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Sicherungsübereignung

Praktische Kreditsicherheit mit Tücken

Bevor Banken Kredite vergeben, wollen sie wissen, welche Sicher- heiten der Schuldner bieten kann. Dies können auch bewegliche Sachen aus der Betriebsausstattung sein. Von Christian Günther

Immobilien werden von den Banken gerne als Sicherheit akzeptiert. Aber nicht jeder Kreditnehmer verfügt über eine Immobilie, auf die er eine Grundschuld eintragen lassen kann. Auch eine Bürgschaft oder Forderungsabtretung ist häufig nicht möglich. Als weitere bankübliche Kreditsicherheit kann dann die Betriebs- und Geschäftsausstattung (z.B. Maschinen, Fahrzeuge, Einrichtung, Waren oder Material) in Betracht kommen. Als Sicherungsmittel für solche beweglichen Sachen findet häufig die sogenannte Sicherungsübereignung Anwendung.

Der Schuldner überträgt dazu dem Gläubiger sein Eigentum an der Sache. Diese verbleibt aber beim Schuldner. Das hat den entscheidenden Vorteil, dass beispielsweise ein Unternehmen weiterhin mit einer als Sicherheit übereigneten Maschine produzieren kann, um auf diese Weise Erträge für die Rückzahlung des Kredits zu erwirtschaften.

Grundlage der Sicherungsübereignung ist die meist beim Kreditvertrag mitgetroffene Sicherungsabrede. Sie bestimmt den Eigentumsübergang auf den Gläubiger und den Zeitpunkt, wann dieser die Sache verwerten darf. Zudem wird geregelt, in welcher Weise der Schuldner mit der Sache umgehen darf und wie er sie zu versichern hat. Die Gegenstände müssen dabei genau bezeichnet werden, sonst ist die Übereignung unwirksam. Wenn Waren übereignet werden, die in einem Lager aufbewahrt werden, ist es deshalb gängige Praxis, diese räumlich getrennt von anderen Waren aufzubewahren bzw. sie entsprechend zu markieren.

Die Verfasser des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) hatten die berechtigte Sorge, Außenstehende könnten den Eigentumsverlust des Schuldners nicht bemerken und deshalb dessen Kreditwürdigkeit nicht richtig einschätzen. Denn schließlich läuft die übereignete Maschine im Betrieb weiter und ein übereigneter Lkw führt wie bisher Transporte aus. Dennoch hat sich die Sicherungsübereignung in der Praxis durchgesetzt und wird von der Rechtsprechung inzwischen anerkannt, obwohl sie im BGB nicht einmal ausdrücklich erwähnt wird. Mit dem dort geregelten Faustpfandrecht lässt sich zwar die Kreditwürdigkeit besser erkennen. Dieses Instrument hat aber große praktische Nachteile: Denn der Schuldner muss die Sache dem Gläubiger körperlich übergeben. Letzterer muss sie für ihn verwahren, bis der Kredit zurückgezahlt ist oder er die Pfandsache wegen Zahlungsschwierigkeiten verwerten darf. Zwischenzeitlich kann der Schuldner nicht mehr damit wirtschaften und verliert dadurch Geld. Der Gläubiger hat hingegen den Aufwand mit der Verwahrung der für ihn meist nutzlosen Sache.

Gefahr der Doppelübereignung

Ein Problem der Sicherungsübereignung kann die Doppelübereignung sein: Denn es besteht die Gefahr, dass die übereignete Sache dem Schuldner gar nicht gehört oder dass er sie später möglicherweise heimlich veräußert. Dann würde der Kreditgeber kein Eigentum erhalten bzw. er kann es später verlieren, wenn der Erwerber die Sache im guten Glauben erstanden hat. Natürlich drohen dem Schuldner dann Schadensersatzansprüche und strafrechtliche Folgen. Wegen des Problems der Doppelübereignung bewerten die Banken das Sicherungsgut vorsichtig und treffen in der Regel weitere Vorsichtsmaßnahmen. So lassen sie sich in aller Regel Nachweise vorlegen, aus denen hervorgeht, dass die Sache dem Schuldner auch wirklich gehört.

Zusammentreffen mit Eigentumsvorbehalt

Bei Warenlagern, deren Bestand sich laufend ändert, legt die Sicherungsabrede die Übereignung von Neuzugängen fest, sobald sie in den Besitz des Schuldners gelangen. Das Problem: Lieferungen an einen Schuldner erfolgen meist unter Eigentumsvorbehalt. Für diesen Fall verpflichten die Kreditgeber den Schuldner, zumindest das sogenannte Anwartschaftsrecht zu übertragen, das eine Vorstufe des Eigentums darstellt und den Anspruch auf den späteren Eigentumserwerb beinhaltet. Mit vollständiger Bezahlung des Kaufpreises wird der Käufer dann Eigentümer – bei bestehender Sicherungsabrede dementsprechend der Gläubiger. Problematisch kann es für den Gläubiger werden, wenn die noch nicht bezahlten Waren auf ein gemietetes Grundstück gelangen. Dann kann sie ein Vermieterpfandrecht erfassen. Die Folge: Steht der Schuldner auch beim Vermieter in der Kreide, müsste dieser bei einer Zwangsvollstreckung vorzugsweise aus dem Sicherungseigentum befriedigt werden. Kreditgeber verlangen daher vom Schuldner Nachweise der rechtzeitigen Mietzahlung, sofern der Vermieter nicht auf sein vorrangiges Pfandrecht verzichtet. Ähnliches gilt bei einem Grundstück, das mit einer Hypothek oder Grundschuld belastet ist. Diese Rechte können – vergleichbar wie beim Vermieterpfandrecht – vorrangig das Zubehör des Grundstücks erfassen. Zum Zubehör gehören laut § 97 BGB bewegliche Sachen, die seinem wirtschaftlichen Nutzungszweck dienen, so etwa Maschinen in einer Werkshalle oder Baumaschinen auf einem Bauhof.

Risiko der Übersicherung

Ein Risiko aus Sicht des Gläubigers ist auch, dass der Wert der übereigneten Gegenstände den Wert der Forderung in sittenwidriger Weise übersteigt. Dann wird die Übereignung unwirksam oder führt zu einem Freigabeanspruch des Schuldners, je nachdem ob eine anfängliche oder nachträgliche Übersicherung vorliegt. Eine anfängliche, das heißt bereits bei Abschluss der Sicherungsabrede bestehende Übersicherung liegt vor, wenn der Sicherungswert die Forderung um 30 Prozent übersteigt. Der Bewertungsmaßstab ist unterschiedlich – bei Waren der Einkaufspreis, bei Eigenerzeugnissen der Herstellungspreis und bei Betriebszubehör der Zeitwert. Bei Sachen, die nur schwer verwertbar sind, wie etwa Saisonartikel, können statt 30 Prozent auch bis zu 200 Prozent noch rechtmäßig sein. Entscheidend für die eventuelle Unwirksamkeit der Sicherungsübereignung ist in jedem Fall, dass der Kreditgeber die anfängliche Übersicherung eigennützig in unerträglicher Weise in Kauf genommen hat.

Zur nachträglichen Übersicherung kommt es meist, wenn sich die Forderung durch Rückzahlungen verringert oder der Wert des Sicherungsguts steigt. Maßstab ist hier erstens die Forderung samt Zinsen plus zehn Prozent Aufschlag für fiktive Verwertungskosten, zweitens die Bezugsgrößen Marktpreis oder, wenn dieser fehlt, der Einkaufspreis bzw. Herstellungspreis. Sobald der erste den zweiten Wert um 50 Prozent übersteigen, muss der Gläubiger den Gegenstand auf Verlangen des Schuldners freigeben bzw. wenn möglich den Austausch gegen eine geringerwertige Sache zulassen.

Externer Kontakt: Assessor Christian Günther ist Redakteur bei der anwalt.de Services AG in Nürnberg (www.anwalt.de).
 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 03|2013, Seite 44

 
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