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Jean Paul

Fränkische Wort-Macht

In diesem Jahr wird der 250. Geburtstag des Dichters Jean Paul gefeiert. Auf dem neuen Jean-Paul-Wanderweg kann man seinen Lebensweg nachvollziehen.

Heute kann man den Dichter Jean Paul nicht nur über seine Romane erschließen. Auch wer gern und gut zu Fuß ist, kann ihm nahe kommen: Die Nürnberger Versicherung hat mit großzügigen Spenden den Jean-Paul-Wanderweg mit ermöglicht. Über 200 Kilometer führt er an den Lebensstationen des Schriftstellers von Joditz über Hof sowie Bayreuth nach Sanspareil. Jean Pauls Gedankenwelt, sein Sprachwitz, lassen sich auf Tafeln, die entlang der Strecke aufgestellt sind, erfahren. Der Wanderweg, aber auch zahlreiche Veranstaltungen anlässlich des 250. Geburtstages ermöglichen ein erstes Kennenlernen.

Jean Paul (* 21. März 1763 in Wunsiedel; † 14. November 1825 in Bayreuth) hat es nicht immer leicht gehabt, nicht im Leben, nicht in der literarischen Rezeption. Etwa 25 Jahre jünger als Goethe, rund 30 Jahre älter als Heine, fast ein Zeitgenosse Kleists – zu seinen Lebzeiten wirkten die größten deutschen Dichter. Als Vorbild nahm sich der Lehrer- und Pastorensohn aus Wunsiedel aber einen Genfer, dem schweizerisch-französischen Naturphilosophen und Schriftsteller Jean-Jacques Rousseau (*1712), der starb, als Jean Paul 15 war. Rousseaus geistiger Einfluss veranlasste ihn, seinen Künstlernamen zu kreieren, denn geboren wurde er als Johann Paul Friedrich Richter.

Bevor 1795 der Roman „Hesperus oder 45 Hundposttage“ erschien, der seinen zeitgenössischen Ruhm begründet hat, studierte er lustlos Theologie, kehrte als berufsloser Romancier und Pleitier nach Hause zurück, kämpfte mit Armut und Selbstzweifeln. Doch der Hesperus, das erfolgreichste Buch seit Goethes „Werther“, verhalf ihm zu mehr als nur Anerkennung. „Es führte zu einer geradezu hysterischen Verehrung Jean Pauls“, so der Würzburger Biograph Helmut Pfotenhauer. Schon bevor Paul dann 1798 ins geistige Zentrum Weimar zog, hatte er eine beachtliche Zahl literarischer Werke vollendet: „Siebenkäs“ über das Scheitern einer Ehe, „Das Leben des Quintus Fixlein“, „Der Jubelsenior“, „Das Kampaner Tal“.

Zwei Motive zogen sich durch sein Leben: ausgiebige Wanderlust und bindungslose Freiliebelei, obwohl er im Jahr 1801 Karoline Mayer in Berlin heiratete und mit ihr zwei Kinder bekam. Als ihm alles Feiern und Gefeiertwerden im pulsierenden Berlin zu viel wurde, zog er mit der Gattin in die Heimat zurück und lebte 25 Jahre in Bayreuth.

Literaturfreunde schätzen nicht zuletzt die kreativen Wortschöpfungen und kurzen lehrreichen Sentenzen des Genussmenschen Jean Paul. In der Tat, Wörter wie Angsthase, Weltschmerz, Ehehälfte, Eiweiß, Leihbibliothek und sogar der Fallschrirm und die Gefallsucht gehen auf Paul’sche Sprachfindung zurück.

Auch philosophische Denkanstöße („Dass wir uns wissend nicht haben, gerade das ist unsere innere Freiheit“) finden sich zuhauf in seinem Werk, der 1825 in Bayreuth starb. Im letzten Jahrzehnt hat er eine Renaissance erfahren. Der Dichter sei ein „Hidden Champion“, unterschätzt, aber grandios, sagen die Förderer, allen voran Nürnbergs frühere Kulturreferentin Dr. Karla Fohrbeck, die die Jubiläumsfeierlichkeiten 2013 koordiniert. Ganz so unterm Scheffel darbend war der Romancier nicht, immerhin wurde der bedeutendste bayerische Literaturpreis nach ihm benannt. Friedrich Dürrenmatt, Botho Strauß, Siegfried Lenz, Herbert Rosendorfer, Gerhard Polt und Eckhard Henscheid sind „Jean-Paul-Preisträger“.

 

Autor: pb.

 

Jean-Paul-Jahr 2013

  • Der Würzburger Germanist Prof. Dr. Helmut Pfotenhauer hat eine große aktuelle Biografie geschrieben: „Jean Paul. Das Leben als Schreiben“, Carl Hanser Verlag, München 2013. Der Autor spricht am Sonntag, 30. Juni in Erlangen im Rahmen der Ringvorlesung an der Universität Erlangen-Nürnberg (11.15 bis 12.30 Uhr, Wassersaal der Orangerie, Schlossplatz 1, Erlangen).
  • Mehr über Dichter und Wanderweg in dem Buch (mit CD) „Jean Paul in Oberfranken. Der Jean-Paul-Weg zwischen Joditz & Sanspareil. Literarischer Wanderführer.“ (www.jean-paul-aktuell.de)
  • Sehr kurzweiliger Einstieg: „Jean Paul. Eine Reise-Biographie“, von Dieter Richter, Transit Verlag, Berlin 2012.
  • Homepage des Jean-Paul-Weges: www.jeanpaul-oberfranken.de
  • Programm des Jean-Paul-Jahres: www.jean-paul-2013.de
 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 05|2013, Seite 34

 
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