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Ökologische Naherholung

Ausflüge per Bus und Bahn

Der Verkehrsverbund Großraum Nürnberg hat dem Fremdenverkehr einen großen Schub verliehen: Immer mehr Ausflügler lassen das Auto stehen, um die fränkischen Freizeitregionen mit dem öffentlichen Personennahverkehr zu erkunden.

Im Jahr 1960 erschien die erste umfassende Studie über das Mobilitätsverhalten in Deutschland. Ihre Autoren hatten eine klare Vorstellung über den Ausflugsverkehr der Zukunft: „Das Auto der Stadt okkupiert Land, (...) man wird in die Freizeit fahren.“ Lange sah es so aus, als würden die Verfasser Recht behalten: Im Repertoire des klassischen Sonntagsausflugs hatte die Fahrt ins Grüne mit dem eigenen Auto ihren festen Platz. Aber wenn sich Blechlawinen durch idyllische Orte und über romantische Landstraßen wälzen, bleibt der Erholungswert auf der Strecke. Hinzu kommt, dass Lärm und Schadstoffemissionen der Pkws sich kaum mit den Prinzipien eines umweltverträglichen Tourismus vereinbaren lassen.

Gerhard Zuber ist beim Verkehrsverbund Großraum Nürnberg (VGN) für Verkaufsförderung und Kundenservice und auch für die Freizeitangebote verantwortlich. Er stellt fest, dass der öffentliche Personennahverkehr (ÖPNV) in den letzten Jahren im Bereich der Naherholung immer beliebter wird. Die Dominanz der Automobilität im Ausflugsverkehr bröckelt. Auch in der Altersgruppe der 30- bis 50-Jährigen wächst die Aufgeschlossenheit für den ÖPNV, so Zuber. „Vor allem bei jungen Leuten, aber auch bei Familien mit Kindern kommen unsere Angebote mittlerweile gut an.“

Außer dem wachsenden Umweltbewusstsein dürften dabei die steigenden Benzinpreise eine wichtige Rolle spielen. Mit dem TagesTicket Plus der Tarifstufe 10+T fahren zwei Erwachsene, vier Kinder und ein Hund im gesamten Verbundraum ein Wochenende für 16,80 Euro beliebig oft und lange. Da schneidet der Pkw im Kostenvergleich schlecht ab, wie ein einfaches Rechenbeispiel verdeutlicht: Ein Paar mit zwei Kindern plant einen Tagesausflug von Nürnberg nach Bamberg. Legt man als variable Kosten für ein Mittelklasse-Fahrzeug nach Maßgabe des ADAC 33 Cent pro Kilometer zugrunde, fallen für diesen Ausflug mit dem eigenen Auto bei einer Fahrstrecke von 122 Kilometern rund 40 Euro an.

Die wachsende Popularität des ÖPNV im Bereich Naherholung spiegelt sich in der VGN-Statistik wider: Auf den Freizeitverkehr entfallen etwa 40 Mio. Fahrten, was etwa einem Fünftel des gesamten Fahrgastaufkommens entspricht. Längst haben sich die sogenannten Freizeittickets im Fahrkarten-Portfolio des VGN, deren Absatz seit Jahren zulegt, zu Verkaufsschlagern entwickelt. Die Verkaufszahlen des TagesTicket Plus stiegen 2012 gegenüber dem Vorjahr im Vergleich zu anderen Fahrkartenkategorien überdurchschnittlich um 3,5 Prozent. Die Verkäufe des Bayern-Tickets im VGN verzeichneten ein Plus von fast sieben Prozent.

Attraktive „Freizeitlinien“

Dass der ÖPNV heute in der Metropolregion im Tagestourismus eine so starke Rolle spielt, kommt nicht von ungefähr. Denn der 1987 gegründete VGN wollte sich vom Start weg als Alternative zum Auto profilieren. Ein Quantensprung in puncto Verlässlichkeit und Komfort für Wanderer war die Einführung des Bayern-Taktes im Jahr 1996: Der Stundentakt auf Hauptstrecken und der Zweistundentakt auf Nebenstrecken der Regionalbahnen im Verbundgebiet verbesserte die Logistik für Ausflügler erheblich. Im nächsten Schritt begann der VGN, die Äste und Haltepunkte des Schienennetzes mit Buslinien zu verbinden. Diese Grundidee steckt hinter den Freizeitlinien, deren Pionier die Rothseelinie war, die 1991 erstmals von Nürnberg-Langwasser gestartet ist.

Heute sind im Verbundgebiet insgesamt 19 Freizeitlinien unterwegs, von denen ein Großteil „reine“ Freizeitbusse sind, die zwischen 1. Mai und 1. November an Sonn- und Feiertagen die Wandergebiete in Franken und der Oberpfalz erschließen. Zehn dieser Linien verkehren sogar samstags. 2012 haben über 92 000 Fahrgäste die Freizeitlinien genutzt, wobei es laut Gerhard Zuber viele „Stammfahrer“ gibt. Den größten Ansturm verzeichnen die Freizeitlinien traditionell am 1. Mai, an Christi Himmelfahrt und an Pfingsten. Der Wiesenttal-Express und der Trubachtal-Express waren 2012 mit 18 000 bzw. 11 000 Fahrgästen die meistfrequentierten Freizeitlinien.

200 Freizeittipps des VGN

Mit insgesamt 200 Freizeittipps lässt der VGN keine Langeweile aufkommen und stellt Ausflügler vor die Qual der Wahl. Die Empfehlungen, mit denen sich das Sonntagsausflugsprogramm für fast vier Jahre bestreiten ließe, umfassen Wanderrouten, Städtetrips und Radtouren. Die Vorschläge, die als handliche Broschüren herausgegeben werden, bedienen unterschiedliche Zielgruppen: Sportliche Rennradler werden ebenso fündig wie gemütliche Genusswanderer. Familien mit Kindern können aus einem Touren-Paket wählen, das selbst kleine Wandermuffel hinter der Spielkonsole hervorlocken dürfte. Dabei bringt der VGN zum Auftakt der Wander- und Radsaison jedes Jahr neue Freizeittipps heraus. 2013 gibt es 16 neue Tourenvorschläge – vom Spaziergang durch den Nürnberger Süden über die Familienwanderung in der Nähe von Bayreuth („Für Schlossherren und Felsenkraxler“) bis zur Pendolino-Wanderung, die mit einer Länge von 22 Kilometern Ausdauer und Kondition verlangt. Für alle, die lieber in die Pedale treten statt in die Wanderstiefel zu steigen, hat der VGN drei neue Radtouren ausgearbeitet.

Alle Freizeittipps erscheinen als Flyer, die in den Kundenbüros der Verkehrsunternehmen und in Fremdenverkehrsbüros kostenlos ausliegen oder kostenlos beim VGN bestellt werden können. Die Prospekte lassen sich außerdem im Internet herunterladen (www.vgn.de/freizeit). Wer „papierfrei“ unterwegs sein und eine Smartphone-App oder ein GPS-Gerät nutzen will, kann sich zu jeder Tour die GPS-Daten herunterladen.

Als Naherholungsraum punktet die Metropolregion mit einer großen Vielfalt ihrer Landschaften: „Außer Meer und Hochgebirge bietet das Verbundgebiet eigentlich alles“, so Gerhard Zuber. Selbst Skifahrer kommen auf ihre Kosten, seit das Fichtelgebirge mit dem VGN erreichbar ist. Als Ziele im Tagestourismus können zehn Freizeitregionen angesteuert werden, die besonders gute Voraussetzungen für Erholung und Naturerleben bieten: Neben dem Fichtelgebirge und der Fränkischen Schweiz sind das die Naturparks Haßberge und Steigerwald, das Fränkische Weinland um Iphofen und Kitzingen, die Frankenalb, das Romantische Franken von Rothenburg bis Dinkelsbühl, der Bayerische Jura in der Oberpfalz, das Fränkische Seenland und der Naturpark Altmühltal.

Der Tagestourismus hat sich in diesen Zielgebieten zu einem bedeutenden Wirtschaftsfaktor entwickelt, dem die Anbindung an den ÖPNV neuen Schwung verliehen hat. Nach der Erweiterung des Verbundgebietes in Unterfranken (Kitzingen, Iphofen, Landkreis Haßberge) sowie um die Regionen Bamberg und Bayreuth in Oberfranken waren diese Impulse deutlich zu spüren: „Die Besucher- und Umsatzzahlen haben sich nach dem Beitritt an vielen Orten spürbar erhöht“, erklärt VGN-Pressesprecher Manfred Rupp.

Aber das ÖPNV-Netz in Freizeitregionen zieht nicht nur die Ausflügler aus den nahe gelegenen Ballungsräumen an, es wirkt sich auch positiv auf den Fremdenverkehr aus. Die Möglichkeit, ohne Auto anzureisen oder den fahrbaren Untersatz am Urlaubsort stehenlassen zu können, bringt einer Destination Pluspunkte im Wettbewerb mit anderen Feriengebieten. Diese Erfahrung macht beispielsweise die Fränkische Schweiz. Das steigende Interesse von Touristen an ÖPNV-Verbindungen vor Ort bestätigt Gerhard Zuber: Ein Indiz dafür ist die Nachfrage nach Prospektmaterial und Fahrkarten: etwa 15 Prozent der Bestellungen kommen von außerhalb des Verbundgebietes.

Autor/in: 
aw.
 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 05|2013, Seite 42

 
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