom 26. September 1985 (Aktenzeichen III ZR 213/84) bestätigt hat.

Aufgaben des Sanierungstreuhänders

Der Sanierungstreuhänder hat vorrangig die Aufgabe, bis zum Abschluss der Sanierung die Gesellschafterrechte wahrzunehmen. Wenn bestimmte Indizien dafür sprechen, dass die Sanierung scheitert (sogenannter Bedingungsfall), ist er befugt, die treuhänderisch gehaltenen Geschäftsanteile bestmöglich an einen Investor zu veräußern. Wegen dieser sehr verantwortungsvollen Aufgabe werden an den Sanierungstreuhänder insbesondere folgende fachliche und persönliche Anforderungen gestellt:

praktische Erfahrungen mit der Unternehmenssanierung, dem Management von Problemkrediten und der Sanierungstreuhand;

Expertise im Sanierungs-, Gesellschafts- und Insolvenzrecht;

Unbefangenheit gegenüber dem Unternehmen, das es zu sanieren gilt (d.h. der Sanierungstreuhänder war bislang nicht mit dem Unternehmen befasst);

kein Eigeninteresse an dem entsprechenden Unternehmen;

Neutralität gegenüber allen Beteiligten;

Unabhängigkeit von Weisungen einzelner Beteiligter.

Die Rechte und Pflichten des Treuhänders werden in der Treuhandvereinbarung geregelt. Die Banken beteiligen sich daran aus haftungsrechtlichen Gründen in der Regel nicht als Vertragspartei, sondern nur als Begünstigte, sollte ein Verkaufserlös anfallen. Deshalb benennen sie dem Unternehmer zwei bis drei ihnen genehme Treuhänder, von denen er einen auswählen und beauftragen soll. Der Unternehmer ist an diesen Vorschlag jedoch nicht gebunden, sondern kann auch einen anderen Treuhänder bestimmen. In Betracht kommen spezialisierte Anwalts- oder Insolvenzverwalter-Kanzleien, die über Erfahrungen als Sanierungstreuhänder verfügen. Bei der Auswahl des Treuhänders sollte der Unternehmer darauf achten, dass dieser bei der Gestaltung der Treuhandvereinbarung etwaige Risiken für den Unternehmer und sein Unternehmen möglichst gering hält. Zudem sollte der Treuhänder bereit und fachlich dazu in der Lage sein, individuelle Lösungen zu berücksichtigen, die von der gängigen Praxis abweichen.

Vorgehensweise des Treuhänders

Der ausgewählte Treuhänder entwirft üblicherweise die Treuhandvereinbarung und führt die Vertragsverhandlungen mit dem Unternehmer und den Banken. Dabei gilt es, die Aufgaben des Treuhänders klar zu definieren und die Belange der Beteiligten unter einen Hut zu bekommen. Der Treuhänder sollte insbesondere darauf hinwirken, dass vermeidbare Nachteile und Risiken in haftungsrechtlicher und steuerlicher Hinsicht für alle Beteiligten identifiziert und nach Möglichkeit ausgeschaltet oder begrenzt werden.

Sind die Bemühungen um eine Sanierung erfolglos, tritt also der Bedingungsfall ein, beauftragt der Sanierungstreuhänder zunächst einen geeigneten Berater für Unternehmenstransaktionen (sogenannte Mergers & Acquisitions M & A). Im Folgenden steuert und überwacht der Treuhänder den M & A-Prozess, der vom Berater durchgeführt wird. Dabei werden schrittweise die in Betracht kommenden Investoren eingegrenzt, vertraulich mit Unternehmensinformationen versorgt und zur Abgabe bindender Vertragsangebote aufgefordert. Diese Angebote sind dann Gegenstand konkreter Verhandlungen mit dem Ziel, eine endgültige Vereinbarung mit einem Investor abzuschließen. Kommt der Unternehmensverkauf zustande, wird der Kaufvertrag entworfen und umgesetzt, anschließend wird der Erlös durch den Treuhänder nach dem Wasserfall-Prinzip verteilt (Begleichung der Kosten der Transaktion sowie Verteilung an die begünstigten Banken und den oder die Treugeber). Während des gesamten M & A-Prozesses sollte der Treuhänder stets auf einen Konsens aller Beteiligten hinwirken. Wenn keine Einigung erzielt werden kann, muss er neutrale Entscheidungen treffen, um die Sanierung des Unternehmens möglich zu machen bzw. um die Geschäftsanteile optimal zu verwerten.

Steuerliche Risiken

Größtes Hindernis für die Sanierung über eine Treuhand ist hierzulande der Fiskus, woran sich auch durch die Reform des Insolvenzrechts im vergangenen Jahr nichts geändert hat. Wenn beispielsweise erhebliches Grundvermögen zum Eigentum des Unternehmens bzw. seiner Konzerngesellschaften gehört, dürfen nur weniger als 95 Prozent der Geschäftsanteile des Unternehmens an den Treuhänder abgetreten werden, denn sonst würde Grunderwerbsteuer anfallen. Um sicher zu stellen, dass ein Investor gegebenenfalls auch die restlichen Anteile erwerben kann, wird hierfür häufig eine Übertragungsoption zugunsten des Treuhänders vereinbart. Diese birgt jedoch in der üblichen Form Risiken, die nur durch eine besondere Vertragsgestaltung ausgeschaltet werden können.

Ein weiterer Fallstrick droht, weil die Europäische Kommission die Sanierungsklausel gemäß § 8 c Abs. 1 a Körperschaftsteuergesetz (KStG) gekippt hat. Bis zu dieser Entscheidung galt folgende Regelung: Wurden wesentliche Geschäftsanteile mit dem Zweck abgetreten, das Unternehmen zu sanieren (und genau dies ist ja bei der Sanierungstreuhand der Fall), gingen bis dahin steuerlich nicht genutzte Verluste nicht verloren. Nach Wegfall dieses Privilegs läuft das Unternehmen schon allein durch den Abschluss der Treuhandvereinbarung Gefahr, vorhandene Verlust- und Zinsvorträge zu verlieren – und zwar selbst dann, wenn die Sanierung auch ohne Anteilsverkauf erfolgreich verläuft und die Sanierungstreuhand letztlich nicht zum Tragen kommt. Dem kann gegebenenfalls durch eine vorläufige Treuhand bis zum Eintritt des Bedingungsfalles begegnet werden.

Eine Privatinsolvenz des Unternehmers droht in der Praxis häufig, wenn der Treuhänder die Geschäftsanteile weiter veräußert und der bisherige Gesellschafter als Treugeber und wirtschaftlicher Eigentümer der Anteile deshalb Ertragssteuern zahlen muss. In der Praxis reicht der erzielbare Kaufpreis allerdings meist nicht einmal dazu aus, um die Bankkredite vollständig abzulösen. Deshalb empfiehlt sich eine differenzierte Verteilung der Erlöse, die den Belangen beider Seiten gerecht wird.

Nutzen der Sanierungstreuhand

Die Sanierungstreuhand hat sich vor allem bei der Sanierung mittelständischer Unternehmen als wichtiges Instrument etabliert. Ein erfahrener und unabhängiger Sanierungstreuhänder macht den erforderlichen Sanierungskredit möglich, gestaltet eine Treuhandvereinbarung mit möglichst wenig Risiken und stellt sicher, dass die Suche nach geeigneten Investoren professionell verläuft. Nicht zuletzt trägt er dazu bei, dass alle Beteiligten vertrauensvoll zusammenarbeiten und dass eine Verschleuderung oder Zerschlagung des Unternehmens möglichst verhindert wird. n

Externer Kontakt: Dr. Rudolf Neuhof ist Seniorpartner der Neuhof Rechtsanwälte Partnerschaft in Nürnberg (rudolf.neuhof@neuhof.net).
 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 03|2013, Seite 46

 
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