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IHK-Kammergespräch

Was die Politik jetzt tun muss

Dr. Eric Schweitzer wurde im Mai 2013 zum neuen Präsidenten des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK) gewählt. In Nürnberg formulierte er die Erwartungen der Wirtschaft an die neue Bundesregierung.

Grundlage seiner Ausführungen war eine Umfrage in den bundesweit 80 Industrie- und Handelskammern, die nach der Bundestagswahl veröffentlicht wurde. Im Historischen Rathaussaal nannte Schweitzer, der auch Präsident der IHK Berlin ist, folgende Themenfelder, die die Unternehmen auf die Prioritätenliste der politischen Agenda setzen würden: Energiepolitik, Steuern und öffentliche Finanzen, Fachkräfte und Bildung, Infrastruktur sowie künftige Gestaltung der EU.

In der Energiepolitik verlangte Schweitzer eine marktwirtschaftliche Architektur des Erneuerbaren Energiegesetzes (EEG), denn die Subventionen würden mittlerweile über ihr eigentliches Ziel hinausschießen und die Energiepreise übermäßig erhöhen. Ein Viertel der Industrieunternehmen überlege deshalb bereits, ob sie in Zukunft noch in Deutschland investieren. Die hohen Energiepreise bergen laut Schweitzer deshalb die Gefahr einer Deindustrialisierung. In den USA liege etwa der Gaspreis bei gerade einem Viertel, Strom sei für die Hälfte zu bekommen. „Es geht nicht um mehr Gewinne für Unternehmen, sondern darum, Unternehmen hier am Standort zu halten“, so der DIHK-Präsident mit Verweis auf wichtige energieintensive Branchen wie die Chemieindustrie. Die BASF verbrauche soviel Energie wie das ganze Nachbarland Dänemark. Dennoch bekannte sich Schweitzer ausdrücklich zur Energiewende, die zu einem Erfolg und damit zu einem internationalen Vorbild werden müsse.

Beim Thema Steuern erwarten die Unternehmen laut Schweitzer eine Haushaltskonsolidierung ohne Steuererhöhungen. Allein mit den jetzigen Steuergesetzen würden die staatlichen Einnahmen in den nächsten drei Jahren um 100 Mrd. Euro steigen. „Der Staat hat kein Einnahmeproblem, sondern ein Ausgabenproblem“, erklärte Schweitzer mit Blick auf die Rekordstände bei den Steuereinnahmen. Eine höhere Einkommenssteuer würde unmittelbar die Unternehmer treffen, die als Personengesellschaften firmieren. Das seien bundesweit 90 Prozent aller Betriebe, denen dann das Geld für weitere Investitionen und Beschäftigung fehle. Einen ähnlichen Effekt befürchtet Schweitzer bei einer Vermögenssteuer, mit der auch die Substanz eines Betriebes besteuert würde.

Schweitzer brach in diesem Zusammenhang eine Lanze für den deutschen Mittelstand, eine im weltweiten Vergleich einzigartige Unternehmensform, die einen wesentlichen Beitrag zum Erfolg der deutschen Wirtschaft leiste. Den Mittelstand wollte der DIHK-Präsident weniger an bestimmten Umsatzgrößen oder Beschäftigtenzahlen festmachen, sondern an einer „unternehmerischen Geisteshaltung“, bei der es auch um die Übernahme gesellschaftlicher Verantwortung und um das langfristige, nicht an Quartalszahlen orientierte Denken geht.

Ein weiteres Erfolgsrezept Deutschlands neben der mittelständischen Wirtschaftsstruktur sei das System der dualen Berufsausbildung. Die Betriebe erbrächten hier eine „unglaubliche Leistung“, die weltweit Beachtung finde. Delegationen aus vielen Ländern gäben sich beim DIHK und den Kammern die Klinke in die Hand, um sich über das deutsche Ausbildungssystem zu informieren. Sorge machen den Unternehmen jedoch der demografische Wandel und der damit einhergehende drohende Fachkräftemangel. Um diesen Wandel bewältigen zu können, müsse die Wirtschaft bis zum Jahr 2025 insgesamt 1,5 Mio. ausländische Fachkräfte dafür gewinnen, in Deutschland zu leben und zu arbeiten. Dafür brauche es eine stärkere Willkommenskultur in Deutschland. Weitere Ansatzpunkte zur Fachkräftesicherung seien eine bessere Kinderbetreuung, der Ausbau der Ganztagesschulen und eine familiengerechte Personalpolitik.

Verkehrsinfrastruktur

Großen Investitionsbedarf sehen die Unternehmen nach Worten Schweitzers bei der Infrastruktur. Insbesondere die Verkehrsinfrastruktur verfalle langsam, aber stetig. Allein der Sanierungsstau bei Straßen, Schienen und Wasserwegen des Bundes belaufe sich für die nächsten 15 Jahre auf 45 Mrd. Euro, zudem stünden Aus- und Neubaumaßnahmen in Höhe von 89 Mrd. Euro an. Deshalb gelte es, die knappen Mittel effizient einzusetzen. Eine Pkw-Maut zur Finanzierung der Verkehrsinvestitionen könnte sich Schweitzer grundsätzlich vorstellen, wenn dafür die Kfz-Steuer gesenkt würde.

Die fünfte große Herausforderung aus Sicht der Wirtschaft ist nach Worten Schweitzers die Bewältigung der Krise in Europa, die er auch als Chance sieht. Jetzt müsse man Europa transparenter machen, besser erklären und der Öffentlichkeit vermitteln. Diese Aufgabe dürfe man nicht allein der Politik überlassen, zumal Deutschland am meisten von der EU und vom Euro profitiere. Insgesamt sieht der DIHK-Präsident Europa auf gutem Wege, auch wenn die Euro-Krise noch nicht ausgestanden sei. Aber die Wirtschaft der Euro-Zone sei auf dem Wege der Erholung. Europa stehe mit dem Euro heute besser da, als dies zu erwarten gewesen sei.

Autor/in: 
tt.
 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 11|2013, Seite 16

 
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