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Apps

Nicht um jeden Preis

Viele Unternehmen wollen eine, aber nicht jedes Unternehmen braucht eine: Warum Apps nicht zwangsläufig eine sinnvolle Investition sind. Von Constantin Alecu

Das Smartphone ist aus dem Alltag nicht mehr wegzudenken. Hohe Download-Zahlen, Smartphone-Verkäufe und Nutzungszeiten sollen untermauern, dass auf der Couch, in Bars oder im Supermarkt Apps als Kommunikationskanal zum Kunden unersetzlich werden. Das führt häufig dazu, dass Unternehmen das tun, was sie denken, tun zu müssen: Sie sehen eine eigene mobile App als ein „Must-Have“ für ihren weiteren wirtschaftlichen Erfolg. Doch ganz so einfach ist es nicht. In den meisten Fällen kann das Geld für ihre Entwicklung, Vermarktung und Pflege an anderer Stelle besser eingesetzt werden.

Fehlender Mehrwert

Denn sogenannte native Apps – also solche, die speziell für das Betriebssystem eines Smartphones entwickelt wurden und installiert werden müssen – scheitern meist an einem fehlenden Mehrwert und am Verhalten der Nutzer. Letzteres ist schwer vom einzelnen Unternehmen zu beeinflussen und lässt schon deutlich das Risiko erahnen. Inhalte sind das A und O für eine erfolgreiche App. Denn ohne sinnvolle, relevante App-Inhalte ist auch das schönste Design nutzlos. Stellen Sie sich einfach zwei Fragen, um für Ihr Unternehmen zu klären, ob Sie mit einer App die richtige Entscheidung treffen:

  1. Kann man die Inhalte genauso gut auf einer mobil optimierten Website darstellen?
  2. Wird die App so nützlich sein, dass sie regelmäßig benutzt wird?

Können Sie die erste Frage schon mit einem klaren „Ja“ beantworten, dann sollte man von einer App-Entwicklung eher absehen und die Ressourcen in eine Überarbeitung der eigenen Website stecken. Jedoch führt kaum ein Weg an einer nativen App vorbei, wenn beispielsweise auf dem mobilen Endgerät gespeicherte Inhalte abgerufen oder Hardware-Funktionalitäten genutzt werden sollen.

Das Ziel einer jeden App ist es, dass sie von der Zielgruppe des Unternehmens langfristig genutzt wird. Folglich stellt sich die Frage, ob die eigene App einen klaren Mehrwert für einen oder mehrere Anwendungsfälle der Nutzer bietet und wie häufig diese Anwendungsfälle überhaupt auftreten. Viele Apps missachten die Bedeutung eines dauerhaften Mehrwerts und lassen somit einen hohen „Klebefaktor“ vermissen, sodass die User nach dem Download schnell das Interesse verlieren. Und eines sei an dieser Stelle angemerkt: Sich aktualisierende Inhalte (z.B. Nachrichten, Termine) sind kein dauerhafter Mehrwert und erhöhen nur in den seltensten Fällen den „Klebefaktor“ einer App.

Harter Konkurrenzkampf

Mancher könnte dem Ruf nach wertvollen Inhalten entgegnen, dass es doch grundsätzlich für ein Unternehmen wichtig ist, dort präsent zu sein, wo die Zielgruppe sich aufhält. Da die Zielgruppe Smartphones besitzt, nutzt sie somit auch den App Store von iTunes oder Google Play. Deshalb: Eine eigene App muss her. Doch allein die Präsenz auf den entsprechenden Plattformen nutzt dem Unternehmen meist nur wenig. Entscheidend ist, dass die App heruntergeladen und vor allem benutzt wird. Hier liegt das eigentliche Problem nativer Apps: Es gibt viel zu viele und der Download stellt einen Aufwand für den User dar.

Veröffentlicht man heute eine App, dann konkurriert diese automatisch um die Nutzer-Aufmerksamkeit mit ca. 900 000 Anwendungen im App Store von iTunes und mit über einer Mio. bei Android. Setzt man diese Zahlen in Relation zu der Anzahl installierter Apps auf einem Smartphone – im Durchschnitt nur 80 bis 100, von denen wiederum die wenigsten regelmäßig genutzt werden – wird deutlich, wie unwahrscheinlich es ist, dass eine App den Weg zur Zielgruppe findet. Die Analysten von Adeven, einem Anbieter von Web-Analyse, gingen 2012 sogar davon aus, dass es 400 000 Apps bei Apple gibt, die keinen einzigen Download vorweisen können. Das sind 400 000 tote Apps, 400 000 mal schlecht investiertes Geld. Das sind Zahlen, die verdeutlichen, wie wichtig die Überlegung im Vorfeld ist, ob eine eigene App tatsächlich der richtige Weg für ein Unternehmen ist.

Aufwand für Nutzer

Im Gegensatz zu Inhalten auf mobil optimierten Webseiten, die mit einem einzigen Klick – oder vielmehr einem Finger-Tap – zu erreichen sind, sieht sich der User bei Apps einem etwas aufwändigeren Installations-Prozess gegenüber: App Store aufsuchen – herunterladen – Passwort eintippen – Ladevorgang abwarten (das kann außerhalb von Wlan schon mal dauern) – App öffnen. Auch wenn der User diesen Prozess nicht jedes Mal bewusst durchdenkt, so prägt er unterbewusst das Handeln und wirkt hemmend. Das kann zur Folge haben, dass auch eine gute Anwendung am Nutzerverhalten scheitert – selbst hohen Marketing-Ausgaben zum Trotz. Umso wichtiger ist es, dass der Nutzer vorab ganz genau weiß, was er mit der App für diesen „gefühlt“ hohen Aufwand bekommt: Bestenfalls bekommt er, anstatt eines Gemischtwarenladens an Inhalten, einen ganz klaren Nutzen versprochen. Womit wir wieder beim Ausgangspunkt wären: Der Bedeutung von Mehrwert. Mehrwert im mobilen Kontext der Nutzung, den leider viele Apps schmerzlich vermissen lassen.

Selbstverständlich soll hier nicht der Eindruck entstehen, dass native Apps nie Sinn machen. Ganz im Gegenteil. Unternehmen, die es schaffen, ihren Markenkern und ihre Kompetenzen in einen digitalen Service zu übertragen, haben die Chance, sich über eine nützliche App am Markt von Wettbewerbern zu differenzieren. Lassen Sie sich jedoch von den vielen Zahlen und Werten nicht einreden, dass ein modernes Unternehmen eine App haben „muss“. Am Ende des Tages ist es wichtig, dass Sie Ihre Unternehmensziele erreichen. Und da gibt es oftmals bessere mobile Lösungen für ein Unternehmen – von suchmaschinenoptimierten mobilen Seiten bis hin zu Web-Anwendungen, die speziell für mobile Endgeräte angepasst werden. Lösungen, die Ihre Zielgruppe leicht erreichen und gleichzeitig Mehrwert bieten.

Autor/in: Constantin Alecu, ist Mitglied des Vorstands der Arsmedium Group in Nürnberg (www.arsmedium.com).

 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 10|2013, Seite 58

 
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