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Versicherungsrecht

Risiken beim Firmen-Event

Höher, weiter, schneller – mit außergewöhnlichen, gemeinsamen Erlebnissen sollen Mitarbeiter auf Incentive-Events motiviert werden. Im Falle eines Unfalls können diese Veranstaltungen für den Arbeitgeber zur teuren Haftungsfalle werden. Von Esther Wellhöfer

Ein Flug mit dem Heißluftballon, eine Tour durch den Kletterseilgarten oder eine Rafting-Tour – diese außergewöhnlichen, gemeinsamen Erlebnisse sollen den Teamgeist der Belegschaft stärken, sind aber nicht ganz ungefährlich. Es stellt sich die grundsätzliche Frage, ob Unfälle, die sich bei solchen Veranstaltungen ereignen, als Arbeitsunfälle gelten, die über die gesetzliche Unfallversicherung abgesichert sind.

Gemäß § 104 Siebtes Sozialgesetzbuch (SGB VII) muss der Arbeitgeber bei einem Arbeitsunfall nicht haften, wenn es sich um einen Versicherungsfall handelt, der über die gesetzliche Unfallversicherung abgesichert ist. Kennzeichnend für einen solchen Arbeitsunfall ist, dass eine Verbindung zwischen dem Schadensereignis und dem Beschäftigungsverhältnis besteht.

Unfälle bei Firmenveranstaltungen sind als Arbeitsunfälle gesetzlich unfallversichert, wenn grundsätzlich die gesamte Belegschaft an der Veranstaltung teilnehmen kann. Incentives stehen allerdings meist nur einem Teil der Mitarbeiter offen, die für ihre guten Leistungen besonders belohnt werden sollen. Deshalb greift bei ihnen der Haftungsausschluss des § 104 SGB VII in aller Regel nicht. So ist zum Beispiel eine Fahrradtour mit ausgewählten Kollegen nicht über die gesetzliche Unfallversicherung geschützt. Das entschied das hessische Landessozialgericht (LSG) in einem Urteil vom 15. Juli 2008 (Aktenzeichen L 3 U 266/05).

Gleiches gilt für eine Canyoning-Tour während eines Team-Meetings mehrerer Mitarbeiter aus einer Firmenabteilung (LSG Hessen, Beschluss vom 30. April 2009; Aktenzeichen L 3 U 249/08) oder eine Party im Anschluss an einen extern veranstalteten Firmenlauf, zu der nur die Läufer eingeladen sind (LSG Hessen, Urteil vom 18. März 2008, Aktenzeichen L 3 U 123/05). Da diese Unfälle nicht über die gesetzliche Unfallversicherung geschützt sind, kommt eine Haftung des Arbeitgebers in Betracht, wenn er seine Pflichten in schuldhafter Weise verletzt hat.

Fürsorgepflicht und Schutzmaßnahmen

Bei einem Arbeitsverhältnis ist der Arbeitgeber grundsätzlich verpflichtet, die Arbeitnehmerinteressen zu schützen. Diese Fürsorgepflicht obliegt ihm auch bei Incentives. Er ist verpflichtet, alle verhältnismäßigen und zumutbaren Schutzmaßnahmen zu ergreifen. Allerdings bezieht sich die Fürsorgepflicht lediglich auf Gefahren, die sich durch die Eingliederung in den Betrieb ergeben, nicht aber auf Unfälle, deren Ursache im allgemeinen Lebensrisiko liegt.

Im Vorfeld einer Incentive-Veranstaltung muss der Arbeitgeber die Teilnehmer über den Verlauf aufklären und auf die damit verbundenen Risiken hinweisen. Allerdings trifft letztlich der Mitarbeiter selbst und eigenverantwortlich die Entscheidung, ob er an der jeweiligen Aktivität teilnimmt. Ein herzkranker Arbeitnehmer muss für sich entscheiden, ob er an einer Wanderung teilnehmen kann, ohne seine Gesundheit zu gefährden. Das entschied das LSG Bayern in einem Urteil vom 1. Dezember 1999 (Aktenzeichen L 2 U 518/98).

Einschaltung von Dritten

Allerdings muss der Arbeitgeber die Veranstaltung generell so organisieren und durchführen, dass für die Sicherheit der Teilnehmer gesorgt ist. Aus haftungsrechtlicher Sicht empfiehlt es sich, bei Incentives professionelle Veranstalter zu beauftragen. Vor allem wenn der Arbeitgeber nicht über das notwendige Know-how verfügt, ist er dazu verpflichtet. Auch hier ist Sorgfalt gefragt: Laut einem Urteil des Bundesgerichtshofes (BGH) vom 8. Oktober 2002 (Aktenzeichen VI ZR 182/01) muss der Arbeitgeber die Personen, die die Veranstaltung durchführen, gewissenhaft auswählen und überwachen. Eine Haftung des Arbeitsgebers kommt in diesem Fall nur dann in Betracht, wenn ihn an dem Unfall ein Auswahl- oder Überwachungsverschulden trifft. Für Fehler des Veranstalters muss er im Normalfall nicht geradestehen, wenn er seinen Pflichten ausreichend nachgekommen ist. Je gefährlicher die Veranstaltung ist, desto mehr sind Vorsicht und Sorgfalt geboten.

Alkohol bei Incentives

Schenkt der Arbeitgeber auf einer Incentive-Veranstaltung Alkohol an seine Mitarbeiter aus, ist darin allein noch keine haftungsrechtlich relevante Pflichtverletzung zu sehen, entschied das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) in einem Urteil vom 23. Februar 1989 (Aktenzeichen 2 C 38/86). Denn letzten Endes ist es die Entscheidung des Arbeitnehmers, ob und wie viel Alkohol er zu sich nimmt. Bei Aktivitäten, bei denen die Sicherheit von einer guten Koordination abhängt, sollte der Arbeitgeber aber darauf hinweisen, dass Alkohol nicht empfohlen wird. Missachtet der Arbeitnehmer diesen Hinweis, nimmt alkoholisiert an der Aktivität teil und erleidet deshalb einen Unfall, muss der Arbeitgeber nicht haften.

Autor/in: Esther Wellhöfer ,ist Redakteurin bei der Anwalt.de Services AG in Nürnberg (www.anwalt.de).
 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 05|2013, Seite 52

 
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