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Deutschlandstipendium

Anreiz für die Besten

Mit dem Stipendien-Programm der Bundesregierung werden leistungsstarke und gesellschaftlich engagierte Studenten gefördert. Für Unternehmen ist es ein gutes Instrument, um Absolventen frühzeitig an sich zu binden.

Wir wollen in Deutschland eine Stipendienkultur aufbauen, jungen Menschen mit herausragenden Fähigkeiten den Rücken stärken und damit unsere Position im Wettbewerb um kluge Köpfe verbessern.“ Diese ambitionierten Ziele verkündete die damalige Bundesbildungsministerin Annette Schavan im Februar 2011 zum Start des Deutschlandstipendiums. Das nationale Stipendienprogramm soll Stiftungen, Unternehmen und Privatleute dazu animieren, den akademischen Nachwuchs zu fördern.

Beim Deutschlandstipendium erhalten Studierende 300 Euro pro Monat. Davon müssen die Hochschulen 150 Euro bei privaten Mittelgebern einwerben, die andere Hälfte legt der Bund drauf. Das Deutschlandstipendium ist unabhängig vom Einkommen und wird nicht auf das BAföG angerechnet. Es soll Studierenden zugutekommen, die Spitzenleistungen erbringen und sich gesellschaftlich engagieren, zum Beispiel in Vereinen, kirchlichen und politischen Organisationen.

Von 388 staatlichen und staatlich anerkannten Hochschulen in Deutschland beteiligen sich drei Viertel am Deutschlandstipendium, das 2012 an rund 11 000 Studierende überwiesen wurde. Diese Zahl lässt sich unterschiedlich interpretieren: Wer das Glas halb voll sieht, stellt fest, dass sich die Zahl der Stipendiaten gegenüber dem Startjahr 2011 fast verdoppelt hat. Die Glas-halb-leer-Lesart verweist auf die Tatsache, dass die Quote der Geförderten bei 0,5 Prozent liegt – und damit weit hinter der euphorischen Erwartung der Bundesregierung, die mittelfristig mit dem Deutschlandstipendium acht Prozent aller Studierenden fördern will.

Uni Erlangen und TH Nürnberg

Bis zu dieser Ziellinie ist der Weg noch lang, aber der Trend geht in die richtige Richtung, so der Tenor an den zwei größten Hochschulen der Region, der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU) und der Technischen Hochschule Nürnberg Georg Simon Ohm. Die FAU hat im Jahr 2012 fast 300 Deutschlandstipendien vergeben und dafür mehr als eine halbe Mio. Euro bei privaten Geldgebern eingeworben. Damit gehört sie zu denjenigen Hochschulen, die ihr Stipendienkontingent von bislang einem Prozent aller Immatrikulierten übererfüllt haben. Dies verdankt die FAU einem Kreis engagierter Stipendiengeber, zu dem neben Stiftungen und Alumni vor allem Unternehmen zählen. Der Großteil ist in Franken verankert: „Den meisten Förderern ist es ein wichtiges Anliegen, ihre Verbundenheit mit der Universität und der Europäischen Metropolregion zu beweisen“, erklärt Martina Weber, die an der FAU das Deutschlandstipendium betreut.

Der Technischen Hochschule Nürnberg ist es 2012 gelungen, Mittel für 63 Deutschlandstipendien zu akquirieren. Unter den Geldgebern dominieren mittelständische Betriebe aus dem Großraum Nürnberg, aber das Engagement der Alumni und des Fördervereins „Bund der Freunde der Georg-Simon-Ohm-Hochschule e.V.“ mit 23 Stipendien spielt ebenfalls eine große Rolle. An der Technischen Hochschule Nürnberg sind Monika Hegner und Michael Haas für alle Fragen rund um das Deutschlandstipendium zuständig. Die Referentin des Präsidenten und der Referent für Stipendien und Preise bestätigen, dass das Interesse der Unternehmen an einer Kooperation mit Hochschulen wächst – und damit auch die Bereitschaft, im Rahmen des Hochschul-Marketings als Stipendiengeber aktiv zu werden.

Allerdings fordert es derzeit noch viel Einsatz, den Bekanntheitsgrad des relativ jungen Deutschlandstipendiums zu erhöhen. Dabei ist das Konstrukt eigentlich ideal, um ein breites Spektrum von Förderern anzusprechen: Mit – steuerlich absetzbaren – 1 800 Euro pro Jahr liegt der Betrag für ein Stipendium in einer Größenordnung, die für kleine und mittlere Unternehmen und Privatleute erschwinglich ist.

Frühzeitiger Kontakt zu Fachkräften

Die Stipendiengeber aus der Wirtschaft profitieren nicht nur von dem guten Gefühl, den akademischen Nachwuchs in der Region zu unterstützen, und dem damit verbundenen Image-Bonus. Die Auslobung eines Deutschlandstipendiums bietet Unternehmen vielmehr auch Gelegenheit, sich als attraktiver Arbeitgeber zu präsentieren, frühzeitig Kontakte mit leistungsorientierten Studierenden zu knüpfen und damit Fachkräfte an sich zu binden.

Immer mehr Unternehmen erkennen, dass sich die Unterstützung des Deutschlandstipendiums zu einem wertvollen Baustein einer langfristig angelegten Personalarbeit entwickeln kann. Die in Nürnberg ansässige Gauff GmbH & Co. Engineering KG zählt seit Längerem zu den Förderern der Technischen Hochschule Nürnberg, etwa durch Hörsaal-Sponsoring und Praxisvorlesungen. Das Ingenieurunternehmen finanziert acht Deutschlandstipendien im Fachbereich Bauingenieurwesen. „Gerade für ein stark expandierendes Unternehmen wie Gauff Engineering ist hoch qualifizierter Ingenieursnachwuchs enorm wichtig. Mit der Vergabe der Stipendien wollen wir unseren Beitrag dazu leisten, dem fortschreitenden Fachkräftemangel in der Bundesrepublik entgegenzutreten“, erklärt der Geschäftsführende Gesellschafter Uwe Gauff die Motive seines Unternehmens.

Zum Kreis der Gauff-Stipendiaten gehört Susanne Kleineheismann, die im Studiengang Internationales Bauwesen den Abschluss als Master anstrebt. Sie freut sich über die Anerkennung ihrer exzellenten Leistungen und über die Erleichterung ihres Alltags: Durch den Zuschuss von 300 Euro sei sie nicht länger auf Nebenjobs während der Vorlesungszeit angewiesen. „Dennoch verliere ich nicht den Bezug zur Praxis, da mit dem Deutschlandstipendium eine Brücke zwischen Hochschule und Unternehmen geschlagen wird“, betont die 23-Jährige.

Diese Aussage macht deutlich, dass es beim Deutschlandstipendium um mehr geht als die monatliche Geldspritze. „Sein Wert lässt sich nicht allein materiell bemessen“, unterstreicht Martina Weber. Die ideelle Förderung spiele ebenfalls eine wesentliche Rolle: Dabei gibt es ein breites Spektrum von Aktivitäten. Es umfasst Betriebsführungen, Praktika oder die Teilnahme an Seminaren. Häufig bieten Förderer praktische Hilfestellung bei der Karriereplanung, von Coaching-Gesprächen bis zum Bewerbungsmappen-Check.

Nicht nur Noten zählen

Immer wieder wird der Kritikpunkt laut, dass das Deutschlandstipendium beim Auswahlverfahren die Noten zu stark gewichtet und andere Kriterien wie soziales Engagement und Bildungsbiografie zu Marginalien verkümmern lässt. Die Universität Erlangen-Nürnberg und die Technische Hochschule Nürnberg versuchen, solche Vorwürfe durch ihre Auswahlverfahren zu widerlegen. „Im Gegensatz zu vielen anderen Bildungseinrichtungen haben wir das förderfähige Notenspektrum so definiert, dass der Kreis potenzieller Bewerber nicht bei einem Durchschnitt von 1,X endet“, erläutert Michael Haas. Auf diese Weise sei sichergestellt, dass die Eignung von Bewerbern nicht auf die Studienleistung reduziert, sondern der gesamte Hintergrund berücksichtigt wird.

Die Friedrich-Alexander-Universität sieht sich ebenfalls in der Verantwortung, bei der Stipendienentscheidung nicht nur Spitzenleistungen und gesellschaftliches Engagement zu würdigen, sondern auch soziale Faktoren. Wie Martina Weber erklärt, sind unter den Empfängern des Deutschlandstipendiums überdurchschnittlich viele Studierende aus Nicht-Akademiker-Familien. Von den 287 Stipendiaten des Jahres 2012 waren 100 Bafög-Empfänger. Bundesweit liegt dieser Anteil lediglich bei circa 25 Prozent.

Autor/in: 
aw.
 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 06|2013, Seite 14

 
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