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Produkthaftung

Kleiner Fehler, großer Schaden

Kette reißt Haftung Fehler Risiko Absicherung © tenzinsherab - Thinkstock

Unternehmen sollten für den Fall vorsorgen, dass durch fehlerhafte Produkte und Leistungen Schäden bei Dritten entstehen. Wie kann man sich versichern? Von Christian Günther

Bei Produkthaftung denken viele an Rückrufaktionen von Autoherstellern. Auslöser ist nicht selten ein kleines, fehlerhaftes Bauteil eines Zulieferers. Ursache dafür können wiederum Fehler anderer Unternehmen in der Lieferkette sein. Das Beispiel zeigt zum einen ein erhebliches Risiko der arbeitsteiligen Wirtschaft. Zum anderen gilt besonders bei Massenprodukten: kleiner Fehler, große Wirkung.

Astronomische Kosten drohen nicht nur durch Rückrufaktionen, sondern auch dann, wenn durch Produktfehler Dritte geschädigt werden. Denn laut Produkthaftungsgesetz haftet derjenige, der ein fehlerhaftes Produkt in den Verkehr bringt, d.h. es anderen willentlich und bewusst überlässt. „Andere“ sind dabei neben Endkunden auch weiterverarbeitende Betriebe und deren Mitarbeiter. Sie können unabhängig vom Verschulden Ersatz für erlittene Sach-, Personen- und darauf beruhende Folgeschäden verlangen.

Was die Art des Produkts betrifft, macht das Produkthaftungsgesetz keine Einschränkungen und umfasst sogar Elektrizität. Nur Arzneimittel sind ausgenommen. Die dadurch sehr weite Produkthaftung trifft Hersteller und Händler gleichermaßen. Einbezogen ist auch, wer Arbeiten wie Montage, Verpackung oder Erstellung von Anleitungen erbringt. Außen vor ist nur, wer nicht direkt in den Herstellungsprozess eingebunden ist, beispielsweise bloße Reparaturbetriebe.

Abgedeckt werden solche Risiken durch Produkthaftpflichtversicherungen. Die Versicherungsbedingungen der Versicherer orientieren sich in der Regel am sogenannten Produkthaftpflicht-Modell (PHM), das der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft e.V. (GDV) erarbeitet hat. Das PHM deckt jedoch nicht alle denkbaren Produkthaftungsfälle ab, so beinhaltet das Modell z.B. keine Versicherung der eingangs erwähnten Rückruffälle. Das mag verwundern, liegt aber daran, dass aufgrund der gesetzlichen Produkthaftpflicht nur Schäden versichert sein sollen, die Dritten tatsächlich entstanden sind. Die Versicherer bieten deshalb spezielle Rückrufpolicen an.

Abgedeckt vom PHM sind in jedem Fall Sach- und Personenschäden durch Erzeugnisse, die der Versicherungsnehmer hergestellt, geliefert und in den Verkehr gebracht hat, sowie von ihm erbrachte und abgeschlossene Arbeiten (z.B. Montage) und sonstige Leistungen. Mitversichert sind dabei laut PHM auch Schäden, die durch fehlerhafte Teile von Zulieferern entstehen.

Abgrenzung zur Betriebshaftpflicht

Die Produkthaftpflichtversicherung bildet das Pendant zur Betriebshaftpflichtversicherung. Diese versichert das Betriebsstättenrisiko und deckt allein betriebsinterne Haftpflichtfälle ab. Wann welche Versicherung zum Zug kommt, zeigt folgendes Beispiel: Eine Firma montiert eine Maschine beim Auftraggeber. Bei ihrem Anschluss kommt es zu einem Brand, der auf andere Betriebsteile übergreift: Die Betriebshaftpflicht ist zuständig.

Kommt es hingegen erst nach abgeschlossenen Arbeiten bei der Inbetriebnahme zum Schaden, weil die Maschine fehlerhaft angeschlossen wurde, ist dies ein Fall für die Produkthaftpflichtversicherung. Aufgrund dieses engen Zusammenhangs vertreiben die Versicherer beide Versicherungen grundsätzlich zusammen.

Das PHM beinhaltet auch Bausteine, mit der sich die Versicherung individuell an das zu versichernde Unternehmen anpassen lässt. Das macht besonders für vorproduzierende bzw. zwischenverarbeitende Betriebe Sinn. So lässt sich etwa ein Sachschaden umfassender versichern, der in einem anderen Betrieb entstanden ist. Die Versicherung ersetzt damit die eigentlich nicht versicherbaren Vermögensschäden, wenn es durch Produktionsausfälle zu Umsatzeinbußen kommt.

Beispiel: Durch ein falsch geliefertes Vorprodukt fällt eine Maschine aus. Oder die Maschine produziert nur 90 Teile am Tag statt wie zugesichert 100. Ein erweiterter Schutz besteht auch bei Verbindungs-, Vermischungs- und Verarbeitungsschäden, die die Kosten für die Herstellung des Gesamtprodukts in die Höhe treiben, weil es nachbearbeitet oder entsorgt werden muss bzw. nur mit Abschlägen zu verkaufen ist.

Ein weiterer Baustein deckt entstehende Aus- und Einbaukosten ab. Neben diesen Bausteinen existieren zahlreiche weitere, die zur Vermeidung von Deckungslücken in der Regel zusammen vereinbart werden. Nicht davon umfasst ist allerdings ein spezieller Baustein speziell für Hersteller von Maschinen. Extra versicherbar sind zudem Prüf- und Sortierkosten, um einen Schaden überhaupt einzugrenzen. Diese Kosten muss der Versicherungsnehmer normalerweise selbst tragen, da das PHM-Grundmodell nur die eigentlichen Produkthaftpflichtschäden abdeckt.

Wichtig ist in jedem Fall, das Risiko im Vertrag genau zu beschreiben, um Deckungslücken zu vermeiden. Gesondert zu vereinbaren ist ein Auslandsschutz, der vor allem für Exportunternehmen sinnvoll ist. Dabei gilt das Produkthaftungsrecht des jeweiligen Landes gilt. Wichtig ist auch: Maßstab für die Versicherungsleistung ist stets das Gesetz, auch wenn die Verträge des Versicherungsnehmers mit seinen Geschäftspartnern über dessen Bestimmungen hinausgehen oder darunter bleiben (z.B. längere bzw. kürzere Verjährung als gesetzlich vorgesehen).

Für Hersteller großer Stückzahlen beinhaltet das PHM eine Serienschadenklausel. Diese begrenzt die Deckung, wenn ein Fehler zur massenweisen Produktion fehlerhafter Produkte führt. Solche Serienschäden gelten dann als einzelnes Schadensereignis, für die die Deckungssumme nicht in jedem einzelnen Fall, sondern in der Regel nur einmal ausgeschöpft werden kann.

Hintergrund

Die Versicherungsbedingungen der Versicherer orientieren sich in der Regel am sogenannten Produkthaftpflicht-Modell (PHM), das der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft e.V. (GDV) erarbeitet hat.

Autor/in: Christian Günther, ist Redakteur bei der anwalt.de Services AG in Nürnberg, die das Anwaltsverzeichnis anwalt.de betreibt (redaktion@anwalt.de).
 

WiM – Wirtschaft in Mittelfranken, Ausgabe 04|2014, Seite 36

 
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