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Marktentwicklung in Mittelfranken

Es tut sich viel

Hotelmeile an der Bahnhofsstraße Nürnberg © Thomas Tjiang

Büro- und Gewerbeimmobilien sind in Mittelfranken stark gefragt, eine Vielzahl von Projekten wird derzeit realisiert oder ist Planung. In Teilen der Region werden deshalb die verfügbaren Flächen knapp.

Unabhängig von kurzfristigen Konjunkturschwankungen diagnostiziert Volker Koch, Chef des Nürnberger Projektentwicklers Kochinvest, eine „solide Situation“ auf dem mittelfränkischen Immobilienmarkt.

Er begründet das unter anderem mit den Entwicklungen auf dem Hotelmarkt, auf dem er seit fünf Jahren einen regen Zuzug registriert. Er sieht die Hotels als Seismografen, denn sie betrieben ihr Geschäft mit Blick auf die nächsten 20 Jahre.

In der Tat ist auf dem Nürnberger Hotel-Markt eine starke Dynamik zu beobachten: Das frühere Telekom-Gebäude in der Nürnberger Marienstraße hat Koch zügig an die B&B-Hotelgruppe vermitteln können. Im Sorat Hotel Saxx am Hauptmarkt will die Hotelier-Familie Rübsamen Ende des Jahres die ersten Gäste beherbergen.

An der Ecke Bahnhofstraße und Allersberger Straße entsteht derzeit das Novotel Nürnberg CityCentre. Auch die Erlanger Gesellschaft für Beteiligungen und Immobilienentwicklungen trägt mit dem Holiday Inn Express und dem Hampton by Hilton dazu bei, dass die Bahnhofstraße mit dann sechs Hotels und über
1 200 Zimmern zur Hotelmeile wird.

Dazu könnte noch der alte Rundbau der Hauptpost am Tunnel Allersberger Straße kommen. Dort sind ein Hotel, ein Büro oder beides vorstellbar, so Daniel Schreyer, Sprecher des Eigentümers Aurelis Real Estate. Die Verkaufsgespräche über das zum Teil denkmalgeschützte Objekt befänden sich zwar auf der Zielgeraden, unterschrieben sei aber noch nichts.

Entlang der Bahnhofsstraße stadtauswärts hat Aurelis zwischen Marientunnel und Technischer Hochschule noch eine Restfläche von 8 000 Quadratmetern. Ein Teil könnte noch für einen weiteren Erweiterungsbau plus Parkhaus des Ohm genutzt werden, für die restliche Freifläche ist eine Büronutzung mit Laden- und Café-Zeile vorgesehen.

Der Büromarkt im Städtedreieck Nürnberg/Fürth/Erlangen profitiert nach Einschätzung von Koch davon, dass die Region gut aufgestellt und wirtschaftlich gesund sei. Es werde allerdings nicht spekulativ investiert und auf Vorrat gebaut, vielmehr werde mit den Bauarbeiten in der Regel erst gestartet, wenn 50 Prozent vermietet sind.

Er verdeutlicht dies am Beispiel des Businessparks Campus Marienberg am Flughafen, den Kochinvest für die Dr. Lorenz Tucher‘sche Stiftung entwickelt: Nachdem der erste Bauabschnitt mit 8 000 Quadratmetern fertiggestellt und komplett vermarktet ist, wird nun der zweite Bauabschnitt mit rund 5 000 Quadratmetern in Angriff genommen.

Der Markt für Gewerbeimmobilien habe besonders in den Jahren 2008 bis 2010 viele ausländische Fonds als Investoren angelockt, berichtet Herbert Winter, Chef der Ecco Real Estate Management in Nürnberg, die Lizenzpartner von Engel & Völkers Commercial ist. Nun werde sich zeigen, ob sich die Renditeerwartungen auch erfüllen.

Dass der Nordostpark, mit einer Gebäudenutzfläche von  180 000 Quadratmetern eines der ganz großen Areale, durch die wirtschaftliche Schieflage des Bonner Immobilienkonzerns IVG ins Trudeln gerät, hält Winter für unwahrscheinlich. Denn einerseits seien bereits Flächen mehrheitlich von Dritten übernommen, andererseits würden sich dort auch weiterhin Objekte gut verkaufen lassen. Die IVG selbst war für ein Statement nicht zu erreichen.

Spezialimmobilien gefragt

Das Geschäft mit Gewerbeimmobilien ist allerdings differenziert zu betrachten. Einerseits gibt es laut Winter einen Angebotsüberhang bei kleineren Flächen oder älteren Objekten, die auf den Markt drängen. Etwa von Projektentwicklern und aus der Revitalisierung von Gebäuden, aber auch von Privatpersonen, die sich angesichts der Instandhaltungskosten mit einem „Fass ohne Boden“ konfrontiert sehen.

Andererseits sieht Ecco Real Estate eine höhere Nachfrage nach hoch spezialisierten Angeboten, etwa für Forschung und Entwicklung oder für Unternehmen, die besondere Anforderungen (z.B. Reinraumbedingungen für die Produktion oder Aspekte der Nachhaltigkeit) an eine Immobilie stellen.

Flaggschiff der Nürnberger Gewerbeparks ist der Südwestpark, der sich erfolgreich mit multifunktionalen Mietflächen für Büro, Dienstleistung und Unternehmen aus Forschung und Entwicklung positioniert hat. Aktuell nutzen 230 Unternehmen und Institutionen eine Fläche von insgesamt 190 000 Quadratmetern, zuletzt hat die ING-DiBa ihren bestehenden Vertrag bis zum Jahr 2024 verlängert.

Für den Abschluss seien wettbewerbsfähigen Konditionen, die S-Bahn-Anbindung und die Servicestrukturen am Südwestpark entscheidend gewesen, erklärt Südwestpark-Manager Daniel Pfaller.

Als ein Stück „Energiewende zum Anfassen“ gilt das UDI-Green-Building im Nürnberger Bürokomplex „FrankenCampus“, das Ende des Jahres bezugsfertig sein soll. Mit dem Objekt der Nürnberger UDI UmweltDirektInvest-Beratungsgesellschaft habe man erstmals für umweltorientierte Geldanleger ein sogenanntes Green Building im Angebot. Das Projekt ist bereits mit dem Gold-Gütesiegel der Deutschen Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen (DGNB) vorzertifiziert und damit als umweltbewusstes, nachhaltiges und energieeffizientes Gebäude anerkannt.

Der Neubau auf dem FrankenCampus mit sechs Geschossen und etwa 4 500 Quadratmeter Bürofläche wird vom Nürnberger Bauträger KIB geplant, gebaut und betrieben. Neben der UDI, die ihren Stammsitz in das grüne Gebäude verlegt, wird auch KIB mit dem Firmensitz einziehen. „Es gibt einen Markt für Spezialimmobilien wie diese“, so KIB-Vertriebsmanager Norbert Grund. Gerade große internationale Konzerne und kleine innovative Unternehmen wollten auf diese Weise Anlegern und Verbrauchern ihr Umweltbewusstsein demonstrieren.

Flächenpotenzial in Nürnberg

Martina Stengel, Standortberaterin bei der IHK Nürnberg für Mittelfranken, registriert derzeit zwar keine große Nachfragewelle von Interessenten, die aus anderen Regionen oder aus dem Ausland kommen, jedoch zahlreiche Erweiterungswünsche von Unternehmen aus der Region Nürnberg.

Viele Unternehmer, die bislang ihren Betrieb in gemieteten Gebäuden haben, wollen nun offensichtlich Objekte kaufen und somit Immobilienwerte schaffen. Unternehmen mit lärmintensiver Produktion hätten jedoch relativ schlechte Chancen, im Ballungsraum noch geeignete Flächen zu finden.

Verschärft werde die Lage, weil zunehmend ehemalige Gewerbeflächen durch Wohnnutzungen verdrängt werden. Ein Beispiel ist der Nürnberger Stadtteil Muggenhof, wo vormals gewerbliches Gebiet in ein Mischgebiet mit „Wohnen und nur noch nicht-störendem Gewerbe“ umgewidmet werden soll.

Als langfristige Perspektive will Nürnbergs Wirtschaftsreferent Dr. Michael Fraas die südliche Reservefläche des Hafens angehen. Die Diskussion, ob dort hauptsächlich arbeitsplatzintensive Betriebe oder aber Logistiker angesiedelt werden sollen, will er nicht führen, denn auch die Logistikbranche sei ein wichtiger Arbeitgeber.

Potenzial sieht er auch für das Aurelis-Areal Südbahnhof an der Bruneckerstraße, für das die Verhandlungen weit gediehen seien. Immerhin geht es dort um knapp 900 000 von 1,2 Mio. Quadratmetern, über die Aurelis in Nürnberg verfügt. Die Fläche des Südbahnhofs, so Aurelis-Sprecher Schreyer, entspreche in etwa der des Hamburger Hafens und könnte schrittweise und modulartig für Gewerbe und Wohnen erschlossen werden: „Es ist ein gigantisches Planungsprojekt mit allen Nutzungsmöglichkeiten.“

„Mittelfranken spielt für Aurelis eine wichtige Rolle“, konstatiert Stefan Wiegand, Geschäftsführer der Aurelis Real Estate und zuständig für Bayern. Von Nürnberg aus wird das ganze Geschäft von Aschaffenburg bis Regensburg und Passau betrieben. In Mittelfranken hat Aurelis außer in Nürnberg nur noch in Fürth Flächen, an der Gebhardtstraße sind 5 000 Quadratmeter gerade verkauft worden, rund 6 000 Quadratmeter sind gerade in der Vermarktung für Hotel, Büro, Dienstleistungen und Einzelhandel. In Erlangen gibt es dagegen nichts, was den Nachfragedruck abmildern könnte.

Knappes Angebot in Erlangen

„Der Ausverkauf hat sich fortgesetzt“, resümiert der Erlanger Wirtschaftsförderer Harald Bretting. Gerade einmal etwa 18 000 Quadratmeter könnten den Interessenten noch angeboten werden – zerstückelt auf vier städtische Gewerbegrundstücke in Dechsendorf, Frauenaurach und Tennenlohe. Auch private Flächenangebote seien angesichts anhaltender Unsicherheiten auf den Finanzmärkten kaum zu registrieren. Wer nicht verkaufen müsse, warte ab.

Das Gewerbeareal des ehemaligen Quelle-Hängeversandlagers mit 65 000 Quadratmetern in Erlangen-Frauenaurach wird von einem privaten Eigentümer angeboten, wird jedoch aufgrund der planungsrechtlichen Gegebenheiten frühestens ab Mitte 2014 für eine Bebauung zur Verfügung stehen.

In Tennenlohe, dem bevorzugten Technologiestandort Erlangens, beginnen aktuell vorbereitende Untersuchungen, um Baulücken zu schließen und noch nicht erschlossene Bereiche mit Baurecht zu versehen. Um in Frauenaurach das Gewerbegebiet Geisberg mit rund 22 Hektar zu entwickeln, soll eine Baulandumlegung durchgeführt werden, da die Stadt nur Eigentümerin von rund einem Viertel des Plangebietes ist.

Die Flächennot in Erlangen ist so groß, dass selbst ortsansässige Unternehmen abwandern, weil sie nicht mehr Platz bekommen können. Das expandierende High-Tech-Unternehmen SiCrystal hat deshalb in Nürnberg rund 100 000 Quadratmeter erworben, LPKF Laser & Electronics ist nach Fürth umgezogen und wird dort 14 Mio. Euro investieren.

Ansiedlungen in Fürth

Fürths Wirtschaftsreferent Horst Müller freut sich über die 150 LPKF-Mitarbeiter, wie auch über alle anderen Unternehmen, die sich neu ansiedeln oder ihren Standort vergrößern. Er sieht allerdings auch einen „Fluch der guten Tat“, denn die Wissenschaftsstadt habe in kurzer Zeit viel vermarkten können. Die Hardhöhe ist etwa mit dem Neubau der Norma-Zentrale zu 80 Prozent belegt, in der Konversionsfläche Golfpark sind nur noch etwa sieben der einst beplanbaren 67 Hektar verfügbar.

Komplett belegt ist auch der Erweiterungsbau des Gewerbehofs Complex im Gewerbepark Süd, der im vergangenen Jahr eröffnet wurde. Die 6,3 Hektar im Süden der Stadt, die nach dem gescheiterten Stadionneubau noch verwertbar sind, will er für die Expansionspläne eines lokalen Unternehmens frei halten. Die recycelten Flächen seien für Fürth eine Jahrhundertchance gewesen, „in fünf Jahren plus x“ werde es jedoch auch in Fürth eng werden, befürchtet Müller.

Einem gemeinsamen Gewerbepark im Städte-dreieck Nürnberg/Fürth/Erlangen gibt er wegen komplexer Eigentumsverhältnisse und der Bodenpreise kaum Chancen. Deshalb denkt er über ein Kooperationsmodell „4 plus 4“ (vier Städte plus vier Landkreise) nach. Auf diese Weise ließen sich gleichzeitig neue Fläche für die Städte entwickeln und die angrenzenden Landkreise stärken.

Westmittelfranken

Karin Bucher, Leiterin der IHK-Geschäftsstelle Ansbach, mahnt die Stärkung Westmittelfrankens an, wofür u.a. der Ausbau der Autobahn A6 Richtung Ansbach vordringlich sei, um Ansiedlungen zu unterstützen. Hierfür gibt es gute Ansätze: So baut derzeit beispielsweise Playmobil in Herrieden auf dem 18 Hektar großen, neuen Industriegebiet ein Logistikzentrum für Lagerung, Kommissionierung und Versand.

Impulse erwartet sich Bucher auch vom Kunststoffcampus Bayern, das in Weißenburg als Technologie- und Studienzentrum bis Ende nächsten Jahres entstehen soll. Um die kunststoffverarbeitenden Unternehmen mit ihren Kompetenzen zu bündeln, haben der Landkreis Weißenburg-Gunzenhausen und die Kreisstadt Weißenburg die kommunale TSZ Weißenburg GmbH gegründet. Kooperationspartner sind die Hochschulen Ansbach und Deggendorf, ebenso maßgebliche Branchenunternehmen aus der Region sowie weitere Partner aus Wissenschaft und Fachverbänden.

Zukunft des Quelle-Areals

Bleibt noch die riesige Brache des einstigen Nürnberger Quelle-Versandzentrums in der Fürther Straße. Aktuell ist offenbar der portugiesischen Investor Sonae Sierra im Rennen, um das 250 000 Quadratmeter große Areal mit seinem umstrittenen denkmalgeschützten Klinkerbau in eine neue Zukunft zu führen.

Nürnbergs Wirtschaftsreferent Dr. Michael Fraas setzt auf einen „flexiblen Denkmalschutz und einen gesunden Kompromiss“ und sein Fürther Amtskollege Horst Müller sieht die Möglichkeit eines HighTech-Campus – einer Art „Wissenschaftsmeile von der Quelle bis zur Fürther Uferstadt“. Dazu passt, dass die Technische Fakultät der Universität Erlangen-Nürnberg unter Platzmangel leidet und der Forschungsbereich Neue Materialien die Wissenschaftsstadt Fürth stärkt.

Angesichts des geringen Zuzugs von Unternehmenszentralen in den Großraum sieht Markus Machatschke, Geschäftsführer des vor 50 Jahren gegründeten Nürnberger Immobilienunternehmens Machatschke, im Ausbau des Wissenschaftsstandortes den „wirklichen Impuls für die Entwicklung der Zukunft“. Daraus könnte in unmittelbarer Umgebung eine Sogwirkung entstehen, durch die hochspezialisierte Ausgründungen ausgelöst und weitere Zukunftsunternehmen angezogen werden.

Machatschke plädiert zudem für einen Abriss des Quelle-Versandzentrums und kritisiert den Denkmalschutz, der sich „nur selbst ein Denkmal setzen“ wolle. Er setzt auf einen architektonisch anspruchsvollen Neubau an der Straßenseite mit einem großen Wohnareal dahinter. Überhaupt vermisst er an exponierten Stadtlagen „Baukunst des Jahres 2013“, der Funktionsbau der Ohm-Hochschule sei dafür ein Beleg. Gefragt sei mehr Mut, es sollte modern, zeitgemäß und identitätsstiftend an exponierten Lagen gebaut werden.

Autor/in: 
Thomas Tjiang
 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 09|2013, Seite 40

 
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