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Technologie-orientierte Gründer

Gibt es genug Investoren?

Die „goldenen Zeiten“ für Kapital suchende Jungunternehmen sind vorbei. Innovative Start-up-Firmen stoßen derzeit bei potenziellen Geldgebern auf deutlich weniger Interesse als früher.

Zukunftsfähige Geschäftsideen und engagierte Gründer im Technologiebereich gibt es genug. Das gilt auch für die Metropolregion Nürnberg, wie der dreistufige Businessplan-Wettbewerb Nordbayern (BPWN) jedes Jahr aufs Neue zeigt. Die dort eingereichten Geschäftspläne hätten heute ein höheres Niveau als vor einigen Jahren, bestätigt Dr. Benedikte Hatz, die Geschäftsführerin von Netzwerk Nordbayern, das den Wettbewerb organisiert. Auch Gerhard Wacker, Partner bei der Wirtschaftskanzlei Rödl & Partner, bestätigt diese Einschätzung: „Die Gründungskonzepte sind so attraktiv wie selten.“

Dem steht die gegenläufige Entwicklung beim eingesetzten Risikokapital (Venture-Capital, VC) gegenüber: Zwar sind im dritten Quartal 2012 rund 120 Mio. Euro bundesweit in Neugründungen investiert worden, wie die Statistik des Bundesverbands Deutscher Kapitalbeteiligungsgesellschaften (BVK) ausweist. Mit den Zahlen vor dem Platzen der Internet-Blase ist dies aber nicht zu vergleichen: So war im ersten Quartal 2000 mit 440 Mio. Euro fast viermal so viel VC-Geld in die Gründerszene geflossen. Von den 200 potenziellen Geldgebern, die beim BVK gelistet sind, seien aktuell vielleicht zehn aktiv, so die Schätzung der S-Refit AG. Sie ist die größte bayerische Sparkassen-Beteiligungsgesellschaft, bei der u.a. die Sparkassen Nürnberg, Fürth, Erlangen und Mittelfranken-Süd engagiert sind. Gerhard Wacker hat ebenfalls beobachtet, dass viele VC-Gesellschaften aus Angst vor Fehlinvestitionen mittlerweile sehr genau auswählen und eher auf der Bremse stehen. Die bedauerliche Folge selbst für Technologieunternehmen mit überzeugenden Gründungsplänen: „Es fehlt schlechtweg an Kapital von institutionellen Investoren“, so Wacker.

Der Weg zu den Kapitalgebern

Das Netzwerk Nordbayern erweist sich beim Thema Fremdkapital als wichtiger Türöffner für innovative Start-ups. „Wir nehmen eine Auswahl vor, prüfen die Geschäftspläne vorab und schauen uns das Gründer-Team genau an“, fasst Hatz zusammen. Nur wenn sie grünes Licht gibt, wird auch der Weg zu potenziellen Kapitalgebern geebnet, ihr Votum gilt als eine Art Gütesiegel. Immerhin konnte das Netzwerk im letzten Jahr zehn Beteiligungen mit einem Gesamtvolumen von 16 Mio. Euro bis zum Abschluss begleiten. Von den 42 ausgewählten Konzepten, die für gut befunden worden waren, erhielt somit ein Viertel eine Finanzierung. Ein sehr guter Wert, wenn man die deutschen VC-Gesellschaften zum Vergleich heranzieht, denn bundesweit liegt die Quote üblicherweise eher bei einem Prozent. In den letzten 13 Jahren hatte Netzwerk Nordbayern dafür gesorgt, dass insgesamt 175 Mio. Euro von Business Angels (das sind in der Regel erfahrene Unternehmer, die sich an jungen Unternehmen beteiligen und Gründer mit ihrer Erfahrung begleiten), VC-Gesellschaften und öffentlichen Investoren (z.B. KfW, LfA Förderbank Bayern oder Bayerische Beteiligungsgesellschaft BayBG) in junge Technologieunternehmen investiert wurden.

Entscheidend für den Einstieg eines Geldgebers ist eine ausgereifte Darstellung der Geschäftsidee oder der Innovation, die idealerweise mit einem Patent abgesichert ist. Der Vorsprung gegenüber den Wettbewerbern muss genauso deutlich werden wie der Nutzen für den Kunden und deren Bereitschaft, dafür zu bezahlen. Besonders risikoreich für Investoren ist naturgemäß der frühe Einstieg schon in der sogenannten Seed-Phase – der Phase, in der das Geschäftskonzept entwickelt und die eigentliche Unternehmensgründung vorbereitet wird. Denn vielfach schätzen die Gründer in diesem Stadium den Entwicklungsaufwand, die Marktchancen und die wirtschaftliche Tragfähigkeit ihres Unternehmensplans zu optimistisch ein.

„Seed-Money ist deshalb das teuerste Geld“, erklärt Thomas Raab von S-Refit. Der Risikofinanzierer hat einen Schwerpunkt auf die Personalvorfinanzierung für Entwicklung oder Vertrieb gesetzt. Sein Haus prüft jährlich 200 bis 300 Beteiligungsanfragen, nur ein Bruchteil kann die Erwartungen erfüllen. Geben die Experten für ein Konzept grünes Licht, kann in der Regel nach sechs Monaten der Beteiligungsvertrag beim Notar unterschrieben werden.

Begleitung durch Business Angels

In dieser frühen Phase steigen zunehmend Business Angels ein, betuchte Unternehmer oder Privatpersonen, die laut Hatz gleichzeitig „renditeorientiert und hedonistisch“ sind und gerne in ein überzeugendes Team investieren. Neben Geld bringen sie häufig auch Erfahrung und Marktkenntnisse mit und können so den Unternehmensstart aktiv begleiten. Für die 60 Business Angels, die über das Netzwerk Nordbayern aktiv werden, wurde ein eigener Verhaltenskodex formuliert. Diese Selbstverpflichtung regelt beispielsweise, dass ein Business Angel bei einem Start-up nicht operativ im Management tätig wird und maximal 20 Prozent der Anteile erwirbt. In der Praxis liegen drei Viertel der Investitionen von Business Angels unter 0,5 Mio. Euro. Wichtiger als die Höhe der Summe ist in diesem Fall laut Benedikte Hatz die Signalfunktion an andere Geldgeber.

Ein Beispiel dafür ist Bayern Kapital, die 1995 auf Initiative der Bayerischen Staatsregierung gegründet wurde und eine 100-prozentige Tochtergesellschaft der LfA Förderbank Bayern ist: Ihr „Clusterfonds Innovation“ sieht eine höhere Beteiligung vor, wenn Business Angels mit im Boot sind. In diesem Fall übernimmt er maximal 70 Prozent des Finanzierungsbedarfs (z.B. von Forschungs- und Expansionsprojekten) statt der üblichen 50 Prozent. Der „Seedfonds Bayern“ von Bayern Kapital erwartet ebenfalls, dass ein Business Angel als Coach eingebunden ist. Dann können 250 000 Euro als stille oder offene Beteiligung oder als Nachrangdarlehen in den ersten zwölf Monaten nach der Gründung eingebracht werden. Der Finanzierungsbetrag verdoppelt sich, wenn zusätzlich der deutschlandweit aktive High-Tech-Gründerfonds (HTGF) mit an Bord geholt wird, an dem u.a. die Bundesregierung und eine Reihe von Unternehmen beteiligt ist.

„Ohne Bayern Kapital, S-Refit oder High-Tech-Gründerfonds wäre eine Finanzierung sehr viel schwieriger“, diagnostiziert Hatz. Bevor aber Eigenkapital vom formellen Markt der Private-Equity-, VC- oder staatlichen Beteiligungsgesellschaften in ein Start-up fließt, sind nicht nur Business Angels gefordert. Die Kapitalgeber verlangen auch vom Gründer selbst, dass er sein „Commitment zum Erfolg dokumentiert“. Das bedeutet konkret, dass die Gründer selbst finanziell in Vorleistung gehen müssen und auch die sogenannten „Family, Friends and Fools“ einbinden. Ohne den finanziellen Einsatz von Familie und Bekannten werden junge Gründer Schwierigkeiten haben, Beteiligungskapital zu bekommen. In der Seed-Phase sind die Banken in aller Regel als Kreditgeber noch nicht eingebunden, so die Erfahrung von Hatz. In späteren Phasen der Gründung seien vor allem die regional verwurzelten Banken allerdings „sehr offen“.

Das Engagement der Beteiligungsgesellschaften währt nicht ewig, sondern soll die Startphase absichern. „Wir sind Partner auf Zeit, für fünf, sechs oder sieben Jahre“, so Thomas Raab von S-Refit. Damit dürfte er sich aber an der oberen Kante der Beteiligungsdauer bewegen. Einer BVK-Studie zufolge liegt die durchschnittliche Haltedauer bei knapp fünf Jahren. Mehr als jede zweite Beteiligung wird länger als vier Jahre gehalten, jede vierte Beteiligung sogar mehr als sechs Jahre. Dagegen kommen besonders kurze Beteiligungen von weniger als einem Jahr nur in Ausnahmefällen (zwei Prozent) vor.

Start-ups, die es mit Hilfe der Beteiligungsunternehmen geschafft haben und in den ersten Jahren mit Wachstumsraten bei Umsatz und Beschäftigung von 20 Prozent oder mehr glänzen, bringen nicht nur den Gründern und Investoren Rendite. Diese sogenannten Gazellen-Unternehmen sind auch volkswirtschaftlich von großer Bedeutung. Diverse Untersuchungen kommen zu dem Schluss, dass diese Gazellen überproportional viele Arbeitsplätze schaffen und gute Indikatoren für Zukunftsbranchen sind.

Autor/in: 
tt.
 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 03|2013, Seite 32

 
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